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Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)

Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)

Titel: Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)
Autoren: Dori Jones
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sich in diesen Wäldern Verstecke gesucht und seine Überfälle geplant hat! Eine mitreißende Vorstellung, die mich regelrecht beflügelte, nach versteckten Höhleneingängen und geschützten Waldlichtungen zu suchen.
    Oft habe ich mich gefragt, ob der Schinderhannes möglicherweise einen treuen Freund und Begleiter wie mich gehabt hatte. Was für ein abenteuerliches Leben musste das gewesen sein. Doch dann kam mir in den Sinn, was die Franzosen wohl mit dem Hund des Räubers gemacht hätten, nachdem sie den Schinderhannes und zwanzig seiner Komplizen auf dem Schafott hingerichtet hatten.
    Die ganze Hinrichtung hatte keine 30 Minuten gedauert. Ich spürte es, mein Körper wurde von grobschlächtigen Händen auf die Wippe geschnallt, mein Kopf brutal in den Halskragen gepresst, über mir drohte das Fallbeil, tropfend vom Blut meiner Vorgänger ... und wenn ich dann wieder aus meinen Vorstellung heraus riss, war ich jedes Mal froh, dass Tanner mein Chef ist, und nicht dieser unglückselige Bandit!
    Übrigens habe ich den Schinderhannes schon einmal getroffen. Das war vor einigen Jahren bei einer Ausstellung im Landesmuseum in Trier. Tanner war seinerzeit mit einigen seiner Kollegen von Professor Halbhuber, einem kleinen, überaus nervösen, doch liebenswerten Mann, zu einer Art Fachvernissage eingeladen worden. Großzügigerweise hatte der Professor gestattet, dass ich meinen Herrn begleiten durfte. Es gab Sekt und Schnittchen, und einige der anwesenden Archäologen hatten ein Herz für junge Hunde. Insbesondere die Damen fanden mich überaus putzig, ja sogar süß, so dass ich mir keinerlei Sorgen um mein leibliches Wohl machen musste.
    Das Büffet war delikat, doch die Ausstellung, war mir suspekt! Es ging um Menschenopfer, hochnotpeinliche Strafgerichte und Hinrichtungen. Mir war nicht klar, wie man solche Gräueltaten in Vitrinen ausstellen konnte. Merkwürdige Sitte, dachte ich damals, aber ich war noch jung, und verstand die Zweibeiner nicht so gut wie heute.
    Und dann stand er vor mir. Der Schinderhannes. Oder zumindest das, was noch von ihm übrig war. Sein Skelett lag in einem der vielen Glasschaukästen. Der Professor wies wortreich auf die durchtrennten Halswirbel hin, und ich musste an das denken, was ich von Anny erfahren hatte.
    Heute bereue ich es, aber seinerzeit ärgerte mich diese Respektlosigkeit maßlos. Mir platzte der Kragen, und so lief ich zur nächsten Schautafel, hob mein Bein, um meine Ablehnung zu dokumentieren. Doch irgendwie hatte das keiner so richtig mitbekommen, also setzte ich noch einen Haufen nebenan.
    Das zog! Ein Aufschrei ging durch die Menge. Zu meiner Verblüffung reagierten die Leute völlig unterschiedlich auf die von mir geschaffenen Fakten. Die einen waren empört, die anderen lachten sich schlapp. Halbhuber, der seinen Vortrag unterbrechen musste, schaute verblüfft, aber keineswegs verärgert. Er schaltete schnell, und erzählte eine lustige Anekdote in der es um Koprolithen ging (das ist versteinertes Kaka, aber das lernte ich erst sehr viel später). Noch größeres Gelächter war die Folge, bei denen die Spaß verstanden. Die humorlose Fraktion verzog dabei keine Miene.
    Normalerweise hätte Tanner sich köstlich amüsiert, doch da ich zu ihm gehörte, fand er die Sache eher peinlich. Und das sollte Folgen haben, denn mein Gebieter ist nicht nur nachtragend, sondern hat auch ein Gedächtnis wie ein Elefant. Seit diesem Vorfall habe ich kein Museum mehr von innen gesehen!
    Doch genug davon. Basko und ich liefen noch eine ganze Weile zufrieden nebeneinander her. Als wir an die Wegbiegung kamen, die rechterhand zum Sportplatz führt, entschieden wir uns nach links zu gehen, noch einmal ein Stückchen in den Wald hinein. Wir hatten Zeit. Vor 16 Uhr war mit Tanner nicht zu rechnen, und Natascha bekam sowieso nichts mit, wenn sie malte.
    Gelegenheit also, über die Leiche in der Grube zu sprechen.
    „Was hältst du eigentlich von dem gestrigen Vorfall?“, fragte ich meinen zottigen Freund.
    „Ich bin immer noch schockiert, dass in unserem Dorf eine Leiche gefunden wurde! Hier geht es gewöhnlich ruhig zu, da ist man einfach keine Aufregung gewöhnt!“
    Basko zuckte mit den Lefzen. „Klar, man hört jeden Tag im Radio oder Fernsehen von Mord und Totschlag, aber es war für mich absolut undenkbar, dass so etwas bei uns passieren könnte.“
    „Halte mich nicht für verrückt“, entgegnete ich. „Aber seit gestern Abend werde ich das Gefühl nicht mehr los, das es nicht
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