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Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)

Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)

Titel: Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
Autoren: Chris P. Rolls , Karo Stein , Raik Thorstad , Nico Morleen , Isabel Shtar
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schlimm genug, dass sie einen Autounfall hatte und in mühsamen Reha-Maßnahmen das Laufen neu erlernen muss. Sie fehlt uns – menschlich und fachlich – und ich bin es leid, dass die Stammkunden dauernd nach ihr schreien, statt ihr gute Besserung ausrichten zu lassen.
    Zweitens habe ich keine Zeit. Die Luft in unserem sonst so gemütlichen Laden ist stickig. Es riecht nach nassem Schnee und verschwitzten Kunden. Rund dreißig davon warten mehr oder minder hilflos darauf, bedient zu werden. Ein weiteres Dutzend möchte bezahlen und ihre Eroberungen vermutlich samt und sonders als Geschenk verpacken lassen. Hübsch und gefällig natürlich. Nicht schief und krumm und mit einem Trauerfall von einer Schleife oben drauf.
    Hinten im verwaisten Pausenraum stapeln sich Lieferungen vom Morgen, derer sich bisher niemand annehmen konnte. Das bunte Geschenkpapier für Kinder ist fast aufgebracht. Irgendein Vollidiot hat mit der Ecke für Neuerscheinungen Boccia gespielt und seitdem sieht es dort aus wie Kraut und Rüben.
    Von der Kleinigkeit, dass noch keiner von uns heute eine Pause gemacht hat, will ich gar nicht erst reden. Danach fragt niemand. Natürlich stehen uns Pausen zu. Natürlich ist so etwas gesetzlich geregelt, und nein, mein Chef ist kein Sklaventreiber. Aber wir haben keine Zeit.  
    Schon mal einem Kunden erklärt, dass er bitte warten möchte, weil man seit dem Frühstück nichts getrunken hat und kurz davor ist, in die Knie zu sacken? „Service-Wüste Deutschland“ ist noch das mildeste Urteil, was man zu erwarten hat.
    Der dritte Grund, warum ich Frau Birnbach nicht folge und anflehe, wieder lieb mit mir zu sein, ist die Tatsache, dass ich nicht mehr kann.
    Seit acht Wochen steppt bei uns der Bär. Seit vier Wochen kursiert unter den Angestellten die Grippe. Da keiner von uns wagt, sich krankzumelden, macht die Seuche fröhlich die Runde. Meine Knochen fühlen sich an, als hätte sie jemand mit Blei ummantelt. Ich habe Halsschmerzen. Meine Stimme ist weg, mein Kopf explodiert und ohne meine morgendliche Dosis Aspirin hätte ich Fieber.
    Ich weiß jetzt schon, wie der morgige Tag verlaufen wird. Ich werde nach Ladenschluss meine Familie anrufen und mitteilen, dass ich auf keinen Fall 300 Kilometer Zugfahrt aushalten kann. Stattdessen werde ich die Feiertage mit Schüttelfrost unter der Bettdecke verbringen. Allein. Mein Körper wird mir endgültig die Rote Karte zeigen und ich werde mich vom Angebot der Tankstelle gegenüber ernähren.  
    Himmel, ich kann nicht mehr.
    Frohe Weihnachten.
    Die Minuten rinnen viel zu langsam unter meinen mit Geschäftsaufklebern bewehrten Handrücken weg. Aber ich sage mir, dass jede verstreichende Sekunde eine Sekunde ist, die ich nicht mehr bewältigen muss.
    Der Strom der Kunden ist unendlich. Die Freundlichkeit unserer Besucher nimmt mit Fortschreiten des Nachmittags ab. Man wird aggressiv. Zwei Mittdreißigerinnen kämpfen zähnefletschend um das letzte Exemplar von Terry Pratchetts „Mitternachtskleid“. Die beiden sind hübsch. Wäre ich heterosexuell, würde es mich nach einem Planschbecken, engen Bikinis und Sauerkraut gelüsten. So frage ich mich nur, ob es nett wäre, den Ladys zu verraten, dass wir noch ein Dutzend Exemplare im Lager haben.
    Der Gedanke verschwindet ins Nirgendwo, als eine vertraute Gestalt das Geschäft betritt. Keine in Schneejacken gehüllten Horden von Kunden können verhindern, dass ich ihn bemerke. Wenn er auftaucht, werde ich zum Trüffelschwein: Ich rieche meine Beute, egal wie tief sie vergraben ist.
    Meine Güte, ich muss Fieber haben. Habe ich mich gerade als Trüffelschwein bezeichnet?
    Wie dem auch sei: Dirkist eine optische Kreuzung aus römischem Gladiator und finnischem Elchzüchternachwuchs. Er sieht aus, als könne er zupacken, hat ein geradezu aristokratisches Gesicht – alter Adel, keine inzestuöse Neuzeit-Aristokratie – und besitzt diese unglaublich blauen, stechenden Augen, die mich an Schlittenrennen und Huskys erinnern. Wir reden hier nicht von strahlenden, meerblauen „Seelenspiegeln“ aus einem Liebesroman, sondern von okularen Eispickeln, die ungefragt seine Initialen in meine Gehirnwand hacken.  
    Ich freue mich jedes Mal, wenn Dirk vorbeikommt. Einzig mit einer spaßigen Bemerkung und einem Lächeln kann er mir einen anstrengenden Arbeitstag versüßen. Noch mehr freue ich mich, wenn er geht. Denn wenn seine Augen bemerkenswert sind, ist sein Hintern im wahrsten Sinne des Wortes zum Niederknien. Dass er zu
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