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Wolfsmagie (German Edition)

Wolfsmagie (German Edition)

Titel: Wolfsmagie (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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netter Opa.
    War das nicht die typische Beschreibung für einen Serienmörder?
    Das Auto hielt so ruckartig an, dass Kris beinahe von dem glänzenden Ledersitz katapultiert worden wäre. Noch ehe sie sich aufrappeln konnte, stieg der Fahrer aus, öffnet ihr die Tür und wuchtete ihr Gepäck aus dem Kofferraum.
    Kris spähte durch das Fenster. Sie waren am Loch Side Cottage angelangt, das zwar nicht buchstäblich am Ufer des Loch Ness lag, aber doch ziemlich nahe dran. Kris müsste die Straße überqueren, um ans Wasser zu gelangen, aber sie würde es vom Haus aus sehen können. Die Ortschaft Drumnadrochit befand sich hinter einer Kurve außer Sichtweite.
    »Idiotin.« Kris pustete sich ihren Pony aus dem Gesicht. »Niemand wird dir eins überbraten. Das hier ist nicht South Side Chicago.«
    Sie stieg aus, dann verharrte sie so reglos, als wäre sie Dorothy, die gerade die Tür zu einer neuen, farbenprächtigen Welt öffnete. Das Gras war ein wogender, grüner Fluss, die Bäume hoben sich mehrere Nuancen dunkler gegen die Berge ab, die die Farbe eines Ozeans im ersten Morgenlicht hatten. Die Luft war kühl, doch sie duftete nach frischem Wasser und …
    »Biskuit?«
    Eine kleine, engelsgleiche Frau mit lockigem weißem Haar und smaragdgrünen Augen stand im Eingang des Cottages. Eine Sekunde hielt Kris sie für einen Munchkin. Sie hatte jedenfalls die entsprechende Stimme.
    »Ich hab Ihnen ein paar Empires gebacken, um Sie willkommen zu heißen.« Sie hielt Kris einen Teller hin, der mit etwas überhäuft war, das wie glasiertes, jeweils mit einer Kirsche dekoriertes Spritzgebäck aussah.
    Kris, die seit ihrem Flug nach London nichts mehr gegessen hatte, nahm sich eins, ungeachtet ihrer Überzeugung, dass ein Biskuit nicht nur warm, sondern auch von Butter und Honig triefend serviert werden sollte.
    Bei ihrem ersten Bissen lief ihr fast schmerzhaft das Wasser im Mund zusammen. Die Empires waren kross und süß – war das Marmelade in der Mitte? Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt etwas derart Köstliches gegessen hatte.
    »Das sind Plätzchen«, bemerkte sie, als sie das erste verspeist hatte und nach einem zweiten griff.
    Die Frau lächelte, wodurch sich die Wangen unter ihren strahlenden Augen zu Äpfeln rundeten. »Nennen Sie sie, wie Sie wolln, Liebchen.« Sie streckte ihr wieder den Teller hin. »Nehmen Sie noch eines.«
    Kris musste genau hinhören, um das Englisch aus dem schweren Akzent herauszufischen. Sie fühlte sich, als würde sie alles zeitverzögert hören, sodass die Worte erst Sekunden, nachdem sie gesprochen wurden, ihre Bedeutung preisgaben.
    »Danke.« Kris nahm zwei Plätzchen in jede Hand. »Ich bin übrigens Kris Daniels.«
    »Als tät ich das nich wissen.« Die stämmige, lebhafte Frau gluckste vergnügt. Das Geräusch erinnerte an das Kichern der Munchkins, die Dorothy im zauberhaften Land begrüßen. Kris guckte nervös zu dem nahen Gebüsch, halb erwartend, dass es sich schütteln und weitere kleine Leute ausspucken würde.
    Dann erfasste sie den Sinn dessen, was die Frau gesagt hatte, und schnappte nach Luft. Wenn man hier bereits von ihr wusste – wer sie war, was sie tat –, dann war ihre Tarnung aufgeflogen und ihre Geschichte im Eimer, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Warum hatte sie keinen falschen Namen benutzt?
    Weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass irgendjemand im schottischen Hochland eine in Chicago produzierte Fernsehsendung gesehen haben könnte. Und wie hätte sie sich auch als Susie Smith ausgeben sollen, wenn auf ihren Kreditkarten und in ihrem Pass »Kristin Daniels« stand?
    »Sie kennen mich?«, fragte Kris mit schwacher Stimme.
    »Ich hab doch mit Ihnen am Telefon gesprochen. Und Ihnen das Cottage vermietet. Wer sonst könnte heute mit Sack und Pack hier eintrudeln?«
    Kris ließ den angehaltenen Atem entweichen. Sie hatte kein Talent für Heimlichkeiten. Sie schätzte es so wenig zu lügen, wie sie Lügner schätzte, und war demzufolge ziemlich schlecht darin. Sie musste besser werden, und das schnell.
    »Sie sind Ms Cameron«, folgerte sie.
    »Euphemia«, sagte die Frau. »Aber man nennt mich Effy.«
    Sie richtete ihre blitzenden Augen auf den Fahrer, der so lang und dürr war wie sie kurz und mollig. »Schaff jetzt den Koffer da nach drinnen, Rob, und beweg dich ein bisschen schneller als ’ne tumbe Schildkröte.«
    Kris sah zu dem älteren Herrn, um festzustellen, ob er beleidigt war, doch er nickte nur und tat, wie ihm geheißen.
    Wenn auch
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