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Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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Händen ziehen, bis die Tür aufsprang. So unvermittelt, dass sie fast gestürzt wäre.
    Sie verstaute ihr Gepäck auf dem Rücksitz, glitt hinter das Steuer. Trotz der Lederhandschuhe spürte sie die eisige Kälte des Lenkrads, und sie zitterte in ihrem dicken Wintermantel. Was, wenn der Wagen jetzt nicht ansprang?
    Mehrmals drückte sie das Gaspedal durch. Dann steckte sie den Schlüssel in die Zündung und startete. Der Motor hustete, stotterte und ging aus.
    »Mist!«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während sie es erneut probierte. Als sie fast schon aufgeben wollte, sprang der Wagen endlich an. Lauri atmete erleichtert auf. Das gleichmäßige Schnurren des Motors klang plötzlich wie Musik in ihren Ohren. Die ganze Zeit über hatte sie nervös zur Eingangstür geschielt, besorgt, dass Drake die Motorengeräusche wahrnehmen könnte. Offenbar dämpfte das dichte Flockengestöber jedoch sämtliche anderen Geräusche. Nach einem letzten, bedauernden Blick in Richtung Haus legte sie den Gang ein und gab vorsichtig Gas. Merkte, wie die Reifen mit dem spiegelglatten Untergrund kämpften.
    Innerlich derart aufgewühlt, hatte sie bei ihrer Planung gar nicht einkalkuliert, dass draußen ein Schneesturm wütete. Das Fahren auf den verschneiten Straßen Nebraskas war für sie nie ein Problem gewesen. Aber die weiten Ebenen ihrer Heimat waren ein Klacks verglichen mit den Bergen und Schluchten von New Mexico.
    Panik stieg in ihr auf, denn der Wagen scherte aus und schlitterte gefährlich nah an die Randsteine der Rasenfläche. Hektisch an ihrer Unterlippe nagend, lenkte sie ihn mühsam wieder in die Auffahrt. Umklammerte das Lenkrad fester, entschlossen, nicht aufzugeben. Drake war in diesem Schneetreiben von Albuquerque hergekommen. Und was er geschafft hatte, würde sie auch locker packen. Wenn sie nämlich bis zum Morgen wartete, wäre vermutlich alles meterhoch zugeschneit.
    Sie brauchte fast zehn Minuten, um die Auffahrt zu passieren. Als sie das Ende des abschüssigen Privatwegs erreichte, der in die Landstraße nach Whispers mündete, und auf die Bremse trat, rutschte der Wagen einfach weiter. In ihrer Hektik versuchte sie, ohne anzuhalten abzubiegen, und lenkte in die Kurve. Dummerweise reagierte die Lenkung nur unwillig auf dem verharschten Untergrund. Schließlich verselbstständigte sich das Fahrzeug. Es rutschte im Zickzackkurs die Böschung entlang. Reflexhaft trat Lauri auf die Bremse. Die Räder blockierten, die Hinterräder sanken tief in den watteweichen Neuschnee. Lauri lag jählings weit nach hinten zurückgelehnt auf dem Fahrersitz, gleichsam wie auf einem Zahnarztstuhl. Gottlob war sie unverletzt. Und der Wagen hatte bestimmt auch nicht viel abbekommen, zumindest keinen Blechschaden – er war sanft,
aber unaufhaltsam in den Graben gerutscht. Allerdings steckte er jetzt hoffnungslos in den Schneemassen fest. Frustriert stellte Lauri die Zündung aus.
    Bevor sie über ihr neuerliches Dilemma nachdenken konnte, wurde die Fahrertür aufgerissen, und sie unterdrückte einen panikartigen Aufschrei, als sie in Drakes Gesicht sah. Es hatte keine Ähnlichkeit mehr mit den sonst so anziehenden Zügen, sondern war wutverzerrt.
    »Bist du verletzt?«, fuhr er sie an.
    Sie schüttelte benommen den Kopf, unschlüssig, ob sie froh sein sollte, überlebt zu haben. Plötzlich fürchtete sie Drake mehr als die möglichen Konsequenzen eines Autounfalls.
    Er packte sie am Oberarm und zerrte sie hinter dem Lenkrad hervor. Als sie sich sträubte und auf dem Rücksitz nach ihren Taschen griff, brüllte er: »Lass sie, wo sie sind.« Er hatte sich den Lammfellmantel übergeworfen, ihn aber nicht zugeknöpft, und die Schöße sprangen dauernd auf, während er sich bemühte, durch den knietiefen Schnee aus dem Graben zu klettern. Aufwirbelnde Flocken und nächtliche Dunkelheit behinderten ihr Fortkommen extrem. Er schleifte sie hinter sich her, kümmerte sich nicht darum, dass sie bis zu den Schenkeln im Schnee versank.
    Einmal rief sie ihm zu, er solle warten, weil sie umgeknickt war und meinte, sich den Knöchel verstaucht zu haben. Aber er reagierte nicht. Möglich, dass er es ganz bewusst ignorierte.
    Als sie endlich mühsam aus dem Graben gekrochen waren, spekulierte Lauri darauf, sich ein bisschen ausruhen zu können. Drake hatte jedoch andere Vorstellungen. Er packte
sie energisch am Arm und stapfte mit ihr die Auffahrt hinauf. Stolpernd, schlitternd und bei jedem Schritt lautstark fluchend.
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