Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition)
Autoren: Brenda Joyce
Vom Netzwerk:
Atem an, als Blut aus seiner Fingerspitze quoll.
    Wieder wurde eine Kanone abgefeuert. Diesmal erzitterte das ganze Haus, und in der Eingangshalle zersprangen die Fensterscheiben. Eingeschüchtert starrten die Jungen sich mit schreckgeweiteten Augen an. Ihre Angst kehrte zurück, stärker noch als zuvor.
    Devlin befeuchtete seine Unterlippe. „Sean. Du musst bei Mutter und Meg bleiben.“
    „Nein.“
    Devlin war im Begriff, seinen kleinen Bruder in der gleichen Weise zur Vernunft zu bringen, wie er es kurz zuvor am eigenen Leib erfahren hatte. Doch insgeheim war er erleichtert, den englischen Horden nicht allein entgegentreten zu müssen. „Gehen wir“, raunte er Sean entschlossen zu.
    Der Kampf tobte jenseits der Weizenfelder, die bis an die eingefallenen äußeren Mauern von Askeaton Castle heranreichten. Im Schutz der Pflanzen rannten die Jungen durch das Feld, bis sie das andere Ende erreichten. Grauen erfasste sie, als sie das blutige Getümmel sahen.
    Hunderte, nein, Tausende von rot uniformierten Soldaten kämpften gegen eine zerlumpte Schar von Iren. Die englischen Truppen waren mit Musketen und Säbeln ausgerüstet, die Iren hatten sich zumeist mit langen Piken bewaffnet. Sprachlos musste Devlin mit ansehen, wie seine Landsleute geradezu hingeschlachtet wurden – nicht einer nach dem anderen, sondern reihenweise. Sein Inneres krampfte sich schmerzlich zusammen. Er war zwar noch jung, aber er wusste ein Gemetzel von einer geordneten Schlacht zu unterscheiden.
    „Vater“, brachte Sean flüsternd hervor.
    Devlin folgte dem Blick seines Bruders. Im selben Moment sah er einen Mann auf einem grauen Pferd, der seinen Säbel wie ein Irrsinniger schwang und erstaunlicherweise einen Rotrock nach dem anderen niederschlug. „Komm!“ Devlin sprang aus der Deckung auf und rannte mit erhobenem Schwert in Richtung des Kampfgeschehens.
    Ein englischer Soldat legte gerade auf einen Bauern an, der mit Pike und Dolch herankam. Andere Soldaten und Landarbeiter waren in einen heftigen Kampf Mann gegen Mann verwickelt. Es floss so viel Blut, so viele Männer starben, und über dem ganzen Schlachtfeld lag der Geruch des Todes. Mit beiden Händen hob Devlin das alte Schwert an. Zu seinem Erstaunen fuhr die Klinge tief in die scharlachrote Uniform des Soldaten.
    Devlin war wie erstarrt und spürte ein kaltes Entsetzen, als der Bauer den Soldaten noch mit der Pike zu Boden stieß. „Danke, Junge“, war alles, was der Mann in der Eile des Gefechts sagen konnte.
    Eine Muskete wurde abgefeuert, und derselbe Bauer, der eben noch mit dem Leben davongekommen war, ging nun mit schreckgeweiteten Augen in die Knie; Blut färbte sein schmutziges Hemd an der Brust rot.
    „Dev!“, schrie Sean warnend.
    Devlin wirbelte herum und starrte in den Lauf eines Gewehrs, das genau auf ihn gerichtet war. Sofort hob er sein Schwert an und fragte sich, ob er nun sterben müsse, denn seine Klinge war der Schusswaffe nicht gewachsen. Doch da entriss Sean dem toten englischen Soldaten die Muskete und stieß dem Schützen den Gewehrkolben von hinten in die Kniekehlen. Der Mann verlor das Gleichgewicht, sodass die Kugel, die er noch im Fallen abfeuerte, ihr Ziel verfehlte. Sean schlug dem Soldaten auf den Kopf, bis der Mann sich nicht mehr rührte.
    Devlin straffte die Schultern und rang nach Atem. Sein Bruder sah entgeistert zu ihm herüber.
    „Wir müssen zu Vater“, stieß Devlin hervor.
    Sean nickte bloß stumm, den Tränen nahe.
    Vergeblich versuchte Devlin, in dem Getümmel seinen Vater auf dem grauen Pferd auszumachen.
    Und plötzlich begriff er, dass das grauenhafte Gemetzel allmählich abnahm.
    Angespannt schaute er sich mit weit aufgerissenen Augen um und gewahrte Hunderte leblose Körper in beige- und schlammfarbener Kleidung auf dem Schlachtfeld. Dazwischen lagen vereinzelt englische Soldaten und einige Pferde. Hier und da waren matte Hilferufe der Verwundeten zu vernehmen.
    Ein englischer Offizier erteilte seiner Kompanie Befehle.
    Erneut ließ Devlin seinen Blick über die ganze Szenerie des Grauens schweifen. Das Schlachtfeld erstreckte sich auf der einen Seite bis hinunter zum Fluss, auf der anderen bis hinter die Felder und schließlich bis zum Herrenhaus im Süden. Jetzt formierten sich die englischen Soldaten wieder in Reihen.
    „Rasch“, rief Devlin, und schon sprangen die Jungen über die Leichen und strebten dem rettenden Weizenfeld zu. Sean stolperte über einen toten Soldaten, doch Devlin half seinem Bruder wieder auf die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher