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Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Titel: Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)
Autoren: Cathryn Constable
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gehe ich rein und hole sie.«
    Mrs Sharman schnappte nach Luft und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Sophie!«, stieß sie hervor, was aus ihrem Mund wie ein Schimpfwort klang. »Dein Pullover!«
    Mr Tweedie räusperte sich. »Wir haben gerade über den Pullover gesprochen …«
    Mrs Sharman zerrte Sophie am Arm zu sich her und inspizierte sie wie ein exotisches Insekt. »Da sind ja Löcher drin!«, stellte sie fest.
    »Ich zieh mich gleich um«, murmelte Sophie verlegen.
    »Das will ich auch hoffen!«, fauchte die Schulleiterin, als hätte sie am liebsten das ganze Mädchen ausgetauscht und nicht nur den schäbigen Pulli. Dann ließ sie Sophies Arm fallen und setzte wieder ihr professionelles Lächeln auf. »Also gut – geh und bring mir Delphine«, sagte sie. »Und wir beide sprechen uns später noch, Sophie Smith.«
    »Sophie Smith?« Die Besucherin fuhr abrupt herum und spähte über ihre Sonnenbrille hinweg auf Sophie hinunter. Ihre Augen waren riesig und ganz hell, ein funkelndes Eisblau, von dichten Wimpern eingerahmt. Die Stimme war tief und melodisch.
    Sophies Wangen brannten, als die Frau sie von oben bis unten musterte und alles genau registrierte, bis hin zu den Löchern in ihrem Pullover. Ach, Mist – wäre sie doch nur gleich vor dem Frühstück in die Kleiderkammer gegangen, um sich was Anständiges auszusuchen! Mit hochrotem Kopf drehte sie sich um, aber plötzlich schnellte die Hand der Besucherin vor und packte sie am Ellbogen. Sophie blickte auf. Die eisblauen Augen schauten sie durchdringend an, und Sophie hatte keine Chance, sich aus dem Griff der fremden Frau zu befreien, ohne ausgesprochen grob zu werden.
    »Lassen Sie nur«, sagte sie zu Mrs Sharman. »Ich nehme vorlieb mit dieser jungen Dame.«
    »Oh nein, das kann nicht Ihr Ernst sein!« Die Schulleiterin runzelte die Stirn. »Das hier ist keine Schülerin für Sie.« Da die Frau Sophies Ellbogen nicht losließ, wie Mrs Sharman erwartet hatte, fuhr sie fort: »Wir haben nur sehr wenig subventionierte Plätze an unserer Einrichtung.« Das Wort »subventioniert« formte sie mit den Lippen, wie um Rücksicht auf Sophies Gefühle zu nehmen. »Wegen schwieriger Familienverhältnisse …« Mrs Sharman zog vielsagend die Augenbrauen hoch, als sei damit alles geklärt – dass Sophie eine Waise war und mit ungekämmtem Haar und Löchern im Pulli herumlief. »Wir nehmen unsere soziale Verantwortung sehr ernst. Aber die Mehrheit der Mädchen an unserem Institut, das möchte ich betonen, kommt aus untadeligen Familien.«
    Die Frau schwieg, als würde sie über Mrs Sharmans Worte nachdenken. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, das Mr Tweedie mit einschloss, der daraufhin knallrot wurde. Wie eine zu schwer gewordene Tulpe neigte sich die Besucherin vornüber und berührte ihn leicht am Arm. »Können wir sehen Ihre Klasse?«, fragte sie.
    Mr Tweedie stammelte etwas und die Schulleiterin zischte: »Fangen Sie lieber mit dem naturwissenschaftlichen Block an. Aber Sophie steht leider nicht zur Verfügung. Sie muss in den Unterricht.«
    »Sophie Smith genau ist die Richtige für mich!«, lachte die Frau. »Wir beide sind gutes Team!« Sie hielt Sophie weiter am Ellbogen fest und manövrierte sie zu der Tür, die auf den Pausenhof hinausging. »Es hat aufgehört zu regnen! Jetzt ich will sehen, wo ihr geht spielen!«
    Sophie warf einen Blick über ihre Schulter. Mr Tweedies Gesicht hatte sich wieder in tausend Falten gelegt und Mrs Sharmans Lächeln war erloschen. Mit offenem Mund, der ein makelloses O bildete, stand sie da.
    Dann spürte Sophie die Hand der Besucherin im Rücken und sie wurde energisch zur Tür hinausbugsiert.

Kurz darauf traten sie in den engen Pausenhof hinaus, der hier als Spielplatz fungierte. Die Frau ließ sofort ab von Sophie, als hätte sie vergessen, dass sie noch da war. Sie setzte ihre Sonnenbrille ab, klappte ihre Handtasche auf und nahm ein Päckchen Zigaretten heraus. Ein großes rotes Herz prangte auf der Schachtel und darunter das Wort »Kuss«.
    »Oh, nein, Sie dürfen hier nicht rauchen!«, stieß Sophie hervor.
    Die riesigen blauen Augen der Besucherin wurden noch größer.
    »Nicht innerhalb des Schulgeländes«, ergänzte Sophie. »Das ist gegen die Regeln.« Hatte die Frau sie gehört? Oder verstanden? Sie hatte die Zigarette bereits in den Mund genommen.
    »Wir sind doch draußen«, sagte die Besucherin. »An frische Luft! Ich brauche Zigarette!« Aber dann überlegte sie es sich
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