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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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diesem Sturm. Zu spät, erkannte sie. Die Natur verzeiht keine Fehler.
    Sie versuchte aufzustehen, aber ein stechender Schmerz in ihrem linken Bein hielt sie davon ab. Er war so stark, daß er die Schmerzen im Brustkorb überstrahlte und ihr davon schlagartig übel wurde. Sie sank zurück und blieb hechelnd wie ein Hund liegen. Als sie sich ein wenig erholt hatte, suchte sie mit den Händen Halt am Boden und schob sich Zentimeter für Zentimeter in eine sitzende Position. Dabei stach es im ganzen Brustraum, als hätte sie einen Satz Stricknadeln verschluckt. Endlich saß sie in der Aufrechten. Obwohl ihr Körper von der Anstrengung des Hinsetzens nach Sauerstoff lechzte, atmete sie langsam und flach. Trotzdem mußte sie husten. Es war höllisch. Das waren keine Stricknadeln, das waren Skalpelle. Nicht husten und nicht niesen, schärfte sie sich ein. Und nicht lachen. Ganz langsam beugte sie sich vor und versuchte das Bein zu bewegen. Wieder zuckte der Schmerz wie ein Blitz durch ihr Bein. Sie tastete nach ihrem Messer. Der Hirschfänger hing noch am Gürtel. Sie schnitt ihre Hose auf. Das Kniegelenk war auf seine doppelte Größe angeschwollen, und ein riesiger Bluterguß machte sich breit. Die Haut darüber spannte wie ein Regenschirm. So viel stand fest: Von alleine würde sie keinen Meter weit kommen.
    Der Zorn darüber ließ sie für einen Moment sogar die Schmerzen vergessen. Alles in ihr sträubte sich dagegen, aber sie mußte um Hilfe bitten. Sie mußte Hannes oder Michael Trenz anrufen, damit sie jemand aus dieser Lage befreite. Klara fluchte. Sie war die letzte, die von irgendwem gerettet werden wollte. Sie wußte jetzt schon, daß sie denjenigen dafür hassen würde.
    Vorsichtig drehte sie sich um und zog den Rucksack neben sich. Wenn sie ihre Position bestimmen konnte, dann könnte sie auch einfach den Notruf wählen. Anonyme Retter erschienen ihr als das kleinere Übel. Sie fand den Organizer in der Außentasche und schaltete ihn ein. Zum Glück war der Akku noch nicht leer, aber als sie das Gerät bewegte, klapperte es verdächtig in seinem Inneren. Der kleine Bildschirm zeigte eine hell hinterlegte graue Wolke, es sah aus, als wäre da drin etwas ausgelaufen. Es half kein Schütteln und kein Fluchen, die Wolke auf dem Display blieb.
    »Scheißding!«
    Wütend warf Klara das nutzlos gewordene Gerät von sich. Sie überlegte. Gestern abend hatte sie sich am Nordhang des Andreasberges befunden. Wie weit war sie gelaufen? Sie lag am Rand einer Lichtung, eigentlich müßte man sie von einem Hubschrauber aus sehen können. Und was erzählte sie denen, wenn sie die Schrotflinte neben ihr fanden? Denn die Waffe lag etwa drei Meter hinter ihr unter der Kanzel. Sie würden ihr am Ende noch ein Verfahren wegen Wilderei anhängen, und außerdem eines wegen unerlaubtem Führen einer Waffe. Sie hatte die Wahl: entweder dem Konflikt mit dem Gesetz entgegensehen oder vor Hannes oder Trenz das in Not geratene Weibchen zu geben. Wobei es logisch erschien, Hannes zu benachrichtigen, denn bis Trenz aus dem Odenwald in den Harz fuhr, das konnte dauern. Außerdem wollte sie sich vor dem Organisator am allerwenigsten eine Blöße geben. Hannes – das ging noch einigermaßen in Ordnung. Apropos Trenz: Der hatte bestimmt schon versucht, sie anzurufen. Das war überhaupt die Lösung, fiel Klara ein: Trenz konnte ihre genaue Position feststellen, denn sie hatte ja immer noch den Sender im Rucksack. Sie würde ihm sagen, daß ihr Organizer kaputtgegangen sei. Er brauchte ja nicht zu erfahren, wie das passiert war. Danach konnte sie Hannes anrufen. Ja, so würde es klappen. Vor Aufregung mußte sie wieder husten. Ein Rest ihrer Erziehung veranlaßte sie, dabei die Hand vor den Mund zu halten. Der Schleim, den sie danach an den Fingern hatte, war blutig. Hellrot mit kleinen Blasen. Bei einem Stück Wild würde ich sagen: Lungenschuß, dachte Klara, deren Zynismus zuweilen auch vor sich selbst nicht halt machte. Aber ganz so schlimm konnte es dennoch nicht sein, sonst wäre sie schon längst hinüber. Wahrscheinlich waren nur ein paar Rippen gebrochen.
    Sie suchte in der Seitentasche nach ihrem Mobiltelefon. Es klapperte nicht, das Display war in Ordnung, der Akku aufgeladen. Nachdem sie die PIN eingegeben hatte, erkannte sie jedoch, daß ihr die Wahl, wen sie um Hilfe bitten sollte, abgenommen worden war.
    »Lieber Himmel«, flüsterte Klara. Denn nur von dort war jetzt noch Beistand zu erwarten. Die Meldung auf dem Display
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