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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander
Autoren: Kathryn Harvey
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hinterlass einfach deine Nummer und … «
    Sissy legte rasch auf. Sie überflog die aufgelisteten Nummern, die Minuten und die Endsumme. Eine Monatsabrechnung belief sich auf mehr als fünfhundert Dollar.
    Sie wusste, dass sie in gewisser Hinsicht naiv war, aber es gehörte nicht viel dazu, um zu begreifen, was es mit diesen Telefonnummern auf sich hatte. Ihr schwirrte der Kopf. Ed und Telefonsex?
    Nein, nicht doch. Es musste sich um ein Versehen handeln. So was passte doch gar nicht zu ihm. Sie und Ed gingen jeden Sonntag in die Kirche. Ed trainierte die Fußballmannschaft ihrer Kinder, er war Mitglied bei den Kiwanis und den Knights of Columbus. An den Wochenenden leitete er christliche Jugendgruppen. Er hatte für andere Frauen keinen Blick übrig, nicht einmal auf der Weihnachtsfeier der Firma, wo ausgiebig getrunken und geflirtet wurde. Er und Sissy waren einander treu, seit fünfzehn Jahren.
    Ganz bestimmt gab es eine plausible Erklärung für das, was sie in der Dokumentenmappe gefunden hatte.
    Und dann sah sie, dass da noch mehr drin steckte. Und scheute mit einem Mal davor zurück, sich das auch noch anzuschauen.

Kapitel 4
    »Abby! Bist du wach? Es ist was passiert!«
    Abby Tyler, in einen seidenen Morgenrock gehüllt und mit von der Dusche feuchtem Haar, öffnete. »Was denn?«
    »Es gibt Ärger.« Vanessa schlüpfte durch die Tür und machte sie hinter sich zu. »Es ist mal wieder die Küche. Die bestellten Hummer waren nicht im Flugzeug heute Morgen, und der Kaviar, der geliefert wurde, ist kein Beluga. Und obendrein hat irgendjemand die
foie gras
über Nacht draußen stehen lassen, und die ist natürlich jetzt verdorben. Maurice rastet gerade aus.«
    Die Küche war das Herzstück der Anlage und berühmt für ihre erlesenen kulinarischen Kreationen. Maurice, der sich als Chefkoch mit seinen Wachteln in Portweinsauce international einen Namen gemacht hatte, zeichnete sich durch ein Temperament aus, das so wandelbar und extrem war wie die Wüste, die The Grove umgab. Wenn er seinen Job hinschmiss, würde der gesamte Betrieb zum völligen Stillstand kommen. »Ich geh gleich mal zu ihm.« Abby eilte in ihr Schlafzimmer, wo sie dabei gewesen war, ihre Garderobe zusammenzustellen. Ein Mittagessen mit Sissy Whitboro und Coco McCarthy stand auf dem Programm. Das musste jetzt verschoben werden. Und Maurice wieder zu beruhigen konnte den ganzen Tag in Anspruch nehmen, mit sehr viel Einfühlungsvermögen, diplomatischem Fingerspitzengefühl, dringenden Telefonaten und dem Auftrag für einen Extraflug nach Los Angeles.
»Setz dich mit Sissy und Coco in Verbindung. Frag sie, ob sie Zeit haben, mit mir zu Abend zu essen.«
    Vanessa folgte der Freundin ins Schlafzimmer. »Nimm’s mir nicht übel, Abby, aber du hast schon mal besser ausgesehen. Hast du überhaupt ein Auge zugemacht?«
    »Nein. Ich war die ganze Nacht wach.« Coco und Sissy. Zwei der drei Frauen, die der Privatdetektiv ausfindig gemacht hatte.
Drei Babys, vor drei Jahrzehnten entführt und an Familien verkauft, die sich verzweifelt ein Kind wünschten.
    Sie fuhr sich mit einer Bürste durch das kurze dunkle Haar. Der Spiegel reflektierte das Bild einer Frau Ende vierzig, die jedoch jünger aussah, schon weil sie darauf bedacht war, Sonne und von Abgasen verpestete Luft zu meiden. Ein Gesicht, das sie immer versteckt hatte. »Ist es dir gelungen, mit Ophelia Kaplan Kontakt aufzunehmen?«
    »Ich hab gestern Abend bei ihr zu Hause eine Nachricht hinterlassen, aber noch keine Antwort erhalten. Was ist, wenn sie den Preis nicht annimmt?«
    »Damit befassen wir uns zu gegebener Zeit.« Möglich, dass Abby zum ersten Mal nach vierzehn Jahren The Grove verlassen musste. Sie hatte sich das Preisausschreiben ausgedacht, um die drei zu sich zu locken, weil sie nicht zu ihnen fahren konnte. Aber wenn es denn sein musste, um Ophelia Kaplan gegenüberzutreten und die Wahrheit herauszufinden, würde sie es tun.
    Sie griff nach einem Pulli. »Was ist mit dem Mann, den ich dich gebeten habe, im Auge zu behalten?« Der überraschende einundzwanzigste Passagier. Der mit der Pilotenbrille.
    »Jack Burns. Bislang unauffällig. Keine Sonderwünsche. Weder eine Vormerkung für das Wellness-Programm noch für den Tennisplatz. Hat gestern allein auf seinem Zimmer zu Abend gegessen – Steak mit Fritten. Hat eine Flasche Black Opal Shiraz bestellt.«
     
    Dies immerhin war erstaunlich. Weine aus dem Südosten Australiens wurden von Abbys Gästen nur selten geordert.
    »In
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