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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet
Autoren: L Griffin
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dem Aufzug in den ersten Stock, wo sich der Geräteraum über den Stadtverkehr erhob. Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen. Glas, Spiegel und Sportklamotten, so weit das Auge reichte.
    »Kann ich dir helfen?«
    Sie wandte sich dem jungen Mann zu, der hinter einem Stapel Handtücher am Empfangstresen saß. »Oh, hi.« Sie lächelte. »Ich möchte mich nach einer Mitgliedschaft erkundigen.«
    »Gern.« Er holte einen Flyer aus einer Schublade und schob ihn ihr über den Tresen zu. Alex starrte auf seine enorme Brustmuskulatur. Der Junge schien kurz vorm Platzen zu sein.
    »Die erste Trainingsstunde ist kostenlos«, sagte er.
    »Danke.«
    Sie entdeckte Melanies Ehemann auf der anderen Seite des Raumes. Er lehnte an einem Laufband und sprach mit einer brünetten jungen Frau in Yogahose. Coghan war so muskulös, wie Alex ihn erinnerte. Oder sogar noch massiger? Möglicherweise war er viel im Studio gewesen, seit seine Frau ihn verlassen hatte. Alex zog den Schirm ihrer Kappe tiefer und versuchte herauszufinden, ob er gerade kam oder ging.
    »Ist das ein Ja?«
    Sie wandte sich wieder dem Muskelbuben zu. »Wie bitte?«
    »Möchtest du einen Termin für deine erste Trainingsstunde?«
    Coghan hob eine Wasserflasche vom Boden auf und
ging in Alex’ Richtung. Dann bog er in die Männerumkleide ab.
    »Das muss ich mir erst überlegen.« Alex steckte den Flyer in die Tasche und ging zurück zum Aufzug.
    Sie brauchte zwischen drei und fünf Minuten.
    Auf dem Weg zu Coghans Pick-up versuchte sie, möglichst unbefangen auszusehen. Bis auf eine zerdrückte Bierdose war die Ladefläche des Wagens leer. Sie warf einen Blick in die Fahrerkabine. Keine Alarmanlage. Alex zog einen Autotür-Öffner aus ihrem Geldbeutel. Mit geübten Handgriffen schob sie das Werkzeug zwischen das Fenster und die Gummilippe in der Tür, tastete nach dem Arretierhebel – und schon sprang die Tür auf.
    In der Fahrerkabine sah es definitiv nach Mann aus: ein leerer Papierkaffeebecher steckte in der Konsole, McDonald’s-Schachteln lagen auf dem Fußboden, ein Handy-Ladegerät hing im Zigarettenanzünder. Sie öffnete das Handschuhfach und das Ablagefach unter der Armlehne. Nichts Verdächtiges.
    Alex seufzte. Doch was hatte sie erwartet? Etwa ein paar leere Benzinkanister? Blutspuren auf dem Armaturenbrett? Der Mann war Polizist, und sie musste ihm schon ein bisschen Verstand zutrauen.
    Alex streckte eine Hand unter den Beifahrersitz und tastete nach einer glatten Metalloberfläche. Als sie fündig wurde, zog sie ein GPS-Gerät mit Magnetgehäuse aus der Tasche und versteckte es dort. Das Gerät war bewegungsempfindlich und würde sich immer dann einschalten, wenn der Wagen losfuhr. Das schonte die Batterien. Sie blickte zu der Fensterfront hinauf, die zur Straße zeigte. Höchste Zeit, sich aus dem Staub zu machen.
Sie glitt aus der Fahrerkabine, verschloss sorgfältig die Tür und ging zu dem geborgten Tahoe.
    Nun konnte sie ihn verfolgen. Sie wollte über jede seiner Bewegungen im Bilde sein. Laut Melanie war Craig Coghans Achillesferse seine Arroganz. Sie ließ ihn glauben, dass er mit allem durchkam. Sogar mit einem Mord.

4
    Nathan stand fast bis zu den Knien im Müll, als sein Handy zum zweiten Mal in zehn Minuten klingelte.
    »Das ist deins, Dev«, rief sein Partner aus der Mülltonne nebenan.
    Erneutes Klingeln.
    »Verdammter Mist«, brummte Nathan. Mit einem schnalzenden Geräusch riss er sich einen Gummihandschuh von der Hand. Dann fingerte er das Telefon aus der Hosentasche und blickte auf das Display. Alex. Zwei entgangene Anrufe.
    »Was ist los?«, fragte er barsch. Als Antwort erntete er Schweigen. »Alex?«
    »Nichts ist los. Es ist nur… Stör ich?«
    »Nein.«
    »Schlechte Laune?«
    Nathan sah zu den verfaulenden Speiseresten und anderen Ekligkeiten hinunter, die zwischen seinen Schuhen aus den Mülltüten quollen. »Ach was, ich spiel grad mit den Zehen im feinen Sand. Warum?«
    »Ich hab eine Spur entdeckt. Du weißt schon, die Sache von gestern Abend.« Alex fand offenbar, dass sie am Telefon mit ihm vorsichtig sein musste. »Ich dachte, wir könnten uns später treffen und unseren Informationsstand abgleichen.«

    Den Informationsstand abgleichen. Sie meinte also, Nathan hätte neue Informationen. Die hatte er aber nicht. Ein Raubüberfall auf ein Lebensmittelgeschäft hatte ihm den ganzen Vormittag durcheinandergewirbelt. Nachdem er sich stundenlang die Hacken abgelaufen hatte, war er auf diese ach-so-tolle Spur gestoßen:
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