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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt
Autoren: Leena Lehtolainen
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Hochhaussiedlungen in Espoo. Im landesweiten Vergleich waren die Espooer Siedlungen sauber und ordentlich. Espoo war die Stadt mit den höchsten Zuwachsraten im ganzen Land und wollte hoch qualifizierte und gut verdienende Einwohner. Man konnte Ungelernten und Arbeitslosen zwar nicht befehlen wegzuziehen, aber es sollten wenigstens keine neuen mehr hinzukommen. Deshalb ließen diejenigen, die das Sagen hatten, lieber Eigentumswohnungen bauen als Mietskasernen.
    In den älteren Teilen von Suvela waren die Bäume bereits herangewachsen und prangten in frischem Grün. Kinder strömten aus der Schule, ein etwa elfjähriger Junge kramte eine Zigarettenschachtel aus der Tasche, sobald er den Schulhof verlassen hatte. Wir hätten natürlich eingreifen müssen, doch dazu hatten wir jetzt keine Zeit. Vor dem Haus, in dem Väinölä wohnte, standen zwei Streifenwagen. Alles schien ruhig zu sein.
    »Weigert er sich herauszukommen? «
    »Der Kerl kennt seine Rechte ganz genau«, schnaubte Liisa Rasilainen.
    »Er hat uns durch die geschlossene Tür zugerufen, ohne Haftbefehl ginge er nirgendwohin .  «
    Liisa Rasilainen war eine der dienstältesten Frauen bei der Espooer Polizei. Im Herbst hatten wir ihren fünfzigsten Geburtstag gefeiert. Sie war fünfzehn Zentimeter größer als ich und schlank, aber muskulös. Ihr kurz geschnittenes, dichtes dunkles Haar war von breiten grauen Streifen durchzogen. Sie sah aus, als wäre sie im dunkelblauen Polizeioverall zur Welt gekommen. In jüngeren Jahren hatte sie ein paarmal versucht, zur Motorradstaffel zugelassen zu werden, und sogar den Radstemmtest bestanden, der für Frauen angeblich unüberwindlich war, aber bei den psychologischen Tests war sie durchgefallen; man behauptete, sie sei nicht hart genug. Sie selbst führte das Testergebnis darauf zurück, dass die Männer ihren letzten Machosektor für sich behalten wollten.
    »Ich vermute, Väinölä hat etwas in seiner Wohnung, was die Polizei nicht sehen soll. Rauschgift vielleicht, oder eine illegale Waffe«, fügte sie hinzu.
    »Gehen wir nochmal rauf? «
    »Und bringen aus reiner Bosheit einen Durchsuchungsbefehl mit? «, grinste ich.
    »Keine schlechte Idee .  « Wir gingen in den zweiten Stock, wo Rasilainens Partner Jukka Airaksinen bereits mit dem Hausmeister wartete. Der Generalschlüssel war sofort angefordert worden, nachdem ich den Haftbefehl erteilt hatte. Ich hoffte, wir würden ihn nicht brauchen. Ich klingelte zweimal, dann hob ich die Briefklappe.
    »Väinölä, machen Sie auf! Wir haben einen Haftbefehl. Sie werden der Beteiligung an einem Tötungsdelikt verdächtigt. Wenn Sie nicht selbst öffnen, kommen wir mit dem Generalschlüssel rein .  «
    Eine Minute verging, dann hörte man schleppende Schritte, und die Tür ging auf, allerdings nur so weit, wie es die Sicherheitskette zuließ.
    »Zeig mir deinen Polizeiausweis«, kommandierte Väinölä mit gewollt tiefer Stimme. Da platzte mir der Kragen.
    »Lass den Unsinn, das ist kein amerikanischer Film. Raus jetzt, die Hände über den Kopf! «
    Er kam langsam heraus, und Rasilainen legte ihm Handschellen an. An seinen Bewegungen sah man, dass ihm diese Maßnahme vertraut war. Er war ziemlich klein, aber breit wie ein Schrank, vermutlich dank Krafttraining und Pillen. Die Schultern passten kaum durch die Tür, und sein Bizeps war beachtlich. Offenbar war er auf seine Oberarmmuskeln auch besonders stolz, denn er trug nur ein ärmelloses schwarzes Hemd. Auf den einen Arm war ein Hakenkreuz tätowiert, den anderen zierten die finnische Flagge und ein Männerkopf, der wahrscheinlich Marschall Mannerheim darstellen sollte. Auf den kahl geschorenen Hinterkopf hatte er sich ebenfalls ein Hakenkreuz tätowieren lassen.
    »Verdammt nochmal, gibt's bei der Polizei eigentlich bloß noch Weiber? «, röhrte er. Airaksinen und Koivu, die sich im Hintergrund hielten, schien er nicht bemerkt zu haben.
    »So ist es«, antwortete Rasilainen. »Und wir Weiber sind mütterlich besorgt um jeden, der verhaftet wird. Ich hol dir eine Jacke, in dem dünnen Hemd erkältest du dich noch .  «
    »Du Scheißfotze gehst da nicht rein, ihr habt keinen Durchsuchungsbefehl! «, brüllte Väinölä. Koivu und Airaksinen packten ihn und führten ihn ab, während Rasilainen und ich in die Wohnung gingen.
    Eine Haussuchung durften wir tatsächlich nicht durchführen, aber unter dem Vorwand, eine Jacke zu holen, konnten wir zumindest einen Blick in seine Behausung werfen. Wir betraten den
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