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Wikinger meiner Traeume - Roman

Wikinger meiner Traeume - Roman

Titel: Wikinger meiner Traeume - Roman
Autoren: Josie Litton Eva Malsch
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Fährtenleser, brauchte keines dieser besonderen Talente, um festzustellen, wohin der Junge gelaufen war. Abgebrochene Zweige und niedergetrampeltes Gras markierten den Weg. An Dornenbüschen hingen Wollfäden. Nach den langen Schritten zu urteilen, war der Schlingel in halsbrecherischem Tempo geflohen, was immerhin auf eine gewisse Klugheit hinwies – nicht, dass sie ihm etwas nützen würde.
    Dragon rannte nicht. Das hatte er nicht nötig. Er hatte längere Beine als der Junge, und er ermüdete nicht so leicht. Nachdem kürzere Schritte die Erschöpfung des Flüchtlings angedeutet hatten, eilte der Verfolger immer noch leichtfüßig dahin. Nur ein einziges Mal hielt er inne, um an einem klaren Bach seinen Durst zu stillen. Hier hatte der Bursche offenbar gerastet. Danach führte die Spur nach Osten zum Meer, und wenig später erblickte Dragon die Küste.
    Fast sein ganzes Leben hatte er am Meer verbracht und mehrere Jahre an Bord eines Schiffes. Deshalb blieb er nicht stehen, um die Aussicht zu bewundern. Während er weiterging,
entdeckte er umgedrehte feuchte Steine und abgerissene Wildrosen. Einmal überquerte er sogar einen Sandstreifen voller kleiner Fußabdrücke. In der Nähe dieser Stelle verengte sich der Strand, steile Klippen ragten empor. Er entdeckte einen Busch, an dem sich der Junge hochgezogen, den Halt verloren und herabgefallen war. Nach kurzem Zögern folgte Dragon dieser Spur. Die Sonne stand im Zenit, als er zum Klippenrand hinaufkletterte. Den Rücken zum Meer gewandt, schaute er sich um. Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung am Waldrand. Vorsichtig, im Schutz der Sträucher und Felsen, schlug er diese Richtung ein.
    Jetzt verließen den Jungen zusehends die Kräfte. Das entnahm Dragon den immer kürzeren Schritten, den Spuren eines häufigen Strauchelns. Aber der Bengel ruhte sich nicht aus. Steuerte er ein ganz bestimmtes Ziel an?
    Dragon überlegte, wie lange er an diesem Morgen schon unterwegs war. Nun musste er sich in der Nähe von Hawkforte befinden, der Festung seines Gastgebers Hawk of Essex. Die starken Mauern – erbaut, um den Angriffen der Dänen standzuhalten, die den Schlossherrn neuerdings nicht mehr herausforderten – schützten den Wohlstand der Stadt und den Hafen. Im näheren Umkreis lagen noch andere Siedlungen. Aber keine konnte sich mit Hawks imposanter Residenz messen. Dort wollte der Junge wahrscheinlich Zuflucht suchen.
    Auch Dragons Reise führte zur Festung. Aber er hatte es nicht eilig, dieses Ziel zu erreichen. Sobald er Hawkforte betrat, würde er seine Freiheit verlieren und sein Hals unweigerlich in der Schlinge stecken.
    Solch düsteren Gedanken mochte er vorerst nicht nachhängen. Wieder einmal fragte er sich, warum der Junge allein durch Essex wanderte. Nicht, dass es eine Rolle spielte. Allzu lange würde es nicht mehr dauern, bis der Lausbube eine Erklärung abgeben musste. Im Wald beschleunigte Dragon
seine Schritte. Immer näher pirschte er sich an sein Opfer heran.
     
    Rycca sank auf einen bemoosten Felsen und rang nach Luft. Obwohl sie sich todmüde fühlte und ihre Füße schmerzten, war sie fest entschlossen, ihren Weg fortzusetzen. In dieser Gegend plätscherten genug Bäche, die ihren Durst löschen konnten. Aber sie war halb verhungert, und sie hatte nur eine Hand voll Beeren gefunden. Ihr kleiner Beutel mit dem Reiseproviant lag an der Stelle, wo der goldene Riese über sie hergefallen war. Wie albern, ihn so zu nennen... Offenbar hatte die Erschöpfung ihren Geist verwirrt. Er war einfach nur ein Mann, noch dazu ein verdammtes Raubein. Außerdem gab es keinen Grund, überhaupt an ihn zu denken. Selbst wenn er ihr folgen wollte – sie war zu schnell geflohen und längst über alle Berge. Nun trieb er sich irgendwo in den Wäldern herum, weit von ihr entfernt. Vielleicht verfluchte er sie immer noch. Aber er würde ihr sicher nie mehr begegnen.
    Wie schade...
    Bestürzt runzelte Rycca die Stirn. Welcher boshafte Kobold setzte ihr solche Flausen in den Kopf? Gewiss, sie war völlig erschöpft. Aber das entschuldigte ihre Dummheit nicht. Sie musste doch wahrlich über wichtigere Dinge nachdenken-über ihre Zukunft, wie sie ihr Leben meistern sollte. Von einem Mann zu träumen – damit würde sie nur ihre Zeit und ihre seelischen Kräfte vergeuden.
    Der schönste Mann, den ich jemals sah...
    »Hör auf!« Erschrocken zuckte sie zusammen, als sie merkte, dass sie laut gesprochen hatte, und presste die Lippen zusammen. Schluss damit! Solche
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