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Wolfgang Ambros - Die Biografie

Wolfgang Ambros - Die Biografie

Titel: Wolfgang Ambros - Die Biografie
Autoren: Wolfgang Ambros
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spiel ich dir ein Lied ohne Patzer.
    Leser: »Nimmt dich überhaupt noch eine Unfallversicherung?«
    Ich reguliere mir die Sachen immer selber. Wenn man mich ordentlich schüttelt, klimpert’s. Drei Implantate trage ich in mir. Das Knie ist eine angeborene Geschichte, die durch, wie soll ich sagen, gewisse Unachtsamkeiten und vor allem durchs wilde Skifahren immer schlechter geworden ist, das musste einmal repariert werden. Dann die in der Retorte gezüchtete Haut nach dem Feuerunfall. Und außerdem habe ich statt dem grauen Star eine Plastiklinse im linken Auge, weil ich auf dem fast nichts mehr gesehen habe. Das war eine Sache von einer Viertelstunde. Ich bin Reparaturarbeiten gewöhnt.
    Das Erste, was mich wirklich aus der Bahn geschleudert hat, war die Gürtelrose. Zuerst habe ich geglaubt, ich kann das ignorieren, aber es war mir nicht möglich, aufzutreten. Ich musstedrei, vier Gigs absagen. Das war eine Premiere, in vierzig Jahren habe ich noch nie ein Konzert gecancelt. Die Malaria hat mich nicht kleingekriegt, die Gürtelrose schon. Zu einem Auftritt in Rosenheim bin ich fast hingekrochen. Ein Journalist, der dort war, schrieb das in seine Zeitung. Der Ambros ist sehr krank, Gürtelrose.
    Daraufhin rief mich ein befreundeter Doktor, der in Traunstein wohnt, an und sagte: »Jetzt gehst aber her.«
    Ich hatte einen Arztbesuch bislang elegant hinausgezögert, weil das eine intensive Darmspiegelung bedeutete, widerwärtige Sache. Der Doktor Ludwig Stölzle, den alle Ludo nennen, warnte mich jetzt: »Eine Gürtelrose hat immer einen anderen Grund. Die kommt nicht von allein, die ist nur ein Indikator für etwas anderes.«
    Er gab mir eine Flüssigkeit, die ich vor dem Schlafengehen trinken musste. In der Früh würgte ich noch zwei Liter Salzwasser runter, man weiß nicht, was grauslicher ist. Blut wurde mir abgenommen und dann ging die Untersuchung in die Tiefe.
    »Was ist?«, fragte ich am Ende der Erniedrigung.
    »Passt alles, du hast kein Problem«, sagte der Doktor Ludo, dann sind wir was essen gegangen. Ich bin heimgefahren, habe mich niedergelegt und um halb neun in der Früh kommt die SMS: Ruf mich bitte sofort zurück. Da geht man nicht noch gemütlich frühstücken.
    Meine PSA-Werte bewegten sich in schwindelerregenden Höhen. Prostata-spezifische Antikörper. Es zeichnete sich ab, dass mit mir etwas gewaltig nicht stimmte. Normalerweise bewegt sich der Wert bei null Komma fünf, meiner war sechzehn. Da habe ich eigentlich schon gewusst, was das heißt. Ich ahnte es, das Unaussprechliche. Der Ludo wollte beschwichtigen, man solle noch einen anderen Spezialisten konsultieren, am besten einen Urologen.
    Weil ich ohnehin nach Wien musste, rief ich den Wolfgang Grünzweig an, den Ganzheitsmediziner, der mir mit seinen Wunderkugerln schon bei der Malaria-Geschichte wieder auf dieBeine geholfen hatte, und erkundigte mich bei ihm nach einem guten Urologen. Er nannte mir einen, der nannte mir noch einen. Schließlich landete ich bei einem Kapazunder, der selbst in der Ärzteschaft als Meister aller Klassen gehandelt wird. Professor Pflüger im Hietzinger Krankenhaus. Ich rief am Nachmittag an und hinterließ eine Nachricht mit der Bitte um Rückruf, ich bräuchte dringend einen Termin.
    An dem Abend sage ich meiner Mutter, dass ich Krebs habe. Sie bricht in Tränen aus. Mein Vater hatte Lymphdrüsenkrebs, der ist so gut wie unheilbar. Er starb einen langsamen Tod.
    »Ich kann es nicht ändern«, sage ich zu ihr, »ich mach mir einen Termin mit dem besten Spezialisten des Landes aus, es wird schon wieder. Reg dich nicht auf.«
    Aber verlang das einmal von einer Frau, die befürchtet, der Krebs zerfrisst alle Männer in der Familie. Mein Onkel ist auch an dieser Krankheit gestorben. Ich sage ihr, dass Prostatakrebs nicht unbedingt ein Todesurteil sei. Jeder Mann bekomme das, irgendwann. Es ist genetisch programmiert, verankert in der Doppelhelix, im Bauplan der Natur. Manchmal breitet sich diese Anomalität aus. Ich versichere meiner Mutter, dass man das in den Griff bekommen könne. Krebs ist nicht gleich Krebs. Sie schüttelt den Kopf und stemmt sich gegen die Verzweiflung, in dem Moment läutet das Telefon.
    »Ja, Pflüger hier, spreche ich mit Ambros?«
    Ich bin baff. »Das ist aber nett, dass Sie um zehn am Abend noch anrufen. Ich hab gedacht, ich muss mich zwei Wochen anstellen.«
    »Nein, nein«, sagt er, »kommen Sie gleich morgen, bitteschön. Morgen um zehn bei mir.«
    Ich bin pünktlich. Er sagt, er
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