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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld
Autoren: Matthias Sachau
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kennt, im selben Haus wohnen. Da trage ich doch gerne seine Steinboxen…
    »War das nicht letztes Jahr so ein Sommerhit?«
    »Well, You Needn’t? Nein, bestimmt nicht.«
    Wäre auch zu schön gewesen.
    »Weitertragen?«
    »Okay.«
    »Hrrrgn!«
     
    * * *
     
    »Wenn man Granitboxen geschleppt hat, ist alles andere auf einmal ganz leicht, nicht wahr?«
    »Yep.«
    »Die Kiste, die Sie da gerade tragen, ist zum Beispiel voller Schallplatten.«
    Was? Donnerwetter. Ich hatte jetzt wirklich gedacht, das wäre die Daunenbettwäsche oder die Luftballonsammlung. Umso besser. Eine Runde noch, dann ist Schluss.
    Während ich runtergehe, komme ich ins Grübeln. Haben wir überhaupt schon was hochgetragen, das nichts mit Hifi zu tun hatte? Eine Matratze, ein Stuhl, ein Tisch, zwei Kisten Klamotten, eine mit Küchenkram. Der Rest war alles Audiotechnik.
    Ich schnappe mir den letzten Karton. Oh, das ist jetzt aber wirklich die Luftballonsammlung.
    »Um Himmels willen, seien Sie bloß vorsichtig!«
    »Ah, Porzellan?«
    »Nein. Die Kabel!«
    »Aha, Kabel.«
    »ETI Quiessence Reference mit Hybrid-Bullet-Cinchsteckern. Kosten 7000 Euro pro Meter.«
    7000 Euro pro Meter. Nein, er will mich nicht verarschen. Dafür ist er nicht der Typ. Außer… Vielleicht ist er Profischauspieler und wir werden die ganze Zeit mit versteckter Kamera gefilmt?
    Fünf Minuten später sitze ich in seiner Wohnung auf der Matratze, lehne mich an die Wand und trinke das Glas Leitungswasser, das er mir gerade in die Hand gedrückt hat, auf ex.
    »Wollen wir du sagen? Ich bin der Ekkehart.«
    »Lukas.«
    »Prost!«
    Er ist schon wieder auf den Beinen.
    »So, dann will ich mich mal gleich um meine hübschen Kindchen hier kümmern.«
    Er beginnt vorsichtig wie ein Archäologe in einer Ausgrabungsstätte die Riesenkisten von den Luftpolsterfolienschichten zu befreien. Wenn das ein Versteckte-Kamera-Streich wäre, müsste dort jetzt ein Fernsehmoderator mit Mikrofon in der Hand herausgekrabbelt kommen.
    Es ist aber wirklich eine Hifi-Box. Komische Form. Wie ein gigantisches Horn. Und, tatsächlich, alles aus Stein. Ich gucke meine Arme an und will nicht glauben, dass sie noch vor wenigen Minuten dieses Ding hochgehievt haben. Ausgepackt sieht es nämlich eher aus, als ob man einen mittleren Gabelstapler dazu bräuchte. Und der muss dann auch noch gerade einen guten Tag haben. Man sollte die Luftpolsterfolie mit Helium füllen. Hey, gute Idee eigentlich…
    »Hilfst du mir mal kurz? Die Boxen müssen so stehen, dass der Hör-Ort genau auf der Mittelachse zwischen ihnen liegt.«
    Was für ein Pedant. Wir schieben die Monster so lange herum, bis sie exakt nach der Matratze ausgerichtet sind.
    »Und was ist, wenn du mal woanders als auf der Matratze Musik hören willst?«
    »Solange die Boxen so ausgerichtet sind, werde ich selbstverständlich nirgendwoanders als auf der Matratze Musik hören. Stereophonie funktioniert nur, wenn die geometrischen Bedingungen stimmen. So, jetzt noch die Hochtöner anbringen.«
    Ekkehart wendet sich ein paar anderen dick verpolsterten Kartons zu. Ich könnte jetzt eigentlich gehen, aber meine Beine wollen noch nicht.
    »Kann ich mir mal deine CDs angucken?«
    Ekkehart erstarrt mitten in der Bewegung und schaut hoch.
    »Ich habe keine CDs.«
    Was ist denn los mit ihm? Man könnte meinen, ich hätte nach Hardcore-Sadomaso-Pornos gefragt.
    »Ich lege Wert auf reinen, unverfälschten Klang. Das geht selbstverständlich nicht digital. Ich habe nur Schallplatten.«
    »Okay. Kann ich deine Schallplatten angucken?«
    »Ja, aber bitte vorsichtig.«
    Ich kauere mich vor den nächststehenden Plattenkarton.
    »Ah, nein, die bitte nicht anfassen. Das sind audiophile Kostbarkeiten ersten Ranges. Die zeige ich dir lieber selber mal in aller Ruhe.«
    Ich sollte jetzt wirklich gehen. Was mach ich eigentlich noch hier?
    »Hier, die kannst du dir anschauen. Sehr schöne Cover.«
    Sehr schöne Cover, aha. Ich öffne den Deckel und ziehe eine Platte aus der Mitte heraus, einfach um etwas zu tun. Im nächsten Moment erscheint ein güldenes Strahlen im Raum, und ich fühle, dass es keinen Ort auf der ganzen Welt gibt, an dem ich lieber wäre als hier.
    »W…«
    »Schöne Sammlung, oder? Hab ich von meinem Großonkel geerbt.«
    »Www…«
    »Der war nach dem Krieg dreißig Jahre in New York.«
    »Wahnsinn! Das ist Moanin’ von Art Blakey! Und zwar die Erstpressung!«
    »Ja, schönes Cover. Aufnahmetechnisch auch nicht schlecht, aber na ja, Hifi ist was
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