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Wie die Tiere

Wie die Tiere

Titel: Wie die Tiere
Autoren: Wolf Haas
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dir das anschauen, an der Hinterseite vom Flakturm, mehr so seitlich blitzt da in Kopfhöhe dieses kleine Rechteck aus frischen roten Backsteinen aus dem Flakturmgrau heraus, das findest du leicht, und das haben sie wegen dem Brenner zugemauert. Wenn du vielleicht eine Blume hinlegen willst, muss nicht weiß Gott was für ein Strauß sein, nur ein kleines Zeichen, das würde mich persönlich freuen.
    In der Tasche hat er den Brief von der Pensionsversicherung gehabt, die haben ihm geschrieben, dass er gesund ist wie ein Dreißigjähriger, und Frühpension keine Chance. Da muss man im Nachhinein schon sagen, ihm und der Amtsärztin und der Welt wäre einiges erspart geblieben, wenn er gar nicht erst angesucht hätte, aber nachher ist man immer gescheiter. Er hat das jetzt verdrängt und am Heimweg gleich mit dem negativen Bescheid vor der Conny angegeben. Gesund wie ein Dreißigjähriger, hat er immer wieder betont. Aber er hat es so gesagt, als würde er das eine wahnsinnige Frechheit finden.
    Du musst wissen, die Mali ist für ein halbes Jahr auf Schüleraustausch in Italien gewesen, quasi Neubeginn, jetzt hat der Brenner sich ausgerechnet, dass die Conny doch eine Bezugsperson braucht, quasi auch Neubeginn.
    Und weil er viel lieber noch länger mit ihr durch den Augarten spaziert wäre, hat er recht gejammert, dass er schon wieder in die Gruppenstunde muss. «Die Kinder sind ja nicht das Schlimmste», hat er gesagt, «aber der Horsti macht mich krank» Weil der Horsti hat es immer wieder erzählen müssen, die Kinder waren schon längst drüber hinweg, und der Horsti immer wieder, ich schieb mir die Sonnenbrille hinauf, ich schieb sie hinunter, ich schieb sie hinauf, ich schieb sie hinunter. Aber es hat nichts genützt, der Brenner hat jetzt zurückmüssen in die Gruppenstunde.
    Vielleicht war er auch nur neidig, dass der Horsti so begeistert von seinem Problem erzählen kann. Er selber hat in der Gruppe nicht viel darüber herausgelassen, was er im Flakturm erlebt hat. Nicht einmal der Magdalena hat er es erzählt, aber mit der hat er sich sowieso nicht mehr so gut verstanden, seit sie ihm das Leben gerettet hat. Vielleicht ist es auch mehr daran gelegen, dass sie jetzt mit dem Berti verlobt war. Nicht dass du glaubst, negative Gefühle, aber es war nicht mehr ganz so wie früher zwischen dem Brenner und der Magdalena.
    Nur der Conny gegenüber hat er jetzt am Weg vom Flakturm zum Früchtchen-Heim ein Detail erwähnt. Über das Kopfweh, quasi interessante Beobachtung.
    «Komisch ist das schon», hat er gesagt, damit er nicht die ganze Zeit nur über den Horsti schimpft, sonst macht er den womöglich noch für die Conny interessant, «Das Schädelweh ist im Flakturm von Minute zu Minute ärger geworden.»
    «Das kommt mir nicht komisch vor», hat die Conny sich über die kurze Geschichte gewundert.
    «Und auf einmal war es weg.»
    Die Conny hat gewartet, dass noch was kommt, aber es ist dann nichts mehr gekommen, jetzt hat sie nicht recht viel mit der Geschichte anfangen können.
    Wenn schon, hätte er ihr ein bisschen mehr erzählen müssen. Wie er da mit seinem elendig schmerzenden Kopf am Flakturmdach liegt, und der Architekt versucht ihn über die Kante zu schieben. So was muss man doch nicht sein Leben lang allein mit sich herumtragen. Wie er am Rücken liegend in den Himmel hinaufschaut, und im selben Moment, wo er das Rotorblatt durch den Architektenhals fahren sieht, löst sich sein eigenes Kopfweh in Luft auf.
    Ganz geheuer war ihm das selber nicht. Er war schon nahe daran, dass er es der Conny doch erzählt, aber mit so etwas darf man nie zu lange warten, und jetzt war es zu spät. Weil unangenehme Überraschung vor dem Früchtchen-Haus. Der Horsti. Und der ist nicht allein auf der Straße gestanden mit seiner ewigen Sonnenbrille. Der Schmalzl ist in seinem roten BMW Cabrio gesessen, einen schneeweißen Argentino auf dem Rücksitz, und hat seinem besten Spendensammler lautstark das Neueste erzählt.
    Pass auf, der Hojac hat den Schmalzl beauftragt, dass seine Tierfamilie das Hartwig-Heim samt Puppi-Betreuung übernehmen soll. Das war natürlich für den Schmalzl ein Riesenschritt in die richtige Richtung. Und dem Horsti hat er die verantwortungsvolle Heimleitung übertragen.
    «Und nennen tun wir es Manu-Prodinger-Heim», hat der Schmalzl laut und zufrieden verkündet.
    Der Brenner hat versucht, unbemerkt an ihm vorbeizukommen, aber nichts da. Die Puppi und der Schmalzl haben ihn genau gleichzeitig
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