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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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öfter und immer länger mußten sie rasten. Meistens suchten sie sich Buschgruppen aus oder armselige, verkrüppelte Bäume, deren kahles Geäst kaum noch Schatten werfen konnte. Aber es war Schatten, es war die Illusion, der Sonne für kurze Zeit entronnen zu sein. Dann lagen sie die ersten Minuten völlig erschöpft auf dem Rücken, hatten das Gepäck einfach fallen lassen, die Augen geschlossen, den Mund weit aufgerissen, und saugten die heiße Luft ein, die ihnen jetzt, wo sie nicht mehr liefen, nahezu kühl vorkam. Ihre Haut brannte von den Kopfhaaren bis zu den Fußsohlen, der Schweiß war wie kochendes Wasser, der den Staubbrei, der sie überzog, in die Poren zu drücken schien. Mooslachners Augen waren entzündet und geschwollen; bei jeder Rast opferte er ein paar Tropfen Wasser, um einen feuchten Lappen über sein Gesicht zu legen. Aber nach zehn Minuten Marsch brannten die Augen wieder, die Tränen liefen ihm über die Wangen, und manchmal ging er mit geschlossenen Lidern, den Arm ausgestreckt, die Hand auf Oppermanns Schulter gelegt, wie ein Blinder.
    »Sie haben eine gesalzene Stauballergie«, sagte Dr. Oppermann, nachdem er Mooslachners Augen untersucht hatte. »Mit ein paar Penicillintropfen und sauberer Luft wäre das zu beherrschen. Ich verordne Ihnen frischen Alpenozon.«
    »Sie perverser Mensch!« knurrte Mooslachner. »Was glauben Sie, wie Sie aussehen? Hiob war eine Schönheit gegen Sie! – Kann man hier nichts gegen diese Allergie tun?«
    »Hier? Nichts! Wir haben nichts bei uns. Olutoni hat meinen Medizinkasten an sich genommen. Kühlen Sie weiter.«
    »Das kostet pro Tag einen Liter Wasser.«
    »Wir haben noch zwölf Liter, Pater!«
    »Und wo sind wir?«
    »Keine Ahnung. Sie bestimmen ja, wo Osten ist.«
    »Und wir marschieren richtig. Wir kommen an den Pad nach Rundu! Verlassen Sie sich drauf. Ich weiß es ganz genau, wenn wir wieder in die Nähe von Tieren kommen.«
    »Noch sind wir hier anscheinend die einzigen Lebewesen. Abgesehen von Käfern.«
    »Da können Sie mal sehen, wie der Mensch sich zurückentwickeln kann …«
    An diesem vierten Tag ihrer Wanderung durch die Einsamkeit verminderten sie zum fünftenmal ihr Gepäck. Sie ließen Munition zurück, auch die letzten Büchsen mit Gemüse und Fertiggerichten, zwei schwere Decken und einen Affenfellsack. Die leeren Wassersäcke hatten sie immer sofort weggeworfen, aber das Beil und die Säge trug Mooslachner an einem Strick um den Hals. Es waren die wichtigsten Werkzeuge. Mit ihnen fällten sie kleine Bäume, rodeten trockenes Gestrüpp und machten daraus in jeder Nacht ein großes Feuer, an dem sie dann, eng nebeneinander, schliefen, zugedeckt mit einer einzigen Decke. Am Morgen häuften sie wieder einen Berg Holz zusammen, zündeten ihn an und warfen Gras und Flechten hinein, in der Hoffnung, der aufsteigende Rauch könne irgendwo Menschen alarmieren oder Suchflugzeugen die Richtung weisen.
    Es war eine magere Hoffnung. Holz und Gras waren so trocken, daß sie fast rauchlos verbrannten. Die Sonne saugte sogar das Feuer auf.
    Mooslachners Plan, nur nachts zu laufen, hatten sie aufgegeben. Man verlor zuviel Zeit damit. Jeder Meter, den sie zurücklegten, verstärkte ihre Hoffnung auf ein glückliches Ende ihrer Flucht. In der Nacht schliefen sie nicht länger als vier Stunden, dann nahmen sie ihr Gepäck wieder auf und zogen hintereinander durch das Veld. Jetzt ging Dr. Oppermann immer voran, gefolgt von Mooslachner, der jeden Schritt mit einem röchelnden Schnaufen begleitete. Oft hatte Oppermann Angst, Mooslachner könne plötzlich umfallen und einen Herzschlag erleiden. Dann legte er eine Rast ein und hörte das Herz des Paters ab.
    »Na, wie ist es?« brummte Mooslachner. »Wann zerplatze ich?«
    »Noch nicht. Ihr Herz ist gesund. Sie haben nur allerdings fünfundzwanzig Kilogramm Übergewicht. Das müssen Sie nun zusätzlich schleppen. Für Sie ist dieser Marsch die beste Entfettungskur.«
    »Wie Sie das aushalten!« knurrte Mooslachner. »Woher nehmen Sie bloß die Reserven?«
    »Das sieht nur so aus«, sagte Dr. Oppermann und verteilte die Wasserration. Luba trank ihre Portion mit kleinen, glucksenden Schlucken. Ihre Kehle war völlig ausgedörrt, das Schlucken tat weh, und wenn das Wasser durch die Speiseröhre in den Magen rann, hatte sie das Gefühl, würgen zu müssen. »Ich brauche nur Luba anzusehen, um mir zuzurufen: Du mußt hier durch! Du mußt zurück ins Leben! Du darfst nicht schlappmachen. – Sie sollen sehen: wenn
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