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Wolfsfeuer (German Edition)

Wolfsfeuer (German Edition)

Titel: Wolfsfeuer (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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wieder. Jemand hatte ihr Wasser ins Gesicht geschüttet.
    Der Werwolf, jetzt in menschlicher Gestalt – er hatte sich sogar angezogen – , beugte sich über sie und knautschte die leere Wasserflasche in seiner gewaltigen Pratze. »Bald schon wirst du verstehen«, murmelte er.
    Ihre Schulter brannte wie Feuer; Alex fühlte sich schwach, benommen, fiebrig, aber sie erinnerte sich an alles und hätte sich vor Entsetzen fast übergeben.
    »Du Bastard!«, brüllte sie und riss wie von Sinnen an ihren Fesseln. »Du hast mich gebissen.«
    »Du hast mich dazu aufgefordert«, antwortete er gelassen.
    »Das habe ich nicht. Niemals hätte ich … «
    »Hast du ›Tu es!‹ geschrien oder hast du nicht?«
    »Ich wollte, dass du mir die Kehle rausreißt. Mich tötest .«
    Wenn ein Werwolf einen Menschen biss , mutierte der Mensch zu einem Werwolf. Wenn das räuberische Tier von seinem Opfer aß, war der gesegnete Tod die Folge.
    Ihr Peiniger legte den Kopf schräg, sodass sein langes Haar über seinen Hals glitt und sich gleich einem goldenen Fächer darüberbreitete. »Du wärst also lieber tot«, sinnierte er, »als ein Werwolf zu sein.«
    »Verdammt richtig.«
    »Und meine Frau wäre lieber ein Werwolf gewesen, als tot zu sein.« Er zuckte gleichgültig die Achseln. »Ich schätze, ihr seid quitt.«
    Frustration gepaart mit Zorn wallte in Alex auf. Sie kämpfte wieder gegen ihre Fesseln an und brachte die Pritsche zum Wackeln. Sie wurde schon jetzt stärker.
    »Lass mich frei.« Julian lachte nur. »Warum tust du das?«
    »Ich will, dass du begreifst, was du getan hast.«
    »Ich habe Monster getötet. Böse, dämonische Kreaturen, die zur Hölle fahren sollen.«
    »Du hast Ehefrauen und Ehemänner, Mütter und Väter getötet, jemandes Kinder. Denkst du, wir lieben nicht? Denkst du, wir trauern nicht?«
    »Tiere haben keine Gefühle.«
    Er griff wieder nach ihrem Kinn. »Du irrst dich.«
    Alex hätte einen ansehnlichen blauen Fleck von seiner vorhergegangenen Misshandlung zurückbehalten müssen. Seine Berührung hätte wehtun müssen, doch das war nicht der Fall. Sie heilte schon jetzt schneller, als es einem Menschen möglich war.
    Mit einem Zurückzucken seiner Hand ließ er sie los, als könnte er den Hautkontakt nicht eine Sekunde länger ertragen – Alex kannte das Gefühl gut – , dann entfernte er sich von ihrer Pritsche. Sie musste sich den Hals verrenken, um ihn durch die Tür verschwinden zu sehen.
    »Halt!«, rief sie, dann dachte sie nach. Wäre sie besser oder schlechter dran, wenn er sie hier zurückließe?
    Die Frage beantwortete sich von selbst, als er mit einem leblosen Körper auf den Armen zurückkam und ihn auf den Boden legte.
    »Keine Sorge.« Er trat wieder aus der Tür und zog sie dabei hinter sich zu. »Er ist ein sehr schlechter Mensch.«
    Sobald er verschwunden war, strengte Alex sich ernsthaft an freizukommen.
    Er hatte sie gebissen, anstatt sie zu töten, und sie anschließend gefesselt mit einem wehrlosen Menschen in einem Zimmer zurückgelassen. Sie musste sich befreien und fliehen, ein silbernes … egal was auftreiben und ihrem Leben ein Ende setzen, bevor sie sich verwandeln konnte. Denn wenn das geschah, würde sie menschliches Blut brauchen, und genau hier vor ihrer Nase gab es welches.
    Vor Anstrengung brach ihr der Schweiß aus. In dem Raum gab es keine Klimaanlage, kein Fenster. Verbittert kämpfte sie gegen ihre Fesseln an, bis ihre Handgelenke bluteten. Der Geruch von Blut, von Mensch, bewirkte, dass ihr Magen zu grummeln begann.
    Ein Mensch, der gebissen wird, verwandelt sich binnen vierundzwanzig Stunden. Eigentlich können Werwölfe nur zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang ihre Gestalt wechseln – mit Ausnahme dieses einen ersten Mals. Da macht es keinen Unterschied, ob es Tag oder Nacht ist, ob Voll- oder Neumond – der neue Wolf wird geboren. Er kann nichts dagegen machen.
    Plötzlich war das Zimmer verschwunden, und Alex rannte durch einen dichten Wald. Die warme Sonne sandte ihre Strahlen durch die Äste. Die frische Luft schien zu flirren. Kiefernduft hüllte sie ein.
    Alex brach zwischen den Bäumen hervor und fand sich auf einer welligen Ebene wieder. Hier und da schimmerten Flecken von Schnee, die sich elektrisierend weiß gegen das jungfräuliche, mit violetten Wildblumen gesprenkelte Gras abhoben. In der Ferne ragten Türme von Eis auf, die hoch wie Berge schienen.
    Ein Gefühl von Freiheit, von unbändiger Freude erfüllte sie. Sie wollte für immer über
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