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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm
Autoren: Mary Jo Putney
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akzentfrei war, ihr ganzes Gehabe, ihre Ge-sten kamen mir so österreichisch vor.«
    »Es kommt noch schlimmer«, fuhr Lucien mit widerwilligem Grinsen fort. »Ich wurde neugierig und befragte andere Männer, die sie in früheren Episoden ihrer Karriere kennengelernt haben. Der französische Royalist ist sicher, daß sie Französin ist, der Preuße sagt, sie stamme aus Berlin, und der Italiener würde auf das Grab seiner seligen Mutter schwören, daß sie aus Florenz kommt.«
    Rafe konnte das Lachen nicht unterdrücken. »Also weißt du nun überhaupt nicht mehr, wo die Loyalität der Lady liegt - wenn sie überhaupt eine Lady ist.«
    »Eine Lady ist sie, daran gibt es keine Zweifel«, fauchte Lucien. »Aber auf welcher Seite steht sie?«
    Rafe war überrascht von der heftigen Reaktion seines Freundes, denn Lucien hielt normalerweise jede Senti-mentalität aus seiner Arbeit heraus. Rafe gab seiner Stimme einen beruhigenden Klang. »Was soll ich tun, wenn ich herausfinde, daß sie uns betrügt - sie umbringen?«
    Lucien warf ihm einen harten Blick zu, wie um zu prü-
    fen, ob Rafe einen Scherz machen wollte. »Wie ich bereits gesagt habe, geht es hier nicht ums Töten. Wenn ihr nicht mehr vertraut werden kann, informierst du einfach Au-
    ßenminister Castlereagh, daß er nichts mehr auf ihr Wort geben soll. Möglicherweise will er sie dazu benutzen, ihren anderen Arbeitgebern falsche Informationen zu übermitteln.«
    »Laß mich kurz zusammenfassen, ob ich es richtig verstehe«, sagte Rafe. »Du willst, daß ich die Lady aufsuche und sie überrede, mit ihrem Talent mögliche Mordpläne aufzudecken. Zusätzlich soll ich feststellen, wo ihre Loyalität liegt, und wenn es irgendwelche Gründe für Mißtrauen gibt, soll ich die britische Delegation davon in Kenntnis setzen, sich nicht mehr auf ihre Arbeit zu verlassen. Richtig?«
    »Exakt. Aber du mußt dich beeilen. Die Verhandlungen laufen nicht mehr allzu lange, also wird jegliches Komplott bald stattfinden müssen.« Lucien blickte zu Nicholas, der schweigend zugehört hatte. »Bei deiner Erfahrung mit Maggie in ihrer Maria-Bergen-Rolle - hättest du noch etwas hinzuzufügen?«
    »Nun, sie ist unzweifelhaft die schönste Spionin in Europa.« Nicholas fügte noch ein paar Bemerkungen über sie an, aber die daraus folgende Diskussion erbrachte nichts.
    Schließlich sagte Rafe: »Die Informationen, die wir haben, sind, gelinde gesagt, widersprüchlich. Offenbar ist unsere Maggie eine hervorragende Schauspielerin. Ich muß mir also selbst ein Bild machen und hoffen, daß sie sich für meinen berüchtigten Charme empfänglich zeigt.«
    Sie standen alle auf. »Wie bald kannst du abreisen?«
    fragte Lucien.
    »Übermorgen. Die schönste Spionin in Europa? Ich finde, das hört sich ziemlich vielversprechend an.« Seine Augen leuchteten auf, als er seine Zigarre ausdrückte. »Ich schwöre, ich werde für König und Vaterland mein Bestes geben.«
    Anschließend kehrten sie zu der Party zurück und mischten sich unter die Gäste. Als Rafe fand, er hätte genug belangloses Zeug geredet, um normal zu erscheinen, hatte er es eilig, zu verschwinden. Dann kam es ihm in den Sinn, daß er vergessen hatte zu fragen, wie diese Maggie überhaupt aussah. Da Julien verschwunden war, machte er sich auf die Suche nach Nicholas.
    Endlich sah er seinen Freund, der einen mit einem Vorhang separierten Alkoven betrat. Doch als Rafe den Vorhang beiseite schob, hielt er plötzlich inne, und seine Hand krampfte sich um den Stoff.
    In dem dunklen Alkoven lagen sich Nicholas und seine Frau Clare in den Armen. Sie küßten sich nicht; wenn es so gewesen wäre, hätte Rafe nur gelächelt und wäre, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, verschwunden.
    Doch der Anblick, der sich ihm bot, war viel simpler und dennoch unendlich verstörender.
    Clare und Nicholas lehnten mit geschlossenen Augen aneinander, sein Arm um ihre Taille, ihre Stirn an seiner Wange. Es war ein Bild absoluten Vertrauens und des Verständnisses, und es war weit intimer als jede noch so leidenschaftliche Umarmung.
    Da die beiden ihn nicht bemerkt hatten, zog Rafe sich lautlos und mit verhärteter Miene zurück.
    Es war nicht gut, auf seine Freunde neidisch zu sein.

    Nach einem Tag voller hektischer Vorbereitungen war der Duke of Candover bereit, England zu verlassen. Er würde rasch reisen - nur mit einer Kutsche, seinem Kammerdiener und mit einer Garderobe, die der modebewußtesten Stadt Europas gerecht wurde.
    Als die Uhr
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