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Wie es Euch gefaellt, Mylady

Wie es Euch gefaellt, Mylady

Titel: Wie es Euch gefaellt, Mylady
Autoren: Jillian Hunter
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getauscht haben.
    „Du schuldest mir etwas, Boscastle“, sagte er schließlich mit ruhiger Stimme. „Diese Schuld fordere ich hiermit ein. Es ist nur für einen Monat.“
    Heaths blaue Augen verdunkelten sich. Einen ganzen Monat mit Julia? Er war nicht einmal fähig gewesen, sich in ihrer Gegenwart ein paar Stunden zu beherrschen. „Ich hatte vor, nach Paris zu reisen.“
    „Hat Wellingtons Stab dir in Aussicht gestellt, einen Posten in der Botschaft zu übernehmen?“
    Heath hätte beinahe laut aufgelacht. Russell in seinem maßlosen Ehrgeiz war so leicht zu durchschauen. „Hast du Angst, eine günstige Gelegenheit zu verpassen?“
    „Dies ist eine günstige Gelegenheit für dich. Hilf mir, Auclair zu fassen, und ich verspreche dir eine Belohnung.“
    „Wenn ich das Kindermädchen für deine Verlobte spiele? Verleiht man mir dafür einen Orden? Was erwartest du von mir? Soll ich Julia daran hindern, auf Menschen zu schießen? Ist das dein Ernst?“
    Russell lächelte kühl. „Bist du ein Mann, der zu seinem Wort steht?“
    Was für eine Frage! Sein Wort zu halten war sein unverrückbares Prinzip in einer Welt, die beherrscht war von Krieg und Chaos - der Leitstern in seinem Leben, dem er unbeirrt folgte. Die Ironie an der Sache war allerdings, dass diese Tugend ihn daran hinderte zu gestehen, warum er das Anliegen seines Freundes ablehnen musste.
    Ein Geständnis würde bedeuten, sein Wort Julia gegenüber zu brechen. Damit würde er Russells Meinung über seine Verlobte schädigen, und es wäre durchaus denkbar, dass sein Geständnis zu einem dramatischen Ende der Verlobung führte. Heath würde als ehrloser Schuft dastehen, als Verführer unschuldiger Mädchen, der noch dazu damit prahlte. Nein, lieber würde er sich ein Bein abhacken lassen, das wäre vermutlich weniger qualvoll.
    Resigniert wiegte er den Kopf hin und her. Sein Ehrgefühl hatte ihm eine Falle gestellt, das sollte ihm zu denken geben.
    Russell lachte befreit. „Einen Moment dachte ich, du lehnst meine Bitte ab. Wieso gehst du nicht hinunter und sprichst mit ihr? Freunde dich mit ihr an.“
    „Du hast es ihr bereits gesagt?“ Russells Hochmut verblüffte ihn.
    „Ja. Versuch du doch mal, vor Julia etwas geheim zu halten.“
    „Wie hat sie reagiert?“
    „Sie hat mir nicht recht geglaubt, dass ich …“
    Eine Bewegung im Hintergrund veranlasste beide, sich gleichzeitig umzudrehen. Ein junger Diener in dunkler Livree eilte mit wichtiger Miene die Treppe herauf.
    „Der Earl schickt mich, Sir Russell. Dies wurde für Sie abgegeben.“
    Russell brach das Siegel und las das Schreiben. „Auclair ist im Begriff, England zu verlassen“, sagte er und fluchte leise. „Mir bleibt keine Zeit mehr, dich zu überreden, Boscastle. Du musst mir diesen Gefallen erweisen. Offenbar bin ich vor dir in Paris.“
    „Um bei Wellington vorzusprechen?“
    Russell bedachte ihn mit einem finsteren Blick. „Erinnerst du dich, wie Julia aussieht?“
    „Ich denke schon“, antwortete Heath knapp.
    Er entsann sich nicht nur Julias Aussehen, er erinnerte sich auch an ihre Stimme, ihr helles Lachen, ihre seidige Haut. Unvergesslich der Goldschimmer in ihrem roten Haar, wie es seine nackte Brust gestreift hatte wie die Netze einer Meerjungfrau, sinnlich und verlockend.
    Ihm war, als habe er sie noch gerade eben geküsst. Sie war nicht die erste und nicht die letzte Frau, die er in seinen Armen gehalten hatte. Aber sie war die Frau, die sich am tiefsten in sein Gedächtnis eingebrannt hatte. Die Frau, nach der er sich in unstillbarem Hunger verzehrte. Alle anderen Liebesabenteuer waren schal und reizlos gewesen, hatten ihn mit einem Gefühl der Leere zurückgelassen.
    Niemand ahnte etwas von seinen Empfindungen, am allerwenigsten Julia. Nicht einmal mit seinen Brüdern hatte er je über seine Gefühle gesprochen. Heath pflegte seine persönlichen Angelegenheiten und Sehnsüchte für sich zu behalten. Und er würde seine Geheimnisse lieber mit ins Grab nehmen, bevor er sich im Club betrunken lallend über seine inneren Nöte ausließ oder sich an der parfümierten Schulter einer Hure ausweinte.
    Seine dichten schwarzen Brauen zogen sich zusammen. „Wann reist du ab?“
    „In ein paar Stunden. Der Kerl entkommt mir nicht.“

2. KAPITEL
    Julia versteckte sich hinter einer Säule im Ballsaal und beobachtete die beiden Männer auf dem Balkon. Es war unmöglich zu erraten, worüber sie redeten. Aus dieser Entfernung konnte sie kaum ihre Gesichter erkennen, aber
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