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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen
Autoren: Juergen Kehrer
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sind Sie damals nach Disselburg gekommen?«
    »Zu Fuß.«
    »Aus welcher Stadt?«
    »Das weiß ich nicht.« Die Antwort kam ein wenig zu schnell.
    »Und als Sie aus dem Schlosskeller geflüchtet sind, wohin sind Sie da gegangen?«
    »Ich bin einfach abgehauen.«
    »In welche Richtung?«
    »Kann ich nicht mehr sagen.«
    »Würden Sie den Platz im Schlosspark wiederfinden, auf dem Sie campiert haben?«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Oder den Kellerraum erkennen, in dem Sie eingeschlossen waren?«
    »Was soll das?«, beschwerte sich Klarholz. »Das ist doch alles schon so lange her. Wie soll ich da noch wissen, wie der Raum aussah?«
    »Sie haben ihn doch konkret beschrieben.« Anke blieb unerbittlich. »Eine andere Frage: Sie haben erzählt, dass Ihnen die Jugendlichen Essen gebracht haben.«
    »Stimmt«, sagte Klarholz.
    »Was war das, zum Beispiel?«
    »Herr Kommissar«, der Landstreicher wandte sich Hilfe suchend an Stürzenbecher, »muss ich die ganzen Fragen beantworten?«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Frau Schwelm?«, fragte Stürzenbecher.
    »Ich will darauf hinaus, Herr Hauptkommissar «, Anke hob ihre Stimme, »dass dieser Mann vor dem heutigen Tag noch nie in Disselburg war. Er hat die ganze Geschichte erfunden, weil er glaubte, damit schnell mal hundert Mark verdienen zu können. Vor Gericht gehen Sie mit Ihrem Zeugen sang- und klanglos baden.«
    Stürzenbecher fixierte den kleinen Mann, der vor unseren Augen noch weiter schrumpfte. »Was sagen Sie dazu, Herr Klarholz?«
    Der dumpfe Geruch, den der Landstreicher verbreitete, wurde eine Note beißender. »Also, so ganz stimmt das nicht, Herr Kommissar.«
    »Was stimmt nicht?«, grollte Stürzenbecher.
    »Also, der Atze, eigentlich hieß er ja Richard, Richard Vogelbauer, der war ein echter Kumpel von mir. Wir sind uns jahrelang dauernd über den Weg gelaufen.«
    Stürzenbecher stöhnte. »Ihre Freunde interessieren uns jetzt nicht.«
    »Aber, Herr Kommissar, dem Atze ist das echt passiert, der hat fast jeden Abend davon geredet. Ich kannte die Geschichte schon auswendig.«
    »Sie meinen, die Geschichte, die Sie uns erzählt haben, haben Sie nicht selbst erlebt, sondern Sie haben nur wiedergegeben, was Sie von einem gewissen Richard Vogelbauer, genannt Atze, gehört haben?«
    »Genau.« Klarholz strahlte.
    »Und wo finde ich den Herrn Vogelbauer?«
    Das Strahlen verschwand. »Zwei Meter unter der Erde. Der ist vor drei Jahren gestorben. Die Leber ist ihm ausgelaufen, da war nix zu machen.«
    Stürzenbecher schwieg. »Gut, Herr Klarholz, warten Sie bitte unten!«
    »Und was ist mit den hundert Mark?«
    »Darüber reden wir später.«
    »Aber ...«
    »Raus!« Stürzenbecher brüllte nicht, aber der Effekt war ähnlich.
    Als Klarholz mit seinem Begleiter verschwunden war, sagte Anke: »Können wir unsere kleine Unterredung jetzt als beendet ansehen?«
    »Nicht ganz, Frau Schwelm.« Stürzenbecher hatte sich wieder gefangen. »Ihr Kreuzverhör war überaus beeindruckend. Aber es hat einen kleinen Haken.«
    »Und welchen?«, fragte Anke spöttisch.
    »Sie waren deswegen so überzeugend, weil Sie wussten, dass Klarholz nicht der richtige Mann ist.«
    »Bitte?«
    »Ja. Sie haben sofort erkannt, dass es sich nicht um Vogelbauer handelt. Und das konnten Sie nur, weil Sie damals dabei waren. Sie waren das Mädchen, Frau Schwelm, Alex van Luyden und Max Mehring die beiden Jungen.«
    Anke lachte gekünstelt. »Eine schwindelerregende Logik, Herr Hauptkommissar. Ich fürchte, damit werden Sie nicht weit kommen.«
    Stürzenbecher lächelte. »Wenn der Landstreicher unser einziger Trumpf wäre, hätten Sie vermutlich recht.«
    Das war mein Zeichen.
    »Es gibt da nämlich noch etwas«, sagte ich. »Max Mehring hat einen Bericht hinterlassen, in dem er die damaligen Ereignisse schildert.« Ich zog das Manuskript aus der Jackentasche. »Seine Darstellung deckt sich auffallend mit dem, was wir eben, wenn auch nur aus zweiter Hand, gehört haben. Und sie geht noch einen Schritt weiter. Mehring beschreibt, wie es zu der Tötung von Meinolf Zwölf kam.« Eine zulässige Lüge, wie ich fand.
    Anke streckte ihre Hand aus. »Darf ich den Bericht mal sehen?«
    »Nein«, sagte Stürzenbecher.
    Ihre Augen blitzten wütend. »Zu dumm, dass Ihre sämtlichen Zeugen tot sind. Hörensagen gilt vor Gericht nicht als Beweis, oder irre ich mich da?«
    »Anke«, sagte Alex. Es war das erste Wort, das seit langer Zeit über seine Lippen kam. Es klang müde und deprimiert.
    Die Grafentochter wirkte
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