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Wild und gefaehrlich

Wild und gefaehrlich

Titel: Wild und gefaehrlich
Autoren: Cecily von Ziegesar
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Schirm über ihren Köpfen spielerisch kreisen. Ein verregneter Nachmittag mit Easy im Stall – allein? Das klang ein bisschen zu verlockend. Langsam schüttelte sie den Kopf. »Du weißt, wie wahnsinnig gerne ich mitkommen würde, aber ich muss am Freitag einen langen Englischaufsatz abgeben. Ich sollte klugerweise die Zeit mit meinem Laptop in der Bibliothek verbringen.«
    Sie wollte nicht wie eine Streberin klingen, aber in Waverly bekam sie gute Noten, und das wollte sie sich nicht verderben. Sie legte die Hand auf Easys Handgelenk. Die Berührung mit seiner Haut löste ein heißes, kribbelndes Gefühl in ihr aus. Sollte sie Easy wirklich einen Korb geben, weil sie büffeln wollte? War sie verrückt geworden?
    »Na gut, ich kann warten«, näselte Easy in seinem anbetungswürdigen Kentucky-Akzent. »Wenn’s unbedingt sein muss.« Er sah sie aus seinen dunkelblauen Augen an, dass es ihr wohlig den Rücken hinunterlief, direkt bis in die Spitzen ihrer lustigen bunten Gummistiefel.
    »Wir machen was ganz Schönes am Wochenende«, versprach Jenny, während sie über den Kiesweg auf Dumbarton zugingen. »Am Freitag könnten wir reiten gehen und dann abends was essen. Vielleicht wage ich auf Credo meinen ersten Galopp?«
    Easy grinste. »Super. Ich steck ihm, dass du auf große Abenteuer aus bist.«
    »Nein!«, rief Jenny. Sie versetzte Easy mit der Hüfte einen Stoß, dass er unter dem Schirm hervor in den Regen geschubst wurde. »Abenteuerwütig bin ich nicht.«
    Easy duckte sich rasch wieder unter den Schirm und hängte sich bei ihr ein. »Darf ich dich wenigstens zu deinem Zimmer begleiten?«
    Die Erwähnung des Wortes Zimmer genügte und Jenny verkrampfte sich. Ihr neuerdings entdeckter Lerneifer rührte nämlich zum Teil, nein, hauptsächlich daher, dass sie Angst hatte, mit ihrer Mitbewohnerin Callie Vernon allein im Zimmer zu sein. Selbst die muffige alte Bibliothek war eine willkommene Alternative.
    Vor der legendären Party in einer Luxussuite des Boston-Ritz hatte Jenny in einem Viererzimmer mit Callie, Tinsley und Brett Messerschmidt gewohnt. Doch als Tinsley und Callie bei ihrer Rückkehr von besagter Ausschweifung nach Waverly ausgerechnet Dekan Marymount ins Messer gelaufen waren, hatte man die Mädchen getrennt. Die erste Woche nach Bretts und Tinsleys Umzug von Dumbarton 303 nach Dumbarton 121 hatte Jenny als die unangenehmste ihres Lebens empfunden. Noch unangenehmer als der Campingausflug mit ihrem Vater in die Wildnis Vermonts, als sie plötzlich ihre Periode bekommen hatte und indiskutabel riesige altmodische Binden hatte tragen müssen, die in dem einzigen Laden weit und breit angeboten wurden. Callie hatte diese kränkende Art an sich, völlig an Jenny vorbeizusehen, als würde die gar nicht existieren. Anscheinend kam Callie nur so damit klar, dass ihre Mitbewohnerin ihr den Freund abspenstig gemacht hatte. Ob Jenny das mit Absicht gemacht hatte oder nicht, war Callie dabei völlig gleichgültig. Jenny hatte es nun mal gemacht.
    Eines Abends kam Jenny aus der Bibliothek und traf auf Callie, die ihre frisch gereinigten Klamotten in den Schrank stopfte. (Alle Sprösslinge richtig reicher Eltern ließen ihre Sachen in der örtlichen Wäscherei reinigen, während Jenny wie Otto Normalverbraucher die Münzwaschmaschinen im Keller benutzte.) Ihr fiel auf, dass Callies wilde rötlichblonde Locken auf Schulterlänge gestutzt, gestuft und ganz glatt waren. Schließlich überwand sich Jenny und sagte: »Wow, dein Haar sieht sagenhaft aus!« Und das meinte sie auch so. Callie gähnte jedoch nur und überprüfte im Spiegel, ob sie Lippenstiftspuren an den Zähnen hatte.
    Das einzige Mal, dass Callie seit dem Wochenende in Boston mit ihr geredet hatte, war unerfreulich gewesen, um es höflich auszudrücken. »Ist das ein neues Kleid?«, hatte Jenny eines Nachmittags gefragt und eigentlich wie üblich keine Antwort erwartet. Die Frage war auch ziemlich sinnlos. Seit Callie und Easy sich getrennt hatten, waren alle Kleider von Callie neu. Zerknitterte Einkaufstüten von Saks und Barneys und Anthropologie verstopften den Papierkorb mit jedem Tag mehr und neben Callies Schrank stapelten sich ungeöffnete Schuhschachteln von Missoni und Michael Kors. Callie drehte sich abrupt um. Ihr frisch geschnittenes Haar fiel in Form, als sei sie mit der Frisur geboren, und hochmütig erwiderte sie: »Ja. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass es dir passen sollte, hätte ich Angst, dass du es klaust .« Dann war sie
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