Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Titel: Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)
Autoren: Steven Johnson
Vom Netzwerk:
kürzer. Diese Beschleunigung spiegelt nicht nur die Flut an neuen Produkten wider, sondern auch unsere immer größere Bereitschaft, die neuen Geräte auszuprobieren und in unseren Alltag zu integrieren. Immer schneller hintereinander rollen sie wie Wellen über uns hinweg, und wir paddeln ihnen entgegen wie Surfer auf dem Meer, um auch ja unter den Ersten zu sein. Die Geschichte des HDTV legt jedoch nahe, dass das nichtmit jeder neuen Technologie so ist. Wenn man die Zeitspanne misst, die vergeht, bis eine neue Technologie von der Idee bis zur Massenvermarktung reift, stellt man fest, dass dies bei HDTV exakt genauso lang gedauert hat wie beim Farbfernsehen vier Jahrzehnte zuvor. Zehn Jahre dauerte es, bis das Farbfernsehen sich allgemein durchgesetzt hatte, und zwei Generationen später war es mit HDTV nicht anders. Es ist beinahe gespenstisch, in welch monotonem Gleichtakt sich die wichtigsten Entwicklungen in der konsumentenorientierten One-to-many-Kommunikation im Verlauf des 20. Jahrhunderts durchgesetzt haben. Wir könnten es die 10/10-Regel nennen: Es dauert zehn Jahre, eine neue Plattform zu entwickeln, und weitere zehn, bis sie ein breites Publikum findet. Die Technik der Amplitudenmodulation, die erstmals Radioübertragungen ermöglichte, wurde im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts entwickelt. Der erste kommerzielle Sender nahm 1920 das Programm auf, aber es sollte noch bis in die späten 20er Jahre dauern, bis das Radio zur Standardausstattung in amerikanischen Haushalten gehörte. Sony begann 1969 mit der Entwicklung des ersten Videokassettenrekorders für Verbraucher, doch der erste Betamax – so der Name des damaligen Produkts – wurde erst sieben Jahre später ausgeliefert, und weite Verbreitung fanden die Geräte erst Mitte der Achtziger. Den Statistiken nach verdrängte der DVD-Player den Videorekorder erst 2006 aus den amerikanischen Haushalten – neun Jahre, nachdem die ersten Geräte auf den Markt gekommen waren. Dasselbe gilt für Mobiltelefone, PCs und GPS-Navigationsgeräte: Sie alle brauchten von der Einführung bis zum Durchbruch auf dem Markt etwa gleich lange.
    Vergleichen wir diese Geschichte nun mit der von Chad Hurley, Steve Chen und Jawed Karim, drei ehemaligen Mitarbeitern des Onlinebezahldienstes PayPal, die Anfang 2005 auf die Idee verfielen, das Netz könnte, was Video- und Sounddateien betrifft, einpaar Verbesserungen vertragen. Das World Wide Web war nicht für Videos gemacht, sondern fünfzehn Jahre zuvor als Plattform ins Leben gerufen worden, auf der Wissenschaftler Hypertext-Dokumente austauschen konnten. Im Lauf der Jahre hatte sich jedoch, dank neuer Videoformate wie QuickTime, Flash oder Windows Media Player, auch der eine oder andere Videoclip ins Netz verirrt. Die Techniken, mit denen man eigene Videos hochladen konnte, um sie mit anderen zu teilen, stellten den durchschnittlichen Nutzer jedoch vor schier unlösbare Probleme. Also bastelten Hurley, Chen und Karim eine Betaversion eines Dienstes, der diese Mängel beheben würde, kratzten ein Startkapital von weniger als zehn Millionen Dollar zusammen, stellten ein Dutzend Leute ein und riefen die Seite YouTube ins Leben, welche die Art der Videoveröffentlichung im Internet von Grund auf verändern sollte. Sechzehn Monate nach Gründung der Firma wurden pro Tag mehr als dreißig Millionen Videos über den Dienst gestreamt, und nach zwei Jahren gehörte YouTube zu den zehn meistbesuchten Seiten im Netz. In den Zeiten vor YouTube waren Videos im Netz in etwa so verbreitet wie Untertitel im Fernsehen. Das World Wide Web war für Textdokumente mit vielleicht ein paar angehängten Fotos oder Grafiken erdacht worden, aber YouTube machte Internetvideos zum Massenphänomen.
    Vergleichen wir nun, inwieweit diese beiden Innovationen – HDTV und YouTube – den Umgang mit der jeweiligen Plattform verändert haben. Der Unterschied zwischen analogem Fernsehen und HDTV ist eher quantitativer als qualitativer Art. HDTV hat mehr Pixel, der Ton klingt voller, und die Farben sind brillanter, aber die Menschen konsumieren HDTV auf exakt dieselbe Weise wie zuvor das altmodische analoge Fernsehen: Sie suchen sich einen Sender aus, lehnen sich zurück und gucken zu. YouTube hingegen hat die Regeln des Mediums auf den Kopf gestellt. Zum einenmachte es Videoschauen im Netz zu einem Massenphänomen, doch bietet der Dienst neben dem vom Fernsehen gewohnten Zusehen auch die Möglichkeit, eigene Clips hochzuladen, Videos anderer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher