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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein -
Autoren: Der Inquisito
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Freiheit schenken?« fragte Katrin spöttisch.
    Theowulf schüttelte ernst den Kopf. »Das kann ich nicht«, antwortete er. »Aber ich verspreche dir einen raschen und schmerzlosen Tod. Das ist mehr«, fügte er mit einer Geste auf die beiden anderen Dominikaner hinzu, »als du von diesen Mönchen zu erwarten hast.«
    Katrin verzog die Lippen. »Danke«, sagte sie abfällig.
    »Aber dieses Geschäft gefällt mir nicht. Du wirst Verständnis dafür haben, wenn ich eine Stunde darüber nachdenken möchte.«
    Sie machte einen Schritt zurück und blieb unvermittelt 393
    wieder stehen. Ihr Blick suchte Tobias. »Begleitest du mich?«
    fragte sie.
    Tobias lächelte schmerzlich. »Das kann ich nicht«, antwortete er leise. Vorsichtig machte er einen Schritt zwischen Theowulf und Telarius hindurch, blieb wieder stehen und streckte die linke Hand aus. »Bitte, laß ihn gehen, Katrin«, sagte er. »Laß diesen alten Mann gehen. Er ist nicht dein Feind.«
    Behutsam bewegte er sich weiter auf Katrin zu, und sie wich im gleichen Tempo zurück. Ihr Blick flackerte. Tobias war sicher, daß sie nicht über das nachgedacht hatte, was sie zu tun im Begriff stand. Sie hatte einfach nur Angst. Sie kämpfte um ihr Leben.
    »Nimm mich«, sagte Tobias. »Wenn du eine Geisel
    brauchst, dann laß Pretorius gehen und nimm mich statt seiner. Ich gebe dir mein Wort, daß du ein Pferd und eine Stunde Vorsprung bekommst, wenn du ihn gehen läßt. Ich schwöre es dir, bei allem, was mir heilig ist.«
    »Er sagt die Wahrheit«, mischte sich Telarius ein. »Wir werden dir nichts tun. Laß Bruder Pretorius gehen, und du bist frei - für eine Stunde. Niemand hier wird dich verfolgen, kein Soldat und niemand aus dem Gefolge des Grafen.«
    Bei den letzten Worten warf er Theowulf einen fast beschwö-
    renden Blick zu, dem dieser einige Augenblicke lang mit undeutbarem Gesicht standhielt, ehe er schließlich ein Nicken andeutete.
    Katrin wich Schritt für Schritt weiter in den Wald zurück, die brennende Fackel in der linken Hand, den anderen Arm um Pretorius geschlungen, so daß die Messerspitze gegen sein Kinn drückte.
    »Katrin!« sagte Tobias beschwörend. »Bitte!«
    Mit einem stummen Blick bat sie Tobias um Vergebung.
    Aber sie ließ Pretorius nicht los, sondern ging mit kleinen, vorsichtigen Schritten weiter. Plötzlich begriff Tobias, wie groß die Gefahr war, daß sie stolperte und den alten Mann aus Versehen tötete. Er gab den anderen mit einem hastigen Wink zu verstehen, ihr nicht zu folgen. Zu seiner Überraschung verharrten die Männer tatsächlich einen Moment.
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    Katrins Vorsprung wuchs auf sieben, acht, vielleicht zehn Schritte, ehe sich die Gruppe wieder in Bewegung setzte.
    Eine ganze Weile ging diese sonderbare Verfolgung weiter, bis der Wald hinter Katrin sich allmählich lichtete - und mit einem Male nichts mehr hinter ihr war!
    Tobias hob erschrocken die Hände und rief Katrin eine Warnung zu, als er im allerletzten Moment begriff, daß sie sich nicht dem Waldrand, sondern dem See genähert hatte!
    Noch ein einziger Schritt, und sie würde den Halt verlieren und rücklings in die Tiefe stürzen, wobei sie Pretorius unweigerlich mit sich reißen würde!
    Katrin blieb stehen. Wie gehetzt blickte sie sich um. Sie mußte begriffen haben, daß es nichts mehr gab, wohin sie fliehen konnte. Hinter ihr war nur der granitgesäumte Kessel des Pfuhls mit seinem verpesteten Wasser und vor ihr der Halbkreis der Verfolger. Es waren die uralten Regeln des Spieles vom Jäger und Gejagten: Das Opfer mochte entkommen, solange es sich bewegte, aber seine Verfolger würden es nicht ihre eigenen Reihen passieren lassen. Es ist vorbei, dachte Tobias niedergeschlagen. Sie würden sterben. Alle beide.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sich Theowulf fast unmerklich spannte und einem seiner Männer am anderen Ende des Halbkreises einen raschen Blick zuwarf.
    »Bitte, Katrin«, sagte er noch einmal beschwörend, »laß ihn gehen. Bitte lade nicht auch noch sein Leben auf dein Gewissen.«
    In Katrins Gesicht zuckte es. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Tobias streckte Katrin beide Hände entgegen und trat ganz vorsichtig auf sie zu. »Laß ihn gehen, Katrin«, flehte er. »Ich verspreche dir, daß du am Leben bleiben wirst. Ich werde dafür sorgen. Ich werde bis nach Rom gehen, wenn es sein muß. Du bist keine Hexe. Ich weiß das, und auch Pretorius wird dir glauben, wenn du ihm die ganze Wahrheit erzählst. Laß ihn gehen, und ich verspreche dir,
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