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Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Titel: Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)
Autoren: Steven Johnson
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weiterführen – von der Maus über den Elefanten bis zur Großstadt.
    Noch interessanter jedoch waren die Zahlen, die
nicht
mit Kleibers Gesetz übereinstimmten. West und sein Team entdeckten in der immensen Menge gesammelter Daten nämlich ein weiteres Verteilungsgesetz: Alles, was mit Kreativität und Innovation zu tun hat, Patente und Forschungsetats etwa, schöpferische Berufe usw., folgte ebenfalls einem exakten mathematischen Verhältnis, aber mit einem fundamentalen Unterschied: Das Verhältnis der zum Bereich der Innovationen erhobenen Zahlen war nicht umgekehrt proportional, sondern überproportional. Eine zehnmal größere Stadt stellte sich nicht nur als zehnmal so innovativ heraus wie ihr kleinerer Nachbar, sie war siebzehnmal innovativer, eine Großstadt von der fünfzigfachen Größe gar 130-mal.
    Kleibers Gesetz besagt, dass biologisches Leben immer langsamer abläuft, je größer der Organismus ist. Wests Modell zeigt einen entscheidenden Unterschied zwischen biologischem Lebenund von Menschen erschaffenen Städten auf: je größer eine Stadt, desto kürzer die Zeitintervalle, in denen sie neue Ideen hervorbringt. Wir nennen dieses Phänomen »superlineare Skalierung«. Würde die Kreativität sich in einem Verhältnis von 1:1 mit der Größe einer Siedlung entwickeln, würde man in einer Stadt zwar auf mehr Patente und Erfindungen stoßen als in einem Dorf, aber die Anzahl der Patente und Erfindungen pro Kopf wäre die gleiche. Wests Statistik hingegen legt die provokative Schlussfolgerung nahe, dass der Durchschnittsbürger einer Fünfmillionenstadt fast dreimal kreativer ist als der Durchschnittseinwohner einer Stadt mit 100.000 Menschen. »Großstädte sind mehr als nur größere Städte«, schrieb die amerikanische Journalistin und Autorin Jane Jacobs vor beinahe fünfzig Jahren. Wests Studie verlieh Jacobs‘ Aussage eine mathematische Grundlage. Großstädte scheinen etwas zu haben, das ihre Einwohner innovativer macht als die Bürger kleinerer Städte. Was könnte das sein?
Die 10/10-Regel
    Die erste in Farbe ausgestrahlte Fernsehsendung war eine einstündige Übertragung der
Rose Parade
in Kalifornien am 1. Januar 1954 durch die NBC. In 22 Städten in ganz Amerika konnte das Programm empfangen werden. Für die wenigen, die das Glück hatten, die Sendung verfolgen zu können, ein faszinierendes Erlebnis. Die New York Times beschrieb das Ereignis in der für sie typischen Sprache als »einen wahren Hort an Farbe und Tiefe … So viel Farbinformation auf eine kleine unbewegte Fläche zu konzentrieren«, so die Times, sei »selbst für den talentiertesten Maler schwierig. Bei den sich ständig bewegenden Bildern jedoch war es die reinste Zauberei.« Doch leider erreichte die Übertragung der
Rose Parade
kein allzu breites Publikum, denn die Sendung konnte nur auf speziellen Prototypen in Vorführräumen der RCA verfolgt werden. Farbprogramme zur Hauptsendezeit wurden erst in den späten sechziger Jahren zum Standard, und einmal etabliert, sollte sich an diesem Standard die nächsten Jahrzehnte nichts mehr ändern. Mit der Einführung von Videorekordern und Kabelfernsehen in den späten 1970ern kamen zwar neue Verteilungswege hinzu, aber das Bild war immer noch das gleiche.
    Mitte der 80er kamen eine Handvoll einflussreicher Medien- und Industriemanager sowie ein paar visionäre Politiker auf die Idee, dass es an der Zeit sei, die technische Qualität von Fernsehübertragungen zu verbessern. Es wurden Reden gehalten, Ausschüsse gebildet und Prototypen gebaut, doch sollte es noch bis zum 23. Juli 1996 dauern, bis ein Tochtersender der CBS die ersten Programme in HDTV ausstrahlte. Aber wie schon zuvor bei der Rose Parade gab es im Handel noch keine Geräte, die solche »Zauberei« auf dem Bildschirm hätten darstellen können. 1
    Erst 1999 strahlten ein paar wenige Sender HDTV-Programme aus, und es dauerte noch weitere fünf Jahre, bis HD-Fernsehen größere Verbreitung fand. Selbst zehn Jahre später, als die Zulassungsbehörde für Kommunikationsgeräte in den USA am 12. Juni 2009 verfügte, dass ab sofort kein Sender mehr das alte analoge Signal ausstrahlen durfte, wurden über zehn Prozent aller Fernsehgeräte in den amerikanischen Haushalten schwarz. Die Erkenntnis, dass wir in einem Zeitalter der technologischen Beschleunigung leben, ist ein viel strapazierter Allgemeinplatz. Eine Innovation nach der anderen bricht über uns herein, und die zeitlichen Abstände dazwischen werden immer
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