Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi
Autoren: Corinne Hofmann
Vom Netzwerk:
dicken Jacke stecken, lachend wie ein kleiner Junge auf mich zu. Wir liegen uns zum ersten Mal in den Armen und die Freude ist riesig.
    Über all die Jahre hatten wir nur Briefkontakt. Er ist die Verbindung zur ganzen Familie. Ohne ihn gäbe es keine Kommunikation. Wir können minutenlang vor Freude nur lachen. Ich bin überrascht, wie sich James entwickelt hat. Als ich ihn zum letzten Mal sah, war er ein etwa siebzehnjähriger Schüler und heute scheint er ein reifer Mann zu sein.
    Auch mein Verleger, den James ja schon kennt, und Klaus werden überschwänglich von ihm begrüßt. Aufgeregt erzählt er uns, er habe unsere Wagen im letzten Moment in Maralal gesehen und sei mit dem Motorrad sofort hinterhergefahren. Wir aber hätten ihn im Rückspiegel einfach nicht bemerkt! Nun ja, die Wagen hinterlassen eine riesige Staubwolke und schließlich hatten wir ihn nicht auf einem Motorrad erwartet.
    Nach der herzlichen Begrüßung gehen wir alle zurück auf die Terrasse und es wird erzählt. James ist etwas größer als ich und sein Gesicht ist fülliger geworden, was wiederum seine Augen etwas kleiner erscheinen lässt. Er ist sportlich und sehr warm gekleidet und trägt feste Schuhe, eine Art Wanderschuhe, die ich in dieser Gegend noch nie gesehen habe. Die meisten Einwohner liefen früher in Sandalen aus alten Autoreifen oder in Plastikschuhen herum.
    Lachend erzählt er, dass ganz Barsaloi auf unsere Ankunft wartet und Mama es so lange nicht glauben will, bis wir vor ihrer Manyatta stehen. Sie freue sich sehr und habe immer gewusst, dass sie mich noch einmal sehen werde. Albert erkundigt sich nach seinem Motorrad und sofort beginnen James’ Augen zu leuchten. Er ist sehr stolz auf seine Errungenschaft. Nur ein früherer Schulfreund und er hätten es zu einem Motorrad gebracht. Für ihn bedeutet es eine erhebliche Erleichterung, wenn er die weite Strecke von seiner Schule nach Hause zu seiner Familie auf diese Weise bewältigen kann. Allerdings könne er sich das nur am Wochenende leisten, da sonst die Kosten für Benzin und Unterhalt zu hoch seien. Er ist Headmaster, also Direktor, einer kleineren Schule einige Kilometer abseits von Barsaloi, und die Fahrzeit dorthin beträgt etwa 45 Minuten. Unglaublich sich vorzustellen, dass ein Schulleiter sich die tägliche Heimfahrt mit dem Motorrad nicht leisten kann! Das ist Nordkenia – Samburuland – und James empfindet es als normal. Er ist glücklich, dass er überhaupt ein Motorrad besitzt.
    Natürlich muss ich vor allem von Napirai erzählen. Warum ist sie nicht mit mir hierher gekommen? Wie groß ist sie jetzt? Fragt sie nach uns, ihrer afrikanischen Familie? Und wird sie denn auch einmal kommen? Geht sie gerne in die Schule? Fragen über Fragen, die ich, so gut ich kann, beantworte. Ich erkläre James ehrlich, dass ich mir selbst erst einmal einen Überblick verschaffen möchte, um dann Napirai mit Fotos und Filmmaterial langsam für einen späteren Besuch interessieren zu können. Wenn alles ohne Probleme verläuft, wird sie bei einem nächsten Besuch sicher dabei sein.
    Die Zeit verfliegt im Nu und schon werden wir für das gemeinsame Abendessen an einen Tisch geführt. Wir sind die einzigen Gäste. Schon früher bin ich hier nie auf andere Touristen gestoßen und dennoch scheint die Lodge auf geheimnisvolle Weise zu funktionieren. James isst hier das erste Mal und schaut sich interessiert das Besteck links und rechts des Tellers an.
    Als Vorspeise wird ein Toast mit Pilzen serviert und ich muss lachen, denn ich weiß, Samburu essen keine Pilze. James fragt vorsichtig, was das für ein Gericht sei, und schaut etwas betreten auf das kleine Stück Toast. Ich muss so sehr lachen, dass ich kaum dazu komme, es ihm zu erklären. Ständig habe ich die Worte von Lketinga im Ohr: »Was die Weißen essen, ist kein richtiges Essen und satt wird man davon auch nicht.« Dabei hatte er immer das Gesicht verzogen. Mit einem ähnlichen Gesicht sitzt nun James vor seinem Toast. Endlich erhole ich mich und erkläre ihm, um was es sich handelt und dass es nur eine Vorspeise ist. Er meint: »Okay, kein Problem, ich werde es probieren. Schließlich bin ich Gast und als Gast isst man, was man bekommt.«
    Nach ein paar Minuten erlöse ich James von seinem Toast, als auch schon der zweite Gang serviert wird, eine Tomatensuppe. Die schmeckt ihm schon besser, obwohl auch sie ungewohnt ist. Dann endlich kommt ein Stück Fleisch. Das ist eher etwas für ihn, obwohl aus seiner Sicht etwas zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher