Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wilder Eukalyptus

Titel: Wilder Eukalyptus
Autoren: Fleur McDonald
Vom Netzwerk:
geregelt. Egal, was ist eigentlich mit dir? Ich sehe dir doch an, dass irgendwas nicht stimmt. Hast du Liebeskummer?«
    Jess’ Magen schnürte sich zusammen. »Was soll mit mir sein?«, sagte sie in unbefangenem Ton. »Bei mir läuft alles bestens. Ich schufte wie ein Ochse und habe kaum Freizeit, aber sonst geht es mir prima.«

    »Aha«, sagte Gemma, die die Antwort zwar nicht überzeugend fand, aber dennoch darauf verzichtete weiterzubohren. »Und was ist mit deinem Freund … wie heißt er noch gleich? Brad, Chad, Gonad?«
    »Brad!«, stellte Jess empört richtig und beugte sich vor, um in Gemmas Schlafsack zu boxen. »Er ist einfach wunderbar«, fügte sie schwärmend hinzu.
    »Sind sie das nicht alle am Anfang?«, entgegnete Gemma spöttisch.
    »Brad ist anders«, erwiderte Jess.
    »Das sagst du jedes Mal.«
    »Aber diesmal stimmt es. Er ist groß, dunkelhaarig …«
    »Groß, dunkelhaarig und sieht gut aus«, fiel Gemma ihr ins Wort. »Was machst du eigentlich, wenn dich mal ein hässlicher Mann anspricht, Jess?«
    »Brad ist wirklich fantastisch«, fuhr Jess unbeirrt fort. »Er ist Agraringenieur und lebt erst seit anderthalb Jahren in Pirie. Vor Kurzem hat er sich selbstständig gemacht, nachdem er zuvor für eine große Viehagentur tätig war. Brad meint, als Selbstständiger kann er mehr verdienen.«
    »Und warum ist er anders? Was gefällt dir an ihm besonders gut?«
    »Na ja«, druckste Jess herum, »das kann ich dir nicht sagen - aber du kannst es dir ja sicher denken!«
    »Ich hätte erst gar nicht fragen sollen«, sagte Gemma und lachte auf.
    »Nein, im Ernst, Brad ist wirklich anders. Er hört mir zu, er redet mit mir, wir verbringen gerne unsere Zeit gemeinsam. Das Leben kann sehr einsam sein. Ich meine, ich habe zwar einen großen Freundeskreis, aber du bist die Einzige, die mich richtig gut kennt. Und bei Brad
habe ich das Gefühl, dass er mich immer besser versteht. Trotzdem ist er kein Weichei, wenn du verstehst, was ich meine. Und man kann mit ihm jede Menge Spaß haben.«
    »Tja, Jess, dann hoffe ich mal, dass Brad dein wahrer Traumprinz ist. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du tatsächlich ernst machen willst!«
    »Ja, ich weiß, was du meinst, ich auch nicht. Aber noch habe ich keine kalten Füße bekommen, obwohl wir wirklich viel Zeit miteinander verbringen.«
    Sie streckten sich in ihren Schlafsäcken aus und betrachteten den Sternenhimmel und die Funken, die das Feuer durch die Luft wirbelte, ohne ein weiteres Wort zu wechseln.

Kapitel 4
    I n den darauffolgenden Wochen hatte Gemma viel zu tun. Vor lauter Arbeit kam sie nicht einmal dazu, in die Stadt zu fahren. Auf ihre Stellenanzeige hatten sich einige Männer beworben, und sie führte ein paar Vorstellungsgespräche, aber keiner der Bewerber stach heraus. Da Gemma dringend eine zusätzliche Arbeitskraft benötigte, stellte sie wider besseres Wissen Jack Marshall ein, einen Mann Mitte dreißig, der den Großteil seines Lebens auf Farmen oben im Norden Australiens verbracht hatte. Jack war ein großer Mann mit einem dichten, buschigen Bart und einem abgebrochenen Schneidezahn, der zu sehen war, wenn er lächelte. Er war in einem weißen Pick-up gekommen, auf dessen Heckscheibe das geschmacklose Porträt einer nackten Blondine klebte. Jack machte einen ziemlich mürrischen Eindruck, aber seine Arbeitszeugnisse waren tadellos. Er war noch nie unangenehm aufgefallen, was für ihn sprach. Während Bulla und Garry weitab vom Hof wohnten, auf einem anderen Teil der Farm, würde Jack schließlich in der Schlaf baracke neben der Scheune sein Quartier beziehen, in nicht allzu weiter Entfernung vom Haus.
    Die Baracke bot sich als Unterkunft an, da bei Bulla und Garry kein Platz war. Es gab acht Zimmer, die normalerweise nur während der Schur belegt waren. Gemma hatte keinen vierten Geländewagen, den sie Jack zur Verfügung
stellen konnte, darum bat sie Garry, das alte Motorrad wieder flottzumachen, das hinten im Geräteschuppen vor sich hin rostete.
     
    Am letzten Junitag erhielt Gemma einen Anruf von Ned Jones, einem der Geschäftsführer von Hawkins & Jones , Viehagentur und Farmwirtschaftsgroßhandel . Ned schaute regelmäßig auf Billbinya vorbei, wenn er in der Gegend war. Seit Wochen opferte er bereitwillig seine Zeit, um Gemma dabei zu helfen, den kompletten Viehbestand von Billbinya zu zählen. Ned war ein Mann mittleren Alters mit einem stattlichen Bierbauch, einem großen Hut und einem sonnenverbrannten Gesicht, da er sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher