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Wolfgang Ambros - Die Biografie

Wolfgang Ambros - Die Biografie

Titel: Wolfgang Ambros - Die Biografie
Autoren: Wolfgang Ambros
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Grünschnitt und sonstigem Geäst, der so übers Jahr zusammenkommt, und sag zu ihm: So, und jetzt bist du dran.
    Das Haus in der Pfalzau steht mitten im Wald. Was sich da auf den dreitausend Quadratmetern Grund von den Hecken, Bäumen und Sträuchern ansammelt, werfe ich über den Bach und verbrenne es. Unter Zuhilfenahme von fünf Litern Benzin, normalerweise im November. Aber in dem Winter hat es schon sehr früh geschneit und das Zeug war so nass, dass man es nicht anzünden konnte, deshalb ist der Haufen noch im April da gewesen.
    Ich marschiere also in die Garage, hole den Kanister und denke überhaupt nicht weiter. Zum Beispiel, dass es nicht vier, fünf, sechs Grad hat wie im November, sondern schon zwanzig. Eine Temperatur, bei der Benzin verdampft. Ich sehe nur, dass der Haufen gut abgetrocknet ist, weil es die ganze Woche lang schön war und die Sonne draufgeschienen hat, und trotzdem glaube ich, ich mache alles wie gewohnt.
    Ich leer den Sprit drauf, pass aber in meinem Zorn nicht genau auf, wie viel. Ich leg die Lunte, ein bissel zu kurz. Ich spür, es ist windstill, aber eine leichte Strömung ist immer, und die kommt auch noch unüblicherweise von Osten. Ich steh genau in der falschen Richtung und noch dazu mitten in einer Benzinwolke, die ich nicht wahrnehme, sauer, wie ich bin. Ich zünde das Streichholzan, zack, schmeiß es hin und wusch, kommt mir eine Feuerzunge entgegen. Sie leckt mich genüsslich ab, von unten nach oben. Und dann fliegt das Ganze in die Luft.
    Mich schleudert es weg, ins taufeuchte Gras, in dem ich mich geistesgegenwärtig wälze und damit selber lösche. Vor mir brennt das Feuer hinauf, kerzengerade, eine flammende Säule von sieben, acht Metern. Und ich lieg da am Rücken auf dem nassen Boden und denk mir: Das ist das schönste Feuer, das ich je gemacht hab.
    An sich bilde ich mir ein, dass ich ein wirklich guter Feuermacher bin. Ich mache Feuer, seit ich denken kann. Und alles, was ich da falsch gemacht habe, habe ich auch gewusst, ich hab’s nur nicht bedacht nach dem depperten Telefonat.
    Jedenfalls, ich rapple mich irgendwie auf, stolpere ins Haus, natürlich kein Mensch daheim, gehe ins Badezimmer und sehe mich im Spiegel. Aha, die Augenbrauen sind weg. Sonst hat es nicht so arg ausgeschaut, alles einigermaßen rot halt. Trotzdem ist mir klar: So ganz von allein wird das wahrscheinlich nicht weggehen. Und dann rufe ich die Rettung.
    »Stellen Sie sich unter die Dusche«, sagt mir der Notarzt am Telefon, »in nicht zu kaltes Wasser, sonst kriegen Sie einen Herzinfarkt, kühlen Sie die Haut, die brennt sonst nach.«
    »Leiwand«, sage ich und geh mich brausen.
    In dem Haus in der Pfalzau ist das Bad so gebaut, dass du durch ein riesiges Fenster direkt auf die Einfahrt siehst. Eine Großzügigkeit, die insofern möglich war, als wir hinter einer hohen Hecke versteckt sind und kein Fremder Zublick hat. Bis die Rettung kommt, bin ich schon immer dunkler geworden, und der Schock hat auch nachgelassen. Sie bandagieren mir das Gesicht und legen überall Mull auf, dann höre ich, wie ein Sanitäter nach einem Hubschrauber telefoniert.
    Wie der da ist, geht alles ganz schnell. Sie verfrachten mich hinein, geben mir eine Spritze, ich spüre, dass ich ganz diesig werde, und falle fast in Ohnmacht, denk mir aber: Es wird schon gehen, es wird schon gehen.
    Es ist eigentlich nicht gegangen. »Da dürften wir gerade noch einmal Glück gehabt haben«, sagt mir der Primar im Allgemeinen Krankenhaus in Wien zwar, aber an den Seiten, an den Füßen, an den Oberarmen und im Gesicht bin ich völlig verbrannt. Am schlimmsten am Ellbogen. Dreißig Prozent der Haut hin, ein Raub der Flammen. Da ist klar: Wir müssen operieren.
    Die Notärztin erklärt mir sinngemäß: Wir können das nicht einfach verheilen lassen, das wird so schiach, das verschrumpelt mir komplett. Entweder können sie Kunsthaut verpflanzen, gezüchtete Hautzellen, die in eine Flüssigkeit eingelegt wurden und sich dort vermehren. Wenn das nicht geht, das könne man aber erst feststellen, wenn ich schon im Koma bin, dann müssen sie mir was vom Hintern herausschneiden und transplantieren, deswegen brauchen sie von mir vorher die Genehmigung.
    Sage ich zur Ärztin: »Geh, wenn Sie das verhindern könnten, mein Arsch ist mein Kapital.«
    Bevor man mich noch in den OP schiebt, bringen sie die ganze Geschichte schon im Radio. Grillunfall, der Ambros hat sich angezündet. Und dann in allen Medien. Grillunfall, Grillunfall. Es
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