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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt
Autoren: L Seidel
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leichter, auch sein Herzschlag normalisierte sich, was Ricky hoffen ließ, diese Anstrengung zu überleben. Er wäre gerne länger reglos auf der Treppe sitzen geblieben, doch das erneute Winseln des Hundes brachte neues Leben ihn.
    „Wir haben es gleich geschafft, Großer!“ Mühsam richtete er sich wieder auf und kniete sich neben das Tier, um wieder zu Atem zu kommen . Frustriert warf er einen Blick auf die drei Stufen, die sie von der schützenden Wärme und Trockenheit des Hauses trennten. Über die Treppe konnte er den Hund nicht ziehen, er würde ihn tragen müssen.
    „Beiß die Zähne zusammen“, murmelte er, wobei ihm nicht ganz klar war, ob er das zu dem Hund oder zu sich selbst sagte. Er atmete ein weiteres Mal tief durch, schob ganz behutsam die Arme zwischen Decke und Hund hindurch und hob sich das Tier mit einem angestrengten Ächzen auf die Arme.
    Mit zitternden Beinen und kaum in der Lage Luft zu holen, trug er den Hund Stufe für Stufe empor. Er wusste nicht, wie er es letzten Endes geschafft hatte, doch schließlich sank er zusammen mit dem Hund auf den Boden vor dem Kamin. Erneut schnappte er nach Luft und schaute angestrengt in das müde Gesicht des Tieres, das dalag und zu ihm aufsah, ohne sich zu rühren. Lediglich der flache Atem verriet, dass es anscheinend schrecklic he Schmerzen hatte. Fast glaubte Ricky, dass der Hund extra für ihn still blieb, um ihm keine weiteren Umstände zu machen.
    „Du bist ein braves Tier“, stellte er fest, als er seiner Stimme wieder trauen konnte. Noch einmal streichelte er durch das feuchte Fell und dann fiel sein Blick abermals auf das zerrissene Bein. Wie um alles in der Welt sollte er das richten? Er hatte Eichhörnchen versorgt und Vögel mit gebrochenen Flügeln aufgepäppelt, doch das hier war wirklich eine ganz andere Liga.
    „In Ordnung, Großer ... Wir bekommen das schon irgendwie hin. Erst mal machen wir es dir gemütlich und warm.“
    Er griff nach einem der Sofakissen und schob es dem Hund unter den Kopf. Das Feuer im Kamin brannte inzwischen hell und spendete angenehme Wärme. Jetzt galt es, Verbandszeug zusammen zu suchen. Er stürmte in die Küche. Irgendwo in diesen Kisten musste sich der Kram schließlich befinden. Nur wo?
    Hektisch durchwühlte er die Kartons, die in seiner Reichweite standen. Bald türmten sich unnütze Sachen auf dem Fußboden, bis er endlich den Verbandskasten in der Hand hielt. Rasch kehrte Ricky mit Kompressen und Mullwickeln ins Wohnzimmer zurück und setzte sich neben das Tier, das ganz ruhig liegen geblieben war. Er tätschelte ihm sanft die Flanke und kraulte ihn hinter den Ohren, dann machte er sich daran, das verletzte Bein zu verbinden. Der Hund gab lediglich ab und zu ein kurzes Winseln von sich.
    „Du bist ein guter Hund!“, wiederholte er, als der Verband fertig war. „Ein ganz braver Hund!“
    Wirklich stolz konnte er auf das Ergebnis nicht sein, trotzdem war es auf jeden Fall besser als nichts. Kurz dachte er an einen Tierarzt, nur wollte er sich und dem Hund diese Strapaze erst auferlegen, wenn er merkte, dass seine Hilfe nicht ausreichte. Zuerst musste er allerdings überlegen, wie er dem armen Tier die Schmerzen nehmen konnte, die es sicherlich hatte.
    Ricky löste ein Schmerzmittel in einer Schüssel Wasser auf und stellte sie dem Hund vor die Schnauze. Eine andere Idee hatte er nicht und er hoffte, dass dieser anscheinend schlaue Hund merken würde, dass er ihm mit der bitteren Flüssigkeit etwas Gutes tun wollte. Zu seiner Überraschung hob der Hund tatsächlich den zotteligen Kopf und begann das Wasser langsam aus der Schüssel zu lecken.
    Erleichtert beobachtete Ricky das Tier weiter, bis die Schüssel schließlich leer war. Lächelnd setzte er sich zu ihm und begann erneut über das Fell zu streicheln. Inzwischen war es fast trocken und hatte sich am Feuer aufgewärmt.
    „Alles wird gut ... ruh dich schön aus.“ Er machte es sich etwas bequemer und strich weiter durch das weiche Fell. Der Hund beobachtete ihn und Ricky bildete sich einmal mehr ein, Dankbarkeit in seinem Blick erkennen zu können.
    „Schlaf ein bisschen. Ich kümmere mich um dich, und wenn du gesund bist, werden wir herausfinden, wo du hingehörst. In Ordnung?“
    Ein kurzes Blinzeln war die Antwort, und Ricky musste leise lachen. Froh darüber, dass sein Herzschlag sich inzwischen normalisiert und die Situation sich beruhigt hatte, beobachtete er, wie der Hund tatsächlich nach einer Weile die haselnussbraunen Augen
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