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Wie, du stillst nicht

Wie, du stillst nicht

Titel: Wie, du stillst nicht
Autoren: Regina Masaracchia
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Mutterleibservice
    Die Bedürfnisse eines Babys sind auf der ganzen Welt gleich, denn wir Menschen sind nun einmal biologische Wesen. Das Verhalten eines Neugeborenen wird nicht durch kulturelle Normen und Werte gesteuert, sondern durch seine natürlichen biologischen Bedürfnisse. Ein afrikanisches Baby kommt mit den gleichen Wünschen auf die Welt wie ein asiatisches oder europäisches Kind.
    Die Art, wie Erwachsene die Wünsche und das Verlangen der Kinder befriedigen, ist jedoch sehr unterschiedlich und zum großen Teil kulturell bedingt. So gibt es sehr häufig Diskrepanzen zwischen den anerzogenen Erwartungen der Eltern und den natürlichen Bedürfnissen eines Säuglings. Um Traumata auf beiden Seiten zu vermeiden, empfiehlt der Buchautor Dr. Harvey Karp den sogenannten »Mutterleibservice«.
    Bemuttern, ja bitte!
    Ein Baby kommt durch evolutionäre Vorgänge sozusagen drei Monate zu früh zur Welt: Durch die Errungenschaft des aufrechten Gangs hatte sich das Becken des Homo sapiens verengt, gleichzeitig wurden die Gehirne des Nachwuchses und somit die Köpfe immer größer. Als Resultat stellte die Natur sozusagen um: Babys wurden immer unreifer geboren - so war die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie im Geburtskanal stecken bleiben.
    Dank unserer hoch entwickelten manuellen Fähigkeiten sind wir Menschen in der Lage, unser unreifes Neugeborenes zu beschützen. Prähistorische Mütter konnten ihre Babys bei sich tragen und sie dabei geborgen und warm halten, indem sie warme Kleidung und Tragevorrichtungen herstellten. Damit ahmten sie die Sicherheit des Mutterleibes nach.
    Bietet man seinem Kind auch nach der Geburt für mindestens drei weitere Monate das Gefühl, das es im Mutterleib empfunden hat, wird zudem der »Schreireflex« ausgeschaltet. Denn im Mutterleib hat ein Baby alles, was es braucht, um sich glücklich, geborgen, sicher und rundum wohlzufühlen. Bemuttern können und sollten selbstverständlich auch der Vater und andere Familienmitglieder. Es ist wünschenswert, dass der Vater viel kuscheligen Hautkontakt mit seinem Kind hat, denn dies erleichtert die Vater-Kind-Bindung. Doch auch wenn Väter heutzutage zunehmend »mütterlicher« werden, was ganz wundervoll ist, sollte in den ersten drei Monaten nach der Geburt möglichst die Frau den Mutterleibservice übernehmen. Das hat einen ganz einfachen Grund: Ihren Geruch, ihre Stimme, ihren Körper und ihren Empfindungszustand erkennt das Baby aus der Zeit der Gebärmutter wieder. So wird der sichere Kontakt natürlich fortgesetzt.
    Einen Säugling zu bemuttern, hat übrigens nichts mit Verwöhnen zu tun. Denn Verwöhnen heißt, dass ein anderer etwas für mich macht, was ich auch selbst machen könnte. Ein Säugling kann jedoch noch nicht viel selbst machen, sondern ist auf die Sensitivität (die Fähigkeit, die Gefühle und Gedanken anderer Menschen zu spüren und zu erkennen, auch Empathie genannt) seiner Eltern angewiesen, d. h. darauf, dass sie seine Zeichen und Signale richtig deuten und dementsprechend handeln, damit er zufrieden ist und körperlich und geistig gesund heranwachsen kann.
    © Shutterstock/Hannes Eichinger
    Babys Bedürfnisse
    Um genau zu verstehen, was es mit dem Nichtstillen auf sich hat, müssen wir uns auch die Bedürfnisse des Babys nach der Geburt vergegenwärtigen. Babys sind völlig hilflos und auf unsere Versorgung angewiesen. Doch sollten wir nicht vergessen, dass sie von Geburt an Gefühle haben. Der Verhaltensbiologe Joachim Bensel hat in »Steinzeitbabys im Atomzeitalter« die fehlende Angepasstheit heutiger Säuglinge an die moderne Zeit thematisiert. Seiner Ansicht nach haben menschliche Säuglinge zu 99 Prozent in Umgebungsbedingungen verbracht, die sich radikal von den heutigen unterscheiden. Bensel vergleicht die Situation von Mutter und Kind in industriellen mit traditionellen Gesellschaften, die einen Blick in die stammesgeschichtliche Vergangenheit des Menschen erlauben. Er stellt fest, dass Säuglingen dort viel mehr körperliche Zuwendung geschenkt wird. Die angeborenen Bedürfnisse nach Nähe, Sicherheit und Geborgenheit haben sich im Gegensatz zu den kulturellen nicht verändert. Sie sind, so Bensel, steinzeitlich geblieben. Das Kind möchte auch nach der Geburt die Mutter spüren, riechen, hören, sehen, schmecken und bewegt werden. Diese Bedürfnisse können als natürlich und bewiesen angesehen werden. Es gibt kein Neugeborenes,
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