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Wolfslegende

Wolfslegende

Titel: Wolfslegende
Autoren: Vampira VA
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Aber dann hätte er nicht zulassen dürfen, was hier geschehen war!
    Nona rann es kalt über den Rücken, sobald ihre Gedanken Gabriel auch nur streiften: den Leibhaftigen in Gestalt eines verschlagenen, heimtückischen Knaben, der inzwischen fast zum Mann gereift war.
    Sie konnte nicht vergessen, was er ihr eröffnet hatte. Was er ihr auf die Frage nach den Ursprüngen des Werwolffluchs geantwortet hatte: Daß er den Ursprung kenne. Und daß sie, wenn sie ihn eines Tages ebenfalls erführe, sich wünschen würde, nie danach gefragt zu haben!
    Was für ein fürchterliches Geheimnis konnte hinter dieser orakelhaften Auskunft stecken?
    Nichts, was mich jetzt noch schrecken könnte, dachte Nona in voller Überzeugung. Ich habe alles verloren, was mir wertvoll war. Mein ein und alles ...
    Ein Geräusch ließ sie zusammenfahren.
    Als sie sah, wie Lilith sich neben Anum vom Boden erhob, wähnte sie sich erneut entdeckt, obwohl das Geräusch aus entgegengesetzter Richtung kam. Der Raum hatte zwei Zugänge.
    Nonas Innerstes krümmte sich in Erwartung des Triumphes, mit dem Lilith Eden sie gleich aus ihrem Versteck zerren und vor Anum in den Staub werfen würde.
    Tatsächlich kam Lilith genau auf Nona zu.
    Bis - - sie jäh wendete und wie eine Furie dorthin hetzte, von wo das Geräusch erklungen war!
    Nona wagte es noch nicht, aufzuatmen. Doch dann sah sie in dem vagen Schimmer, den Anum in die Wände der Kammer gezaubert hatte, Lilith mit einem anderen Körper zusammenprallen und hörte ihren dumpfen, jäh abbrechenden Aufschrei.
    Dieser Laut weckte Anum, der sich mit unheimlicher Schnelligkeit orientierte und dann dorthin jagte, wo Lilith zusammengebrochen war. Kurz darauf ertönten helle Schreie von Kindern. Als sie verstummten, erkannte Nona einen Jungen und ein Mädchen, beide zehn, zwölf Jahre alt. Der Junge stand weiter wie erstarrt da, als Anum seine Hand von seinem Arm löste. Dem Mädchen, das weniger gebannt als der Junge wirkte, fauchte er zu: »Ich bekomme deinen Geist nicht zu fassen, aber hör gut zu und glaube mir: Ich werde deinen Freund oder Bruder hier augenblicklich töten, solltest du auch nur versuchen zu fliehen!«
    Für Nona war es nicht zu erkennen, ob und in welcher Weise sich das Mädchen von dieser Drohung beeindruckt zeigte. Jedenfalls blieb es stehen, als Anum sich um Lilith kümmerte, die der Junge offenbar mit einem Stein bewußtlos geschlagen hatte.
    Wenig später erwachte sie. Nona erwartete, daß ihr Zorn sich gegen die Kinder richtete. Offenbar erwartete auch Anum dies.
    Das Gegenteil war der Fall: Sie schien die Kinder zu kennen und nahm sie vor dem Vampir in Schutz, dem es nach ihrem Blut gelüstete.
    Anum sagte: »Ich verstehe dich nicht. Wir können sie teilen. Du den Jungen und ich das Mädchen. Wir brauchen Kraft. Wir müssen uns stärken, und dann ...«
    »Du verstehst nicht«, hielt sie ihm entgegen. »Zunächst müssen wir hier verschwinden. Ich habe keine Lust, auch nur eine Stunde länger als nötig in diesen Katakomben zuzubringen. Die Kinder werden uns in das Haus ihrer toten Eltern führen. Dort können wir bleiben, bis wir weiterziehen.«
    »Wir könnten in die nobelste Herberge ziehen«, erwiderte Anum scharf. »Wozu in ein erbärmliches Haus, in dem es nach Tod und Armut riecht?«
    Nach kurzem Zögern sagte Lilith: »Weil ich es so will.«
    Schulterzuckend kehrte Anum ihr den Rücken. »Gut, wenn du meinst . Für den Moment lassen wir sie am Leben.«
    Kurz darauf verließen sie die Unterwelt. Nona hörte Lilith die Kinder bei ihren Namen rufen. Rahel und David.
    Besonders das Mädchen faszinierte Nona so sehr, daß sie fast übersah, wie Lilith während des Aufstiegs überraschend noch einmal innehielt. Im letzten Moment konnte Nona sich in eine Nische drücken.
    »Was ist?« hörte sie Anums Stimme.
    Eine Weile hörte man nur Atem.
    Dann sagte Lilith: »Nichts.« Und setzte ihren weg fort.
    Noch vorsichtiger als zuvor heftete Nona sich an ihre Fersen. Im grauenden Morgen folgte sie den Gestalten durch Jerusalems Gassen, bis sie in einem kleinen schiefen Haus verschwanden, dessen Tür halb offen stand.
    Lilith verschloß sie hinter ihnen. Erst als der Riegel von innen hörbar vorgeschoben wurde, schossen Nona Tränen in die Augen. Eine Flut von Tränen.
    Landru war tot, während seine Mörder weiterlebten!
    Nona wollte alles tun, um das zu ändern.
    Flehend richtete sie ihren Blick auf den trotz des frühen Tages immer noch sichtbaren Mond. Als könnte sie die fahle Sichel
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