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Wiedersehen in Kairo

Wiedersehen in Kairo

Titel: Wiedersehen in Kairo
Autoren: Jutta Ahrens
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Unsinn!«
    »Nein, nein, ich bin es gewohnt, für alles zu bezahlen. Ein schönes Hotel, Essen, ein Bad, Opium, alles hat seinen Preis, selbst Freundschaft.«
    »Also, wenn du meinst«, versuchte St. Jones lächelnd darauf einzugehen, »ich schulde dir auch noch eine Pfundnote. Für die Uschebti. War das Ding eigentlich echt?«
    »Nein, keine 20 Piaster wert. Aber keiner merkt ’s.« David strich sich über Brust und Bauch. »Ich weiß, ich bin etwas abgemagert, aber ich bin noch recht gut – wenn ich nicht rauche.«
    »Gut in was?«, fragte St. Jones rau.
    Davids Blick war verhangen. »Wenn du es nicht mehr willst – etwas anderes habe ich dir nicht zu bieten.«
    St. Jones sah David fassungslos an. Dann stand er auf und ging ans Fenster. Er stützte sich am Fensterbrett ab und legte den Kopf in den Nacken. »Du bist völlig verrückt«, murmelte, aber David hörte es nicht.
    »Ist das dein Schlafzimmer?«, fragte er und wies mit dem Kopf auf die rechte Tür.
    St. Jones drehte sich langsam um. Er nickte. Doch als David sich erhob, versuchte er vergebens, seine Furcht herunter zu schlucken. Die Furcht vor einer unerklärlichen Lust, die er niemals bei einem Mann gefühlt hatte, außer bei David. Gleichzeitig durchzuckten ihn Zweifel, ob es richtig gewesen war, sich noch einmal so bedingungslos an diesen Mann zu ketten. Schon einmal war ihm David verwandelt begegnet, fast zerstört. Wer mochte wissen, wie zerrüttet seine Persönlichkeit jetzt war – womöglich war ihm David diesmal für immer entglitten?
    St. Jones ging entschlossen auf den Schrank zu, öffnete eine große Schublade und zog eine Leinenhose heraus. Er warf sie David zu. »Hier! Zieh die an, bis deine Sachen aus der Wäscherei zurück sind.«
    David ließ das Handtuch fallen, bevor St. Jones den Blick abwenden konnte, und bückte sich nach der Hose. »Wie lange wird das dauern?«
    Krachend stieß St. Jones die Schublade wieder zu. »Warum fragst du? Bist du dringend mit deinem Opiumlieferanten verabredet?« Er blieb in der Hocke vor der Schublade sitzen, um David nicht ansehen zu müssen.
    David streifte sich die Hose über. »Ich weiß deine Freundlichkeiten zu schätzen, Raymond, aber ich kann sie nicht länger in Anspruch nehmen, das verstehst du sicher. Im Übrigen kannst du dich wieder umdrehen.«
    St. Jones wandte sich wütend zu ihm um. »Nun hör mir mal zu, David! Seit du hier bist, haben wir nicht ein einziges vernünftiges Wort miteinander gewechselt. Weshalb erzählst du mir nicht, wie es dir ergangen ist, statt mir …« St. Jones holte tief Luft: »Statt mir unsittliche Anträge zu machen.«
    »Ja«, sagte David und malte Streifen auf den Mahagonitisch. »Das habe ich befürchtet, dass du es so siehst.«
    »Ich möchte an deinem Leben teilhaben«, fuhr St. Jones fort, ohne darauf einzugehen.
    »An meinem Vergangenen oder an meinem zukünftigen?«
    »Beides, David, beides.«
    David erhob sich und ging auf die Schlafzimmertür zu. »Ich möchte mich etwas hinlegen, ich bin müde.«
    »Nein, du bleibst hier!« St. Jones stieß David wütend in den Sessel. »Du bist nicht müde. Du bist gekränkt wie eine alte Diva.«
    David schüttelte sich, zog die Oberlippe zurück und schickte sich an, St. Jones anzuspringen. Aber er hatte keine Kraft mehr, St. Jones hielt ihn mühelos nieder. »Schwach bist du geworden, Al Kadiz, Träger des Schwertes«, höhnte St. Jones. »Jedes Kind kann dich heute umwerfen. Wie lange hält dein falscher Stolz dich noch aufrecht, bis du irgendwo liegen bleibst, David, und wirklich stirbst?«
    »Kein Stolz«, flüsterte David. »Es ist die Furcht vor dem Schmerz.«
    »Mein Gott, David!« Erschüttert ging St. Jones neben David auf die Knie und umarmte ihn. »Weshalb hast du das nicht gleich gesagt? Du brauchst einen Arzt.«
    David bäumte sich auf. »Raymond St. Jones!«, rief er schneidend. »Ich brauche keinen Arzt.«
    St. Jones starrte David hilflos an.
    »Ich brauche dich!«
    »Du hast mich.«
    »Nein, du wirst abreisen. Bald schon.«
    »Du kommst mit mir.«
    »Ich kann nicht in England leben.«
    »Dann bleibe ich in Kairo.«
    David lachte schrill.
    »Ich verlasse dich nicht mehr«, flüsterte St. Jones und berührte mit den Lippen Davids nackte Schulter.
    David schloss die Augen. »Du weißt nicht, was du sagst, St. Jones. Das ist kein Leben für einen englischen Gentleman. Hier gibt es Schwierigkeiten, einen Haufen Schwierigkeiten, Ärger. Du hättest einen Süchtigen am Hals, der …«
    St. Jones küsste
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