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Winterherzen

Winterherzen

Titel: Winterherzen
Autoren: Howard Linda
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zu kreuzen, als er den Blick von ihren Füßen in blauen Socken bis zu ihrem Gesicht hinaufgleiten ließ, das keine Spur von Make-up aufwies.
    „Lass mich rein“, forderte er sie auf.
    Sie trat zurück und öffnete die Tür, und er betrat an ihr vorbei das Haus. „Setz dich“, lud sie ihn ein. Er nahm auf dem Sofa und sie ihm gegenüber in einem Polstersessel Platz.
    Rome war überrascht von ihrem Äußeren. Es fiel ihm schwer, diese neue Seite an ihr einzuordnen. Er hatte erwartet, sie in Pumps und vornehmer Seide, mit kühler, abweisender Miene anzutreffen. Stattdessen wirkte sie sehr jung, sehr entspannt und sehr sexy in den bequemen alten Kleidungsstücken. Ihre anmutige Gestalt gestattete ihr, sogar ein altes T-Shirt mit lässiger Eleganz zu tragen. Er wusste, dass sie und Diane gleichaltrig gewesen waren. Demnach musste sie dreiunddreißig sein, aber ihr ungeschminktes Gesicht wies eine Frische auf, die sie um zehn Jahre jünger wirken ließ. Die zurückhaltende Pose, die er erwartet hatte, war verschwunden. Genussvoll ließ er den Blick auf ihren Brüsten verweilen und bemerkte zu seiner Überraschung, dass ihre Wangen erglühten.
    „Es tut mir leid wegen gestern Abend“, begann er unvermittelt. „Zumindest tut mir leid, was ich gesagt habe. Es tut mir nicht leid, dass ich dich geküsst habe, oder dass ich beinahe mit dir geschlafen hätte.“
    Sarah wandte verlegen den Blick ab. „Ich verstehe. Wir waren beide …“
    „Aufgeregt. Ich weiß.“ Er schenkte ihr ein kleines schiefes Lächeln. „Aber aufgeregt oder nicht, ich habe dich ein zweites Mal geküsst, weil ich es wollte. Ich möchte dich gern öfter sehen, mit dir ausgehen, wenn du mir verzeihen kannst, was ich gesagt habe.“
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Einerseits wollte sie jede Gelegenheit beim Schopf ergreifen, um mit ihm zusammen zu sein, doch andererseits fürchtete sie, verletzt zu werden. „Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist“, meinte sie schließlich. „Diane … ich würde immer an Diane denken.“
    „Und ich ebenfalls. Aber das Leben geht weiter.“ Aufgewühlt strich er sich die Locke zurück, die ihm stets in die Stirn fiel. „Himmel, ich weiß auch nicht“, sprudelte es verwirrt aus ihm hervor, „aber gestern Abend konnte ich zum ersten Mal über sie reden. Du hast sie gekannt, und du verstehst es. Bitte, Sarah, du warst Dianes Freundin. Sei jetzt meine Freundin.“
    Sie rang nach Atem. Welche Ironie des Schicksals, dass der Mann, den sie seit Jahren liebte, um ihre Freundschaft bat, weil er mit ihr über seine verstorbene Frau reden konnte! Zum ersten Mal grollte sie Diane wegen der Macht, die sie noch über den Tod hinaus über ihn besaß. Aber wie konnte Sarah ihm unter seinem verzweifelten Blick etwas abschlagen? Die Wahrheit war, dass sie ihm gar nichts verweigern konnte. „Also gut“, flüsterte sie.
    Er schloss die Augen vor Erleichterung. Es war ihm sehr wichtig, dass sie ihn nicht zurückwies. Sie stellte seine letzte Verbindung zu Diane dar, und am vergangenen Abend hatte er endlich das Eis gebrochen und festgestellt, dass sie keineswegs kalt war. Er beabsichtigte, es erneut zu tun. Die Vorstellung, ihre Leidenschaftzu entfesseln, beschleunigte seinen Atem und ließ das Blut in seinen Lenden pochen.
    Um sich von seinem Verlangen abzulenken, blickte er sich in der Wohnung um. Erneut war er überrascht. Es gab kein Glas und kein Chrom, nur behagliche Materialien und beruhigende Farben. Die Möbel wirkten stabil, bequem und einladend auf einen müden Geist. Er hätte sich gern auf dem Sofa ausgestreckt und sich ein Baseballspiel im Fernsehen angesehen, mit salzigem Popcorn und eiskaltem Bier. So behaglich wirkte der Raum. „Mir gefällt dieses Zimmer“, bemerkte er.
    Nervös blickte Sarah sich um. Ihr wurde bewusst, wie viel dieses private Reich, das sie sich erschaffen hatte, von ihrer wahren Persönlichkeit verriet. Dieses Heim vermittelte ihr die Wärme und Behaglichkeit, die sie ihr Leben lang ersehnt und vermisst hatte. Sie war in einem makellos und teuer eingerichteten, aber kalten und lieblosen Elternhaus aufgewachsen und ihm schon als Kind so oft wie möglich entflohen. Ihre Eltern, verbittert über die lieblose Ehe, hatten dem Kind keine Wärme schenken können, das zwar unschuldig, aber dennoch die Kette war, die sie aneinanderfesselte. Als sie sich schließlich hatten scheiden lassen, sobald Sarah ins College gegangen war, hatte das für alle drei eine Erleichterung
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