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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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zu erschrecken. Doch er hatte Angst gehabt. Ja, die anderen hatten völlig recht: Er war ein Hosenpisser, ein Angsthase, ein Baby. Nicht einmal jetzt wagte er es, sich von der Gruppe zu lösen und nach dem weißen Wolf zu suchen, sondern blieb brav und verängstigt an Raphaels Seite. Demütig ertrug er ihren Spott, er empfand ihn als vergleichsweise geringe Strafe.
    Hannes und Robin standen in Klaras Küche, jeder eine Flasche Bier in der Hand. Sie zogen lange Gesichter. Klaras E-Mails waren mit einem Paßwort gesichert und weder im Schreibtisch, noch an anderen Stellen war etwas aufgetaucht, was ihnen hätte weiterhelfen können. Ihr Adreßbuch war unauffindbar. Zuletzt hatte Robin jedes ihrer Bücher vom Regal genommen, geöffnet und ausgeschüttelt, in der Hoffnung, daß der rettende Zettel herausflattern würde, während Hannes ihre nicht geschützten Computerdateien angesehen hatte. Seitenweise wissenschaftliche Texte, die ihm nicht viel sagten, Statistiken, Auswertungen, Diagramme. Es war die reine Beschäftigungstherapie, während der er hoffte, sein Handy würde klingeln, und sie wäre es, die ihn anriefe.
    Robin warf einen Blick aus dem Fenster und sagte müde: »Da kommt deine schrille Staatsanwältin wieder.«
    Hannes stellte die Bierflasche hin und ging zur Tür. Dann drehte er sich um und sagte zu Robin: »Am besten du hörst dir auch an, was sie zu sagen hat.«
    Robin riß erstaunt die Augen auf.
    »Ich? Wieso ich?« Aber er folgte Hannes nach draußen, wo der ihn Sabrina Reinecke vorstellte.
    »Als erstes möchte ich jetzt was Anständiges zu trinken«, verlangte die Staatsanwältin. »Ich habe den ganzen Sonntag geackert wie ein Pferd.«
     Sie gingen zu Hannes, dessen Bar am besten bestückt war. Er bereitete drei Wodka-Lemon zu, während sich die Staatsanwältin am Eßtisch niederließ und ein paar Notizen und Computerausdrucke aus ihrer Tasche zog. Als sie zu dritt am Tisch saßen, begann sie ohne Umschweife mit ihrem Bericht.
    »Sharifa Zaimeh ist die Tochter einer Deutschen, Ute Sendler, mit einem Iraner, Zacaria Zaimeh. Die Zaimehs sind eine wohlhabende Familie, die den Iran nach der Vertreibung des Schahs verlassen mußte. Ihr Vater verdiente sein Geld hauptsächlich mit dem Import von iranischem Kaviar. Die Mutter war Geschäftsführerin in einem Lokal der gehobenen Klasse in Isernhagen.«
    Sabrina Reinecke unterbrach sich, um zu trinken und in ihren Notizen zu blättern. Robin sah verwirrt von ihr zu Hannes. Hannes hing gespannt an ihren Lippen. Titus rieb sich klagend an seinen Beinen. Ich muß den Kater füttern, durchfuhr es ihn. An was man alles denken mußte!
    Sabrina fuhr fort: »Der Vater war viel unterwegs. Das Mädchen blieb das einzige Kind der Familie. Eine kleine, wohlstandsvernachlässigte Prinzessin. Sie wurde von ausgewählten Kindermädchen betreut, spricht fließend Französisch, Englisch und Arabisch. Sie ging auf eine Privatschule und hatte noch dazu Privatlehrer. Sharifa wäre gerne Köchin im Lokal ihrer Mutter geworden, aber das duldete die Familie nicht. Sie sollte studieren. Sie verbrachte dennoch viel Zeit in der Küche. Als Sharifa siebzehn war, starb die Mutter. Der Vater holte seine Schwester, die seinerzeit mit ihrem Mann im Iran geblieben war, nach Deutschland. Diese hatte ein völlig anderes Weltbild, mit dem Sharifa, die recht frei erzogen worden war, nicht zurechtkam. Auch ihr Vater veränderte sich unter dem Einfluß der Schwester. Man weiß nicht, was bis dahin in der Familie vorgefallen war, aber eines Nachts brannte es in der Villa. Der Brand konnte gelöscht werden. Das Feuer war in Sharifas Zimmer ausgebrochen, sie selbst erlitt Brandverletzungen. Ihre Tante bezichtigte sie der Brandstiftung. Die Ermittler vermuteten jedoch einen Selbstmordversuch. Damals kam sie zum ersten Mal in Berührung mit der Psychiatrie. Sie verbrachte sechs Wochen in Wunstorf, danach hatte sie ambulante Therapiestunden. Sie machte das Abitur und zog mit achtzehn von zu Hause aus. Die Familie verweigerte ihr finanzielle Unterstützung, also schlug sie sich mit diversen Jobs durch. Unter anderem arbeitete sie als Aushilfsköchin im Maritim. Sie hatte ehrgeizige Pläne, wollte Betriebswirtschaft studieren und nebenbei eine Ausbildung als Köchin absolvieren. Dann zog sie zu ihrer Großmutter mütterlicherseits. Die alte Frau Sendler war zweiundachtzig, sie wohnte in einer Dreizimmerwohnung in der List.
    Als Sharifa am 3. April 2002 gegen dreiundzwanzig Uhr nach Hause kam, fand sie,
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