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Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)

Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)

Titel: Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
Autoren: Chris P. Rolls , Karo Stein , Raik Thorstad , Nico Morleen , Isabel Shtar
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lachte der andere leise. Seine Stimme hatte ein warmes Timbre, das angenehm gewesen wäre, wenn Judas nicht gerade versucht gewesen wäre, im Boden zu versinken. Was war nur in ihn gefahren, ihn Deppen? Weil ihn keiner gekannt hatte? Weil er im Weihnachtsstress etwas durchgedreht war? Die verfluchte Welt war wirklich klein, elender Ärger. Wie oberpeinlich!
    „Oh, heilige Oberkacke!“, entfuhr es ihm.
    „Das ist jetzt aber nicht so brav“, griente Abel. „Wenn das der Weihnachtsmann wüsste ... oh, Moment mal! Er weiß es!“
    „Ach du Schande!“, krächzte Judas. „Du warst der Weihnachtsmann!“
    „Diese These ist korrekt“, bestätigte der Besuch in bester professoraler Manier.
    Judas presste sich die Hand auf den Mund. Wenn man vor Scham sterben könnte, dann würde er jetzt gleich den Beweis antreten. Sein Blut fühlte sich an, als habe jemand Brausepulver mit Zitronengeschmack hineingespritzt, ihm war leicht übel. Warum konnte er nur manchmal nicht einfach das Maul halten? Nun, jetzt konnte er. Und er krepierte auch nicht, diese Schmach würde ihm dauerhaft erhalten bleiben. Er Obertrottel, er elender, er.
    „Aber keine Angst“, flüsterte Abel. „Dein Geheimnis ist bei mir sicher. Großes Weihnachtsmann-Ehrenwort! Habe ich volles Verständnis dafür, war ich nur nicht wirklich drauf gefasst gewesen. Hätte dich für jünger gehalten.“  
    „Nun, bin ich aber nicht!“, erwiderte Judas mit der Biestigkeit der in die Ecke Getriebenen. „Und zum Ausgleich petze ich deiner Chefin auch nicht, dass du dich für diesen Budenzauber hergegeben hast! Aber falls du nicht meine Blamage meinen solltest, sondern den Umstand, dass ich schwul bin – meine Mutter weiß das und ist stolz wie Attila der Hunnenkönig über die Eroberung des Westens deswegen!“  
    „Hey, wie redest du denn von meiner Chefin? Muss ich jetzt Angst bekommen? Und das mit dem Schwulsein hat sie mir auch gesagt. Mehrfach. Bis ich auch geständig war“, beschwichtigte ihn Abel.
    Judas Augen klebten auf ihm. Er wünschte sich inständig mehr Licht. Gleichzeitig hatte er kurz Lust, seiner Mutter eine Szene hinzulegen. Sie hatte Abel nicht aus Mildtätigkeit hier angeschleift, sondern das getan, was wahrscheinlich jede Mutter seit der Steinzeit ihren Sprösslingen angetan hatte, egal ob emanzipiert oder nicht. Dagegen kam wohl auch sie nicht an. Wenn es nicht noch deutlich dubiosere Gründe geben sollte, die seinen Horizont arg überstiegen, war es ein klarer Fall: Sie versuchte ihn zu verkuppeln.
    Mit dem Weihnachtsmann!
     
    ***
     
    „Noch Tofu?“, wurde er liebenswürdig gefragt.
    „Nein danke, Mama“, erwiderte nicht weniger freundlich. Bei Gans wäre es etwas anderes gewesen. Aber noch mehr Tofu und er würde sich in etwas mit mehreren Mägen und einem Heiligenschein verwandeln.
    „Einfach köstlich!“, lobte Abel und wischte sich das Gesicht mit der schön bestickten Stoffserviette, die seine Mutter irgendwelchen mittelamerikanischen Indianern abgekauft hatte, die für so ein Fair-Trade-Projekt tätig waren. Der war aber höflich ... oder ein Schleimer, je nachdem, wie man das sehen wollte.
    Am Esstisch hatte Judas endlich Gelegenheit gehabt, den anderen ausgiebig zu mustern. Selbstbetrug war hier wirklich nicht nötig. Der Kerl war der Knaller. Ärgerlicherweise. Oder auch nicht.
    Aber in jedem Falle besser als der Tofu, den seine Mutter ihm abgesehen von Abel gleichfalls serviert hatte. Gekocht und geliefert worden war das Menü von irgendeiner Behindertenwerkstatt oder einem Eso-Verein mit den besten Absichten und ohne religiösen Anspruch – seine Mutter rührte ja aus Prinzip keinen Kochlöffel an.
    Nein, der andere war wirklich zum Anbeißen, verflucht nah an seinen geheimsten Tagträumen. Kein überirdisch schönes Model, doch die Figur hielt, was sie im Halbdunkel versprochen hatte - und dann diese Augen, dieser lachende Mund und die dunkelbraunen Strähnen, die lässig hinter die Ohren geklemmt waren…
    Da fehlten wirklich nur noch die Schleife und das Schildchen: „Für Judas vom Weihnachtsmann alias Mutti“.
    Der Nachtisch war deutlich erfreulicher als das Hauptgericht. Baumkuchen. Der tröstete über so einiges hinweg.
    Die Unterhaltung drehte sich um Uni-Klatsch und wäre eigentlich recht entspannt und heiter gewesen – wenn Judas nicht sein Auftritt in der Buchhandlung deutlich schwerer als das Essen im Magen gelegen hätte - und diese Nervosität, die ihn bei Abels Anblick überfiel. Er fand ihn
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