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Woche voller Samstage

Woche voller Samstage

Titel: Woche voller Samstage
Autoren: P Maar
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er.
    Ratlos beugte sich Herr Taschenbier hinunter und fragte:
    »Bist du ein Junge oder ein Mädchen?«
    Das Sams zog seinen Kopf ganz dicht heran und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich bin ein Sams, das weißt du doch, Papa.«
    »Na ja, sagen wir mal: ein Junge«, erklärte Herr Taschenbier dem Verkäufer. Für irgendetwas musste er sich ja entscheiden.
    »Sagen wir mal: ein Junge, ganz recht«, wiederholte der Verkäufer mit starrem Lächeln. »Welcher Vater weiß das auch schon genau. Dann soll er einmal mit mir kommen, der Junge!«
    Aber das Sams war im Augenblick zu beschäftigt, um mitzukommen. Es stand zwischen den Verkaufstischen, betrachtete die Leute, die mit der Rolltreppe nach oben fuhren, schnupperte nach allen Richtungen und hörte auf die Musik, die aus den Lautsprechern kam.
    »Schön hier, Papa«, sagte es und verdrehte die Augen. Aus den Lautsprechern ertönte ein Gongschlag, und eine weibliche Stimme sagte: »Vergessen Sie nicht, Käse aus Holland mitzunehmen! Unser Sonderangebot: Käse aus Holland.«
    »Käse? Was ist denn das?«, fragte das Sams mit großen Augen.
    »Du weißt nicht, was Käse ist?«, fragte der Verkäufer erstaunt.
    Das Sams schüttelte den Kopf.
    »Unten, in der Lebensmittelabteilung, liegen auf einem Tisch so große, rote Kugeln. Das ist Käse, Kleiner«, erklärte der Verkäufer.
    »Kugelkäse!«, rief das Sams, rannte zur Rolltreppe und fuhr hinab.
    Gleich darauf hörte man von unten einen lauten Schrei, dann kam das Sams wieder heraufgefahren mit einer riesigen Käsekugel in den Händen.
    »Schmeckt gut!«, rief es schon von Weitem und biss kräftig hinein.
    Der Verkäufer stürzte auf es zu, packte es an den Haaren und riss ihm die Käsekugel weg.
    »Das ist glatter Diebstahl!«, schrie er. »Du kannst doch nicht einfach den Käse mitnehmen.«
    »Die Frau da oben hat doch gesagt, wir sollen nicht vergessen, ihn mitzunehmen«, verteidigte sich das Sams und wies an die Decke, wo die Lautsprecherstimme erklungen war.
    »Dummes Zeug! Sie hat gemeint, man soll ihn kaufen«, schimpfte der Verkäufer.
    »Davon hat sie aber nichts gesagt«, maulte das Sams.
    »Schluss jetzt! Der Käse wird bezahlt, oder ich hole die Polizei«, drohte der Verkäufer Herrn Taschenbier.
    »Schreien Sie nicht so. Ich werde Ihren Käse bezahlen«, beschwichtigte ihn Herr Taschenbier. »Der Kleine ist eben zum ersten Mal im Kaufhaus und kennt sich noch nicht aus.«

    »Wenn Sie zahlen, werde ich den Vorfall natürlich vergessen«, sagte der Verkäufer und legte die Käsekugel auf einen Stuhl. Er bemühte sich, wieder zu lächeln. »Schließlich ist bei uns der Kunde König. Jetzt wollen wir den Jungen aber endlich einkleiden.«
    »Wer ist König?«, fragte das Sams.
    »Der Kunde«, erklärte der Verkäufer.
    »Was ist das, ein Kunde?«, fragte das Sams weiter.
    »Jeder, der bei uns kauft, ist ein Kunde.«
    »Dann bin ich auch ein Kunde?«
    »Aber gewiss.«
    »Du, Papa, ich bin König!«, schrie das Sams begeistert. »Ich will eine Krone haben.«
    »Red nicht so einen Unsinn! Du wirst eine Mütze aufsetzen wie jeder ordentliche Junge«, sagte der Verkäufer und ging voran zu einem Kleiderständer.
    Das Sams hatte schon wieder etwas Neues entdeckt. Auf einem Verkaufstisch vor der Kleiderabteilung lagen Cowboyhüte und Indianerkopfschmuck. Es setzte sich eine Federkrone aus bunten Federn auf, tanzte herum und schrie:
    »Die Mütze gefällt mir, Papa. Die will ich haben!«
    »So was trägt man nur zum Fasching«, sagte der Verkäufer, nahm ihm die Federkrone ab und warf sie auf den Tisch zurück.
    »Wenn es ihm doch gefällt«, wandte Herr Taschenbier ein.
    »Der Junge braucht was Ordentliches«, bestimmte der Verkäufer. »Wir werden schon das Passende finden.«
    Damit nahm er das widerstrebende Sams fest beim Arm und zog es mit zur Umkleidekabine. »Da würde ich erst einmal diesen Anzug vorschlagen, der Herr«, sagte er dort und zeigte Herrn Taschenbier einen dunkelbraunen Anzug aus glänzendem Stoff. Und zum Sams sagte er: »Schlüpf hinein, Junge!«
    Das Sams blieb stocksteif stehen und rührte sich nicht.
    »Willst du nicht hineinschlüpfen, Junge?«, fragte der Verkäufer ärgerlich, lächelte aber gleich darauf Herrn Taschenbier zu.
    »So werde ich nicht angeredet«, sagte das Sams.
    »Wie denn dann?«
    »Zu einem König sagt man ›Majestät‹«, erklärte das Sams hoheitsvoll.
    »Jetzt werde nur nicht frech, Junge«, erwiderte der Verkäufer und hob drohend den Zeigefinger.
    »Vielleicht versuchen Sie
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