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Wokini oder die Suche nach dem verborgen Glück

Wokini oder die Suche nach dem verborgen Glück

Titel: Wokini oder die Suche nach dem verborgen Glück
Autoren: Nicholas Sparks
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Reise des Verstehens. Der Vater reichte sie ihm.
    »Nimm sie an dich, und du wirst lernen«, sagte er.
    David nahm sie und entrollte sie vorsichtig. Was er sah, überraschte ihn.
    Die Schriftrolle enthielt eine Serie von sieben Bildern, von denen einige sorgfältiger ausgearbeitet waren als andere. Kein einziges Wort stand darunter. David blickte zu seinem ate. Er wusste nicht genau, was er mit all dem anfangen sollte.
    »Ich verstehe nicht, was das bedeutet.«
    Der Vater lächelte und schüttelte den Kopf. Er wandte sich von seinem Sohn ab und lächelte auch, als er zum Fenster hinausschaute. Der Himmel verdunkelte sich und die wicahpis begannen zu funkeln. Die Sterne, die wie durch Zauberhand nacheinander erschienen, hatten ihn schon immer in ihren Bann gezogen.
    Schließlich antwortete er leise: »Die Rolle zeigt dir, wie du in deinem Leben glücklich wirst. Das war es doch, was ich dir sagen sollte, nicht wahr?«
    David nickte. »Uff! Ich verstehe aber nicht, welchen Sinn diese Bilder haben. Wie können sie mir helfen, wenn ich nicht weiß, was sie bedeuten?«
    »Mein Sohn, du musst lernen, was sie bedeuten.«
    David kannte die Antwort auf seine nächste Frage, noch bevor der ate sie ihm gab. »Sagst du es mir?«
    »Nein, ich glaube, es ist das Beste, wenn du selbst die Bedeutung herausfindest. Durch Wörter begreifst du kaum, was du wissen musst. Du lernst schneller, wenn du dich von der Schriftrolle führen lässt.«
    David rieb sich nachdenklich den Unterkiefer. »Wenn ich mich führen lasse? Wohin denn?«
    »Nimm sie mit auf deine Reise.«
    David sah überrascht auf. »Meine Reise? Wohin soll ich denn gehen?«
    Der Vater drehte sich um und fixierte seinen Sohn. Er fasste ihn an der Schulter. »Es gibt keinen vorgezeichneten Weg. Du gehst auf eine Reise des Verstehens. Und du sollst das tun, was dir am geeignetsten erscheint, um den geheimen Sinn der Bilder zu erfahren.«
    »Aber wer könnte mir diesen Sinn entschlüsseln?«
    »Jemand, der weiser ist als ich. Der dich im Innersten berühren und mit dir sprechen kann. Jemand, dem du Vertrauen und Bewunderung entgegenbringst.«
    Der Vater wusste, dass er seinem Sohn nicht alles sagte, aber dafür gab es einen guten Grund. Die Reise war eine Erfahrung, keine Lektion. David jedoch war beunruhigt. Er verstand nicht, warum sein ate ihm willentlich vorenthielt, was er unbedingt wissen wollte.
    »Wann soll ich aufbrechen?«, fragte David.
    »Je früher du deine Reise beginnst, desto schneller begreifst du alles, was du wissen musst.« Sein ate richtete den Blick wieder auf die wicahpis.
    David verließ seinen Vater, nachdem er eingesehen hatte, dass er von ihm nichts weiter erfahren würde. Er nahm die Schriftrolle mit in sein Zimmer und betrachtete sie stundenlang, bis er schließlich einschlief. Obwohl er in der Schule mit den Gebräuchen des Wasicu bekannt gemacht worden war, hatte er sich doch auch selbst vieles beigebracht über das Sagengut der Indianer. Das würde ihm jetzt sicherlich von Nutzen sein.
    In dieser Nacht schlief er nicht sehr gut.
    Am nächsten Morgen, als gerade die anpa wi aufging, nahm David ein reichhaltiges Frühstück zu sich. Er beschloss, nur mit einem kleinen Rucksack zu reisen, in dem sich die Schriftrolle befinden würde. Irgendetwas anderes mitzunehmen, erschien ihm überflüssig, denn er dachte, nicht sehr lange unterwegs zu sein. Nachdem er sich von seiner tiwahe verabschiedet hatte, trat er aus dem Haus und wanderte die schmutzige Straße entlang, die aus dem Reservat hinausführte. Seine Wokahnigapi Oiglake hatte begonnen.
    David wollte zuerst Ben Long Feather aufsuchen. Diese Idee war ihm beim Anziehen gekommen. Es war, als hätte Wakantanka selbst sie ihm eingegeben. Ben Long Feather arbeitete im Indianischen Museum am Rand des Reservats. Gewiss konnte er ihm mehr über die Bedeutung der Rolle erzählen, denn immerhin galt er als einer der weisesten Indianer des Reservats.
    Einige Stunden später erreichte David das Museum. Am Eingang fragte er eine junge Empfangsdame namens Mary, ob er Ben Long Feather sprechen könne. Sie musterte ihn gründlich. In den Augen des Jungen nahm sie einen traurigen Ausdruck wahr. Zweifellos litt er. Auch seine Bewegungen zeugten von innerem Schmerz. Sie verließ ihren Schreibtisch und ging zu einem kleinen Zimmer. Während er wartete, holte David die Rolle aus seinem Rucksack und betrachtete die Bilder. Einige Motive waren ihm vertraut. Das erste Bild zeigte Iktumi, die hinterlistige Spinne, die
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