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Wir lassen sie verhungern

Wir lassen sie verhungern

Titel: Wir lassen sie verhungern
Autoren: Ziegler Jean
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»Grünen Goldes« und andere »Tigerhaie« zu verteidigen.
    Der Resolutionsentwurf beruht unmittelbar auf dem ausgearbeiteten Projekt einer Konvention zum Schutz der Rechte der Bauern, die von Via Campesina entworfen wurde:
    »In Anbetracht dessen, dass die neuerliche, viele Millionen Hektar verschlingende Zunahme des Land Grabbings eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, da es den einheimischen, indigenen Gemeinschaften von Bauern, Viehzüchtern, Jägern und Fischern ihre Produktionsmittel raubt, ihren Zugang zu den natürlichen Ressourcen einschränkt und ihnen die Freiheit nimmt, nach Wunsch zu produzieren, und da durch dieses Land Grabbing auch die Ungleichheit der Zugangsmöglichkeiten und der finanziellen Kontrolle zu Lasten der Frauen verschärft wird …
    In Anbetracht dessen, dass die Investoren und die Regierungen, die mit ihnen gemeinsame Sache machen, das Recht auf Nahrung der ländlichen Bevölkerungen bedrohen, dass sie sie zu chronischer Arbeitslosigkeit und Landflucht verurteilen, dass sie die Armut und die Konflikte verschärfen und zum Verlust der Kenntnisse und Fertigkeiten sowie der kulturellen Identitäten der Bauern beitragen …
    Appellieren wir an die nationalen Parlamente und Regierungen, dieses Land Grabbing, sofern es im Gang oder geplant ist, augenblicklich und überall zu beenden und den Opfern das geraubte Land zurückzugeben.« 295
    Die Aussicht, dieses neue Völkerrechtsinstrument könnte in Kraft treten, löst bei den westlichen Staaten Panik aus – vor allem bei den amerikanischen, französischen, deutschen, englischen Regierungen, die häufig in enger Verbindung zum Raubgesindel der Agrarspekulanten stehen. Denn eine von den beteiligten Staaten verhandelte, unterzeichnete und ratifizierte Völkerrechtskonvention wäre durchaus ein Mittel, den Dschungel des Freien Marktes ein wenig zu zähmen und zu zivilisieren!
    Zumal diese Konvention in ihrem Entwurf die Rechte der Bauern genau spezifiziert und die Signatarstaaten zwänge, die erforderlichen Gerichte zur Durchsetzung dieser Rechte zu schaffen.
    In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass der Menschenrechtsrat eine neue Rechtsprechung geschaffen hat. In Senegal, Mali, Guatemala, Bangladesch und andernorts in der südlichen Hemisphäre ist für einen Bauer der Versuch, gegen einen Geier des »Grünen Goldes« oder einen Spekulanten aus Paris, China oder Genf vor einem Gericht im eigenen Land zu klagen, oft zu riskant oder ganz einfach unmöglich.
    Die Unabhängigkeit der einheimischen Richter ist in vielen Fällen zweifelhaft und der Gegner übermächtig.
    Daher hat der Rat die »exterritoriale Verantwortung« der Staaten anerkannt. Wenn also Frankreich die Konvention zum Schutz der Rechte der Bauern unterzeichnen und ratifizieren würde, wäre es damit verantwortlich für das Verhalten von Bolloré, Vilgrain und anderen Marseiller Obstkonzernen auf beninischem, senegalesischem oder kamerunischem Boden …
    Die geschädigten afrikanischen Bauern und ihre Gewerkschaften könnten die französische Justiz anrufen.
    Angesichts so finsterer Aussichten ist nur zu verständlich, dass die westlichen Regierungen ihre letzten diplomatischen Ressourcen mobilisieren, um den von den Gewerkschaften und Bauern des Südens auf den Weg gebrachten und vom Beratungsausschuss für sie eingereichten Entwurf zu Fall zu bringen.
    Der Beratungsausschuss ist proportional zu den Erdteilen mit gewählten internationalen Fachleuten besetzt. Der Rat dagegen ist ein zwischenstaatliches Organ: Er umfasst die Vertreter von 47 Staaten. Der Rat kann Empfehlungen, die der Beratungsausschuss aufgesetzt hat, nur erörtern, wenn der Entwurf von einem Mitgliedsstaat [des Rates] eingebracht wird.
    Auf der XVI. Session des Rates, im März 2011, wurde die Resolution über den Entwurf einer Konvention zum Schutz der Rechte der Bauern von Rodolfo Reyes Rodríguez eingebracht, Vizepräsident des Rates und Kubas UN-Botschafter.
    Reyes Rodríguez ist ein glänzender Diplomat und nicht gerade schüchtern. In Angola hat er als Freiwilliger gegen das südafrikanische Expeditionskorps gekämpft und 1988 in der Entscheidungsschlacht bei Cuito Cuanavale ein Bein verloren.
    Doch die Obstruktion der westlichen Botschafter zwang ihn, die Resolution abzuändern.
    Zur Stunde ist noch ungewiss, welches Schicksal die neue Konvention zum Schutz und zur Justiziabilität der Rechte der Bauern erwartet.
    294 Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik.
    295 Appell von Dakar
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