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Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi

Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi

Titel: Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
Autoren: Rita Falk
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mag.«
    Und offensichtlich mag sie nicht. Stattdessen schaut sie eine Frauenzeitschrift an, mit unglaublich dürren Weibern und unglaublich hässlichen Frisuren. Ich helf der Oma dann in der Küche, und der Papa und der Leopold reden derweil über die Buchhandlung.
     
    Danach gibt’s Kaffee und einen Stollen von der Oma, und die Rosinen darin waren vorher monatelang im Vogelbeerschnaps geschwommen. Der Leopold hat ein Geschenk für die Oma und den Papa dabei, für mich keins, wie jedes Jahr. Die Oma kriegt eine neue Schürze mitsamt Topflappen, wie jedes Jahr. Und der Papa einen brandneuen Beatlesbildband mit ungefähr einer Million bisher unveröffentlichten Hochglanzfotos. Der Papa umarmt den Leopold mit Tränen in den Augen und der Leopold präsentiert mir papa-hinterrücks den Mittelfinger. Dann sagt er: »Lass uns doch zum Kaffee ein bisschen Beatles hören, Papa. Na, was meinst?«
    Ich krieg gleich das Kotzen. Dann müssen wir bei Kaffee und Stollen und Beatles dem Leopold zuschauen, wie er auf der Couch sitzt mit dem Arm um die Roxana und der Hand auf ihrem Busen. Und wir müssen zuhören, wie er von seiner blöden Buchhandlung erzählt. Von irgendwelchen Schriftstellern, die mordswichtig sind und bei ihm ein- undausgehen. Und von irgendwelchen Bestsellern, die seine Kasse ordentlich klingeln lassen.
    »Sag einmal, Franz, wann hast du eigentlich das letzte Mal ein wirklich gutes Buch gelesen? Also, ›Fix und Foxi‹ nicht mitgerechnet?«, fragt er mich plötzlich mit provokantem Unterton.
    »›Asterix und Obelix‹?«, frag ich zurück.
    Er schüttelt den Kopf.
    Verdammt!
    »Lassen wir das«, sagt der Papa.
    »Ja, jeder tut, was er kann, nicht wahr?«, sagt der Leopold. Und dass seine Roxana überhaupt nix mehr tun muss, sagt er. Weil die schon genug mitgemacht hat. So nach dem Motto: in Rumänien hat sie gelitten, jetzt lebt sie gut – dank ihrer Titten. Der Papa ist so stolz auf ihn und die Oma kann Gott sei Dank nichts davon hören.
     
    Nach einer Weile fragt mich der Leopold, was denn bei mir so läuft. So jobmäßig.
    »Gibt’s denn da überhaupt was zu tun in dem Kaff? Weil: so viel Verbrechen wird’s ja da nicht geben, oder?«
    Dabei grinst er dümmlich und knetet den Busen von Miss Romania.
    Er hasst mich, seit ich auf der Welt bin. Weil ich nämlich Schuld hab am Tod von der Mama, sagt er. Weil die halt gleich nach meiner Geburt gestorben ist. Irgendwie haben unsere Blutgruppen und Rhesusfaktoren nicht zusammengepasst, was weiß ich. Jedenfalls ist sie gestorben und ich bin schuld. Ich hab noch in die Windeln geschissen, da hat er mir schon gesagt, dass ich ein Versager bin. Er hat gesagt, mein ganzes Leben wär ein einziger Fehler und den ersten hätt ich schon bei der Geburt gemacht. Weil ich noch nicht mal auf die Welt kommen kann wie ein anständigerMensch, hat er gesagt. Der Leopold ist halt ein Arschloch. Aber das hab ich erst viel später begriffen. Und es ist traurig, wenn man das über seinen Bruder sagen muss. Aber so ist es halt. Er ist ein mieser Langweiler mit dem Hang zum Hinterfotzigen. Drum ist ihm auch seine erste Frau davon. Und jetzt hat er die kleine Rumänenschlampe am Hals, die mir schon bei ihrer eigenen Hochzeitsfeier an die Hose wollte. Und ich möchte wirklich gern wissen, ob er die aus dem Puff oder aus der Zeitung hat. Er sagt ja, er hätt sie in der Buchhandlung kennengelernt. Was die wohl für ein Buch gekauft hat? Vermutlich so was wie ›Wie angele ich mir einen Buchhändler mit viel Geld und wenig Hirn‹, oder ›Raus aus dem Puff und rein in den Muff‹, oder höchstens noch ›Tausendundeine Idee für künstliche Fingernägel‹. Jedenfalls liebt der Läobold die Rumänen-Roxy und sie verarscht ihn halt. Was wiederum ein eher feiner Zug an ihr ist.
     
    Dann, wo die Oma ins Bett geht, hören wir im Bayerischen Rundfunk die ›Heilige Nacht‹ vom Ludwig Thoma an. Die Roxana nicht, sie hat derweil einen Kopfhörer auf und feilt sich die künstlichen Nägel. Sie schaut eben lieber Fernsehen. Am liebsten Sendungen, wo frustrierte Ehefrauen kreuzdummer Männer vertauscht werden oder wo ein Zwitterding zwischen Klosterfrau und Sado-Maso-Domina irgendwelchen Kindern von Gratlerfamilien auf der stillen Treppe Zucht und Ordnung beibringt. Sozialpornos halt. Jedenfalls kann ich dann beim Radiohören den Leopold ganz exakt beobachten. Und er macht praktisch alles genauso wie der Papa. Wenn der Papa beim Zuhören lächelt, huscht auch dem Leopold ein Grinser übers
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