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Wie die Tiere

Wie die Tiere

Titel: Wie die Tiere
Autoren: Wolf Haas
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riesigen Komposthaufen neben dem Messturm, mein lieber Schwan, der hat heute weit heraufgestunken, aber er hat sich schon wieder entfernt, ist gesegelt und gesegelt, schwerelos wie das reinste Raumschiff, und in unendlich weiter Entfernung hat er für einen Augenblick, oder war es womöglich eine Ewigkeit, noch einmal das überirdisch schöne Blau des Kinderschwimmbadwassers aufblitzen gesehen.
     

einundzwanzig
    Das war das Jahr, in dem der Föhn den Wiener Magistrat gezwungen hat, das Kinderschwimmbad schon am Muttertag aufzusperren. In das Kinderschwimmbad dürfen nur Kinder hinein, das führt natürlich immer wieder zu Reibereien, die Jugendlichen möchten auch gern hinein, und sogar die Erwachsenen sind sich nicht zu blöd und möchten gern in das Kinderschwimmbad hinein.
    Aber für Erwachsene gibt es kein Baden im Augarten, der Erwachsene hat rundherum Bäder, der kann in den Prater baden gehen, der kann zur alten Donau hinausfahren, der darf sich im Krapfenwald-Bad einschmieren, bis er glänzt, aber der muss nicht unbedingt im winzigen Kinderschwimmbad den kleinen Kindern den Platz wegliegen.
    Und wenn einer zwei Meter groß ist wie der Horsti, dann verliegt er Platz für drei Kinder, und da wird man gleich einmal schief angeschaut. Obwohl es beim Horsti vollkommen in Ordnung war, weil als Begleitperson hast du ein Anrecht, anders kommst du ja gar nicht hinein, und ist auch richtig so. Du musst wissen, der Horsti hat jetzt eine neue Freundin gehabt, die Pamela. Und die Pamela hat ein dreijähriges Kind gehabt, die Helena. Weil da haben alle gesagt, das passt gut zusammen, Pamela und Helena. Und dem Horsti ist das auch sofort aufgefallen, und der hat da jetzt nach dem schweren Erlebnis mit der Manu mehr das Familiäre gesucht.
    Ich muss ehrlich sagen, die Pamela war ebenfalls sehr attraktiv, die hat sich hinter der Manu Prodinger überhaupt nicht verstecken müssen. Die Pamela schwarze Haare, und zwar richtig schwarz, wie man es bei uns gar nicht so oft sieht, aber sonst, Figur und Wesen durchaus mit der Manu vergleichbar, da dürfte der Horsti so seinen Typ gehabt haben.
    Und interessant. Die Pamela auch ein bisschen Stimme wie ein Glasschneider. Wenn die Pamela im Kinderschwimmbad „Helena“ geschrien hat, das ist den Leuten durch Mark und Bein gegangen.
    Aber die Helena ist jetzt brav am Beckenrand gesessen und hat mit den anderen Kindern gemütlich geplanscht und diskutiert. Zum Hineingehen war es am ersten Tag fast noch zu kalt jetzt sind rundherum am Beckenrand die drei-, vierjährigen Kinder gesessen, das hätte ein Fotograf fotografieren müssen, so entzückend hat das ausgesehen, das glaubst du gar nicht. Die kleinen weißen Körperchen mit den weißen Hüten und den Kindersonnenbrillen auf, rund um das blaue Wasser. Fast ein bisschen, wie sich die Vögel am Abend auf den Abschussrampen vom Flakturm aufreihen und ganz brav auf die Dämmerung warten, und auf einmal fliegen sie weg, wie auf Kommando.
    Der Horsti und die Pamela sind am Rücken gelegen, schön die Abendsonne bis zur letzten Minute auskosten, und die Pamela hat gesagt: «Das ist einmal ein Muttertag, wie ich ihn mir gefallen lasse.» Aber leider, wenn etwas sehr ideal ist, stören dich oft die kleinsten Kleinigkeiten. Jetzt hat sie noch gesagt. «Nur der blöde Hubschrauber soll endlich verschwinden.»
    Weil bevor der Hubschrauber gekommen ist, hat man aus weiter Ferne die Sängerknaben vom anderen Ende des Augartens herüber gehört, «Mama» von dem holländischen Wunderkind Heintje haben sie gesungen.
    Sie hat sich jetzt aufgesetzt, verärgert zum Hubschrauber hinübergeschaut und die Sonnenbrille auf die Nase heruntergegeben.
    «Gib sie hinauf», hat der Horsti gesagt, «sonst kriegst du weiße Flecken.»
    «Es blendet mich», hat die Pamela stimmlich aufgestampft, da war sogar ziemlich viel Glasschneider dabei.
    Jetzt hat der Horsti seine Sonnenbrille auch auf die Nase heruntergeschoben. Er hat sich umgeschaut bei den Begleitpersonen, es hat sich ziemlich die Waage gehalten, die einen haben die Brille im Haar gehabt, die anderen auf der Nase, weil es ist immer die Frage, was ist dir mehr wert, das Blenden oder die weißen Flecken im Gesicht.
    Und der Horsti hat noch getestet, wie groß der Unterschied für die Augen ist. Er hat die Kinder am Beckenrand fixiert und die Sonnenbrille auf und ab geschoben. Brille oben, haben die Kinder am Beckenrand ganz weiße Körper gehabt, Brille unten, braune Körper. Dann wieder Brille oben,
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