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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz
Autoren: Elizabeth Lowell
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lebhaft aus und hatte ihn kaum vier Kilometer getragen, als er am ganzen Körper zitterte.
    Während der ersten Stunden blickte sich Janna in kurzen Abständen um und sah nach Ty. Je weiter sie gingen, desto tiefer sank sein Oberkörper über Zebras Hals. Sie lief unbeirrt weiter. Sie musste ihn in Sicherheit bringen. Das Tal war die einzige Möglichkeit.
    In dicken Tropfen prasselte der kalte Regen auf sie nieder. Hinter den Wolken versank langsam die Sonne, nur zu erkennen am schwächer werdenden Tageslicht. Nach Sonnenuntergang frischte der Wind auf und vertrieb das Gewitter. Es fielen nur noch kurze, heftige Schauer. Der Wind fegte die Wolken über den Himmel. Zwischen den größer werdenden Lücken erschien ein leuchtender Halbmond. Dann schob sich wieder eine Wolke davor.
    Zitternd, müde und besorgt, wie lange Ty mit seinen Schmerzen noch durchhielt, zwang sich Janna zum Weitergehen. Mehr konnte sie für ihn nicht tun. Trotz ihrer eigenen Erschöpfung rasch voranschreitend, orientierte sie sich an den vertrauten Umrissen der Bergkuppen und Tafelberge, die sich in den dunklen Nachthimmel erhoben. Der Mond hatte bereits die Hälfte seiner Bahn zurückgelegt, als sie stehen blieb und die gezackten Umrisse des Hochplateaus vor sich betrachtete, an deren nordöstlicher Flanke sie stundenlang und auf Umwegen durch die Dunkelheit gewandert war.
    In der lang gestreckten Ebene glitzerten die Bäche und Rinnsale, durch die nach dem Gewitterregen das Wasser vom Black Plateau abfloss. 'Ein Teil dieses Abflussnetzes war der Bach, der ihren geheimen Canyon durchzog. Sie hoffte, er führte genügend Wasser, um ihre Spuren wegzuspülen, würde aber nicht zu hoch angeschwollen sein, so dass sie ohne Gefahr den engen Durchgang benutzen konnten. Es war nur eine Hoffnung. Gewissheit hatten sie erst, wenn sie da waren. Alles hing davon ab, wie viel Regen auf dieser Seite des Black Plateau gefallen war.
    Bis jetzt hatte Janna sich kaum bemüht, keine Spuren zu hinterlassen. Die heftigen Regenschauer würden über weite Strecken alle Abdrücke vernichtet haben. Niemand konnte wissen, wohin sie gegangen waren. Jetzt lag das geheime Tal nur noch acht Kilometer entfernt. Sie musste unter allen Umständen verhindern, dass ein umherstreifender Indianer aus Cascabels Bande auf ihre Spuren traf und ihnen durch den engen Spalt, den das Wasser vor Urzeiten geschaffen hatte, in das Innere des Black Plateau folgte.
    Entschlossen wandte sich Janna zum nächsten Wasserlauf und watete hinein. Zebra sah zu. Dann trat das Pferd ruhig hinter sie, blieb aber am Ufer. Sie watete weiter. Die Stute folgte ihr, die Hufe auf dem Trockenen. Schließlich kehrte Janna zum Pferd zurück.
    ..Ty?“
    Einen Augenblick lang stockte ihr Herz. Sie hastete vorwärts. Er war über Zebras Hals zusammengesunken, die Hände in der Mähne verkrampft. Er sah aus, als würde er schlafen.
    „Ty?“ Sie fasste ihn am Arm. „Zebra muss durch das Wasser gehen. “
    Langsam richtete er sich auf. Sie blickte besorgt zu ihm hoch. Er sackte erneut zusammen. Er würde das Wildpferd nicht lenken können. Auch Janna würde dies nicht gelingen. Sie hatte Zebra nie ein Seil angelegt. Die Stute würde nicht begreifen, was von ihr erwartet wurde.
    „Ich hoffe, zwei Reiter machen dir nichts aus“, sagte Janna zu Zebra. „Bleib ruhig stehen, Mädchen. Du wirst eine schwere Last tragen müssen, aber nur so kann ich deine Spuren verbergen,“
    Sie griff mit der linken Hand in die Mähne und versuchte, an Ty vorbei aufzusteigen. Es war ein unbeholfenes Manöver, das nur gelang, weil er im letzten Moment den Arm um sie schlang und sie hinter sich hob. Das Stöhnen bei dieser Anstrengung verriet ihr mehr über den Zustand seiner Rippen, als sie wissen wollte.
    Zebra machte einen Schritt zur Seite. Um ein Haar hätte sie beide Reiter wieder abgeworfen. Janna sprach beruhigend auf die Stute ein und blieb reglos sitzen, damit das Wildpferd sich an das zusätzliche Gewicht gewöhnte. Als Zebra sich entspannte, stupste Janna sie mit den Fersen. Unsicher setzte das Pferd sich in Bewegung und fiel nach wenigen Minuten in eine gleichmäßige Gangart. Ty sackte wieder nach vom. Nur sein Instinkt, seine Erfahrung und Willenskraft hielten ihn oben.
    „Halten Sie durch. Bald haben wir es geschafft.“
    Das war eine Lüge, aber sie würde helfen. In Wahrheit lag noch ein langer, schwieriger Weg vor ihnen, und niemand konnte wissen, ob das abfließende Regenwasser den Felsdurchgang unpassierbar gemacht
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