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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein -
Autoren: Der Inquisito
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Telarius' Stimme, so dumpf sie klang, war der Unterton von Panik deutlich zu vernehmen.
    »Was siehst du?« fragte Pretorius.
    Telarius antwortete nicht, aber sie konnten hören, wie er sich unter ihnen bewegte. Nach wenigen Augenblicken wurde das Licht der Fackel wieder heller. Mühsam versuchte Telarius den Schacht hinaufzuklettern. Stephan und Tobias beugten sich herab, um ihn das letzte Stück in die Höhe zu ziehen, wobei die Fackel beinahe Tobias' Gesicht verbrannte.
    »Nun?« fragte Pretorius aufgeregt, nachdem sich Telarius aus dem Loch herausgearbeitet und einen Moment lang nach Luft gerungen hatte. »Was hast du gesehen?«
    Telarius schüttelte den Kopf und setzte zweimal vergeblich zu einer Antwort an. »Nichts«, antwortete er mit zitternder Stimme. »Nur ein Loch, kaum größer als ein Grab. Ich habe nichts gesehen. Aber es ist ... die Hölle. Der Teufel wohnt dort unten, Bruder. Ich konnte ihn spüren. Ich konnte seinen Gestank riechen und seinen Atem fühlen.« Sein Blick flackerte in Erinnerung an das namenlose Grauen, das er dort unten verspürt haben mochte. »Dann müssen wir ihn vertreiben«, sagte Pretorius grimmig.
    »Nein!« Telarius erschrak zutiefst. Seine Augen weiteten sich, und er hob fast beschwörend die Hände. »Versuch das nicht, Bruder. Der . . . der Teufel ist dort unten zu mächtig. Er würde uns alle verderben. Ihr dürft diesen Ort nicht betreten!«
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    Pretorius blickte ihn einen Moment fast verblüfft an, dann verdüsterte sich sein Gesicht vor Zorn. »Was redest du für einen Unsinn, Telarius«, sagte er.
    »Niemand darf diesen verfluchten Ort betreten«, beharrte Telarius. »Bringt Pech und Stein hierher und laßt ihren Eingang versiegeln, oder brennt diesen ganzen Wald ab - aber ich flehe Euch an, betretet diesen Ort nicht.
    Der Zorn auf Pretorius' Gesicht machte Verblüffung Platz.
    Was immer Telarius in der Höhle gespürt haben mochte, es mußte schlimmer gewesen sein als alles, was ihm je in seinem Leben widerfahren war.
    Aber schließlich schüttelte Pretorius doch den Kopf. »Hab keine Angst, Bruder«, sagte er sanft, »gemeinsam werden wir den Antichristen besiegen, und wenn nicht wir, dann andere.« Er wandte sich an Theowulf. »Schickt jemanden in die Stadt, Graf. Sie sollen Männer mit Schaufeln und Hacken schicken.«
    Theowulf sah ihn fragend an. »Wozu?«
    »Wir werden diesen verfluchten Ort öffnen«, antwortete Pretorius entschlossen. »Das Licht der Sonne wird das Böse ausbrennen, das dort wohnt. Und wenn seine Kraft nicht reicht, so werde ich diesen ganzen verfluchten Wald nieder-brennen lassen!«
    »Nein!« rief Katrin entsetzt. »Das dürft Ihr nicht!«
    »Warum nicht!?« Pretorius fuhr herum und trat zornig auf sie zu. »Wovor hast du Angst, Hexe? Welches düstere Geheimnis umgibt diesen Ort?« Er packte Katrin grob bei den Schultern und schüttelte sie so heftig, daß ihr Kopf in den Nacken geworfen wurde. Sie keuchte vor Schmerz und versuchte, sich seinem Griff zu entziehen, aber Pretorius hielt sie unbarmherzig fest und schüttelte sie nur noch stärker. »Sprich!« schrie er. »Was hast du mit diesem Ort gemacht? Welcher Fluch lastet über diesen Wald?«
    Katrin hörte plötzlich auf, sich gegen Pretorius' wütendes Schütteln zu wehren, sondern riß die aneinandergebunde-nen Hände in die Höhe und schmetterte sie mit solcher Wucht gegen die Schulter des Abtes, daß der alte Mann mit einem krächzenden Schmerzensschrei zu Boden fiel. In 390
    ihrem Blick flammte ein Zorn auf, der Tobias an Blicke eines wilden, tobsüchtigen Raubtieres gemahnte. Schneller als irgendeiner der Umstehenden reagieren konnte, sprang sie über den gestürzten Abt hinweg und auf einen der Bewaffneten zu. Mit einer blitzartigen Bewegung schlug sie die Hände gegen dessen Schwert. Sie zog sich dabei eine tiefe, klaffende Wunde am Unterarm zu, aber der messerscharfe Stahl zer-teilte auch die Stricke, die ihre Handgelenke aneinanderban-den. Und noch ehe der völlig verblüffte Mann seine Überraschung überwinden konnte, hatte sie auch ihn zu Boden gestoßen und ihm das Schwert entrissen. Fast in der gleichen Sekunde stürzten auch die zwei anderen Soldaten und Theowulf vor. Aber statt ihnen zu helfen, prallte Theowulf ungeschickt gegen einen der Krieger und riß ihn mit sich zu Boden. Der dritte Soldat stolperte, als er versuchte, den beiden Stürzenden auszuweichen. Der letzte Soldat hielt nur eine Fackel in der Hand. Katrin fiel es nicht schwer, das brennende Holz mit dem
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