Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie der Soldat das Grammofon repariert

Wie der Soldat das Grammofon repariert

Titel: Wie der Soldat das Grammofon repariert
Autoren: Sasa Stanisic
Vom Netzwerk:
liebsten mache ich einen Wels für meinen Enkel und für meine stolze Genossin. Mit Zitrone, Knoblauch, Petersilienkartoffeln. Und eines steht über allen anderen Dingen, Genosse Poljo: Aleksandar ist der beste Angler von hier bis zur Donau, Opas Sonne, ist er, ja.
     
    Wie lange ich in Gedanken vor Opas Sarg stand, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wann ich mich unter den schweren Händen meines Vaters befreite und wann ich um die Grube lief, aus der es nach Sonntagsregen roch. Wann setzte ich den Hut mit den gelben und den blauen Sternen auf, die sich um die Mondsichel drehen, obwohl Opa mir am Tag, an dessen Abend er stärker als alle Magie gestorben war, erklärt hatte, nicht Sterne um Monde – Monde drehen sich um Sterne? Wie lange zeigte ich mit dem Stab auf den fünfzackigen Stern am Kopfende des Sarges, wie oft schlug ich um mich, als sie mich forttragen wollten? Was fluchte ich, wie viel weinte ich? Und werde ich jemals Carl Lewis verzeihen, dass er meine ganze Zauberkraft für seinen Weltrekord aufgebraucht hatte, so dass für Opa nichts übrig blieb? Alles für die 9,86 Sekunden am 25. August 1991, am Abend des Abends, an dem man von Megdan aus nicht hören konnte, wie eine Mutter zu ihrem Sohn flüsterte: du hattest einen liebenden Opa, er ist jetzt nie wieder hier. Aber seine Liebe für uns ist unendlich, seine Liebe verschwindet niemals. Aleksandar, du hast jetzt einen unendlichen Opa.

    Wir hatten ein Versprechen aus Geschichten, Mama, nickte der Sohn entschieden und schloss die Augen, als zauberte er ohne Stab und Hut, ein ganz einfaches Versprechen: niemals aufhören zu erzählen.

Wie süß Dunkelrot ist, wie viele Ochsen man für eine Wand braucht, warum das Pferd von Kraljević Marko mit Superman verwandt ist und wie es sein kann, dass ein Krieg zu einem Fest kommt
    I ch kann jetzt nicht mehr, ich lasse mich jetzt fallen, ich liege jetzt da, inmitten der summenden Süße von zertretenem Fruchtfleisch. Kleine Fliegen summen um meinen Kopf, die dunkelrote Süße der Pflaumen klebt mir im Mund, um die Lippen und an den Händen, ich füttere die Fliegen, als seien sie Vögel. Wir schnäbeln.
    Pflaumenernte in Veletovo: Ur-Oma Mileva und Ur-Opa Nikola haben zum Erntefest in ihr Dorf geladen. Die ganze Familie ist versammelt, noch tragen einige Schwarz wegen Opa Slavko, Schwarz ist das Gegenteil von Sommer, also brennt die beleidigte Sonne ihnen heiß auf die Rücken, das nachtragende Miststück, sagt Ur-Oma, und wischt sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
    Opas Tod ist das Gegenteiligste von Sommer.
    Den Pflaumenhunger habe ich von meiner Mutter. Neulich, als sie sah, wie sehr ich mich über die Pflaumenernte freute, erzählte sie mir, sie habe in den letzten Monaten der Schwangerschaft nur noch Eiskunstlaufen gesehen und Unmengen an Pflaumen gegessen: tagsüber Pflaumen, abends Hackfleisch mit Schokolade, zwischendurch Karotten und wenn ich Durst hatte, literweise Kaffee.
    Und hier und da ein Zigarettchen, was?, ergänzte mein Vater, ohne die Augen von der Zeitung zu heben.
    Vater hatte meine Geburt verschlafen.

    Ich bin meiner Mutter pflaumen- und hackfleischähnlich und malte für sie und mich eine Pflaume ohne Kern im Hackfleischmantel. Auch Mutter trägt heute Süß und Dunkelrot im Gesicht wie einen Bart. Wirst trotzdem zu Mittag essen müssen, warnt sie mich von der Leiter, mach mal langsamer!
    Mach mal weniger, wäre der bessere Rat, denn ich habe gerade einen Weltrekord an Pflaumen gegessen. Zwei Weltrekorde Magenschmerzen habe ich jetzt, ich liege da und lasse mich umsummen.
    Die Pflaume ist eine verstaubte Frucht.
    Das ist das Erste, worüber du lachst, Aleksandar, sagte Mutter, als wir über die Ernte sprachen. Nach Opas Tod, sagte sie nicht.
     
    Das sind Wege für den Arsch, nicht für ein Auto!, fluchte mein Vater gestern Morgen auf der Straße nach Veletovo und sah kopfschüttelnd unter die Motorhaube unseres gelben Yugos.
    Yugos sind für vier und nicht für sechs, erwiderte Mutter und steckte sich eine Zigarette an.
    Daran liegt es nicht, es liegt an seinem Charakter! Ich habe kein Auto, ich habe einen Esel auf Reifen! Vater trat gegen die Felge.
    Ein Esel …, setzte Mama zu einer Antwort an, entfernte sich dann aber glücklicherweise, um ihre Zigarette mit den Blumen am Wegesrand zu rauchen.
    Schon bei seiner ersten Fahrt war unser damals nagelneuer Yugo auf der kurvigen Straße nach Veletovo stehen geblieben, mit laufendem Motor, als wollte er sich nur kurz die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher