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Wild und frei

Wild und frei

Titel: Wild und frei
Autoren: Elizabeth Lane
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nicht. “Und ich habe etwas Besseres zu tun, als mich von dir tyrannisieren zu lassen! Wenn du nicht merkst, dass ich der einzige Freund bin, den du hier hast, gibt es nichts weiter zu sagen! Von mir aus kannst du hier unten bleiben und verfaulen!”
    Sie drehte sich unvermittelt um und stolzierte zur Treppe. Sicher hätte ihr Abgang einer Königin zur Ehre gereicht, wenn nicht gerade in diesem Augenblick die Kerzenflamme erloschen wäre. Ein letztes Aufflackern, und der Keller versank in pechschwarzer Dunkelheit.
    Nur ihr Zorn hielt Rowena davon ab, in Panik zu geraten. Ich kann und
will
den Wilden nicht merken lassen, wie fürchterlich erschrocken ich bin, dachte sie, als sie sich zwischen dem Durcheinander am Boden langsam vorantastete. Sie war genug gedemütigt worden, auch ohne dass sie ihm einen Anlass bot, sich erneut über sie lustig zu machen.
    Die Erinnerung an seine tastenden Finger, die sie hart und rau durch den Stoff ihres Hemdes gespürt hatte, trieb ihr die Röte ins Gesicht. Rowena sagte sich, dass sie gar keine andere Wahl gehabt hatte, als seine Berührung zu ertragen. Aber war das eine Entschuldigung dafür, dass sie darauf reagiert hatte wie eine läufige Hündin? Was hatte sie sich denn gedacht? Dass er sie begehrte? Dass irgendein Mann sie begehren würde? Welch ein Unsinn! Das Einzige, was er gewollt hatte, war der Schlüssel zu seinem Kerker. Als er den nicht finden konnte, hatte er sie weggeschleudert wie ein Stück verdorbenes Fleisch.
    Was hatte sie erwartet? Um Himmels willen, was hatte sie denn gewollt? Rowena bewegte sich vorsichtig vorwärts, und ihr Gesicht brannte im Dunkeln vor Scham. Hinter ihr, wo der Wilde stand, herrschte Stille.
    Mit der Schulter streifte sie eine Wand, und im nächsten Augenblick stieß sie mit den sich langsam vorantastenden Füßen gegen die unterste Stufe der langen Treppe. Erleichtert atmete sie auf. Dann schleppte sie sich mühsam nach oben, wobei sie mit einer Hand Halt an den kalten Steinen suchte.
    Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, ehe sie den Flur im Erdgeschoss des Hauses erreichte. Die Schatten waren ihr jetzt vertrauter, aber das war ihr kein Trost. Selbst die Wände schienen sie wegen ihrer Torheit zu verspotten, als sie quer durch die Große Halle floh und die Treppe hinaufstolperte. Nachdem sie ihre Kammer erreicht hatte, verriegelte sie die Tür von innen, ließ sich auf ihr Bett fallen und zog hastig die Vorhänge zu. Aber selbst dadurch konnte sie die lachenden Dämonen nicht aussperren. Rowenas Gesicht glühte, und sie bebte unter der Bettdecke, während sie auf die erlösende Morgendämmerung wartete.
    Black Otter befühlte eine Ecke des Quilts, den die Frau zwischen den Gitterstäben seines Kerkers hindurchgeschoben hatte. Es war ein erstaunlich schönes Ding – dick und weich, die obere Schicht glatter als Rehleder. Der Stoff roch noch nach ihrem Körper – ein starkes, blumiges Aroma, überhaupt nicht wie der Duft seines eigenen Volkes. Er hob es hoch an die Nase und atmete tief ein. Der Geruch erfüllte seine Sinne, und er spürte einen kleinen Funken Hitze in seinen Lenden. Bei diesem Gefühl runzelte er die Stirn. War er so ausgehungert nach einer Frau, dass allein der Geruch dieser großen, blassen Kreatur das Verlangen in ihm wecken konnte? Wenn es so war, ging es ihm schlechter, als er gedacht hatte.
    Er schnaufte vor Selbstverachtung und warf den Quilt zu Boden, um seine Aufmerksamkeit dem Brot zuzuwenden. Unter seiner knusprigen Kruste war es frisch und weich. Black Otter war hungrig, aber er zügelte seinen Appetit strengstens, als er ein kleines Stück abbrach und es kostete. Genau wie das Wasser müsste es womöglich eine lange Zeit reichen.
    Das Brot war leicht, fühlte sich weich an und hatte wenig Ähnlichkeit mit den dichten, flachen Maisfladen, die er sein ganzes Leben lang gegessen hatte. Aber der Geschmack – ja, es war gut. Mehr als gut. Er musste sich tatsächlich sehr zusammenreißen, um nicht den ganzen Laib hinunterzuschlingen. Aber Black Otter war ein selbstbeherrschter Mann, den die Erfahrung gelehrt hatte, seinen Willen zu zügeln. Er aß nur genug, um den größten Hunger zu stillen. Dann wickelte er sich in den Quilt ein, setzte sich gegen die Wand, dabei hielt er das Brot immer noch fest, um es vor den Ratten zu schützen.
    Die Frau hat mir etwas zu essen und zum Wärmen als Geschenke gebracht, dachte er. Sie war allein gekommen und hatte ein großes Wagnis auf sich genommen, um ihm eine Wohltat zu
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