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Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Titel: Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)
Autoren: Petra Foede
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Genüssen begrüßte die verwirrten Sinne. Hier lagen Weintrauben, Rosinen, Orangen, Kuchen, alle Sorten Gebäck, Eis, Wurst in Brötchen und Frikadellen ( patties ). Aber der Gipfel der Glückseligkeit war ›strawberry mess‹, bestehend aus frischen Früchten, vermischt mit Eiscreme und Zucker.« Vernets Erinnerung bezieht sich wohl auf die Zeit um 1860. Eton Mess bestand damals also aus Erdbeeren mit Eis, und die Schüler mussten es außerhalb des Colleges kaufen. So wird das Dessert auch noch 1934 in einem Artikel in Harper’s Bazaar beschrieben als »ein großer Schlag Erdbeer-Eiscreme mit den fettesten Erdbeeren darin eingetaucht und Schlagsahne und Zucker darüber geschaufelt«. Mit Eis oder ohne – das war für Collegeboys des 19. Jahrhunderts nicht zuletzt eine Statusfrage, keineswegs nur in Eton. Ein älterer Herr erinnerte sich 1916 an seine Schulzeit in einem anderen vornehmen College: »Die angenehme Zugabe von Erdbeer-Eiscreme zu einer Portion Erdbeeren mit Sahne war in den frühen Fünfzigern (gemeint: die 1850er) ein wohlbekannter Luxus in Winchester. Aber nach meiner Erinnerung war das damals ein teures Vergnügen. Das Eis alleine kostete sixpence und für Erdbeeren mit Sahne musste man noch einmal sixpence ausgeben.« Das war wirklich viel Geld: Für Sixpence konnte eine Hausfrau damals in London ein Pfund Rindfleisch kaufen!
    Erdbeeren mit Sahne waren also Luxus, es war das Modedessert der Reichen und Vornehmen, und die Begeisterung dafür erreichte in England wohl Anfang des 19. Jahrhunderts ihren ersten Höhepunkt, als auf den Landsitzen im Sommer zu Strawberry-Parties eingeladen wurde. Diese Mode kritisiert der fiktive Herzog von Wexford in dem Roman The woman of the world in einem Dialog mit Lord Monthemer: »Was für eine abscheuliche Mode diese Erdbeer-Partys sind!« (…) »Glauben Sie, es existiert ein Individuum jenseits des Grundschulalters, das fähig ist, eine solche mélange aus Erdbeeren und Sahne zu verschlingen? … Ihr Magen würde sich von diesem Schock sechs Tage lang nicht erholen! … Die einzige Art, die ich kenne, Erdbeeren zu essen … ist, sie mit etwas Puderzucker bestreut und einem halben Löffel voll Malvasier direkt nach der Eiscreme zum Abschluss des Dinners zu verspeisen – aber nicht mit dem Eis, das ruiniert den Geschmack!« Man sollte nicht glauben, dass man etwas so Einfaches wie »Erdbeeren mit Sahne« erst erfinden müsse, aber offensichtlich muss man das, und was der Herzog nicht kennt, das isst er nicht. Aber es waren vielleicht gar nicht die Engländer, die dieses schlichte, aber köstliche Dessert zuerst aufgetischt haben, sondern die Schotten, berühmt-berüchtigt vor allem für ihr Porridge. 1855 war jedenfalls in der Enzyklopädie der schottischen Brüder Chambers zu lesen: »In den meisten Gegenden Englands werden Erdbeeren pur gegessen oder einzeln in Zucker getaucht … und passend zu dieser Art des Verzehrs kommen sie mit den Stängeln auf den Tisch, die Henkel zum Anfassen bilden. In Schottland werden sie dagegen auf wesentlich bekömmlichere Art verzehrt. Sie werden ohne Stiele und mit einer reichhaltigen Mischung aus Sahne und Zucker aufgetragen. ›Strawberries and cream‹ ist tatsächlich eine der großen nationalen Leckereien … Wer Erdbeeren nur in den kleinen Bechern vom Covent Garden (in London) kennt, kann sich kaum eine Vorstellung von dem Konsum in der schottischen oder der irischen Hauptstadt machen.«
    Schon bald war in den Sommermonaten kein gesellschaftliches Ereignis mehr ohne Erdbeeren mit Schlagsahne denkbar: Man delektierte sich daran beim traditionellen Pferderennen in Ascot, bei der Royal Regatta in Henley und seit 1877 beim Tennisturnier in Wimbledon. Aber natürlich aß die High Society die Früchte, ohne sie zu zermatschen – es war nicht »Strawberry Mess«. Von »Eton Mess« scheint vor den 1950er Jahren niemand gesprochen zu haben, und das heute allgemein unter diesem Namen bekannte Dessert mit zerkrümelten Baisers wird von der Schule selbst als Rezept des Kochbuchautors Michael Smith aus den 1970er Jahren angesehen.

Rezepte Eton Mess
    » Eton Mess. Geputzte Erdbeeren, eingelegt in Kristallzucker, leicht mit der Gabel zerdrückt und mit geschlagener Sahne vermengt.«
    Quelle: John Fuller, Guéridon and Lamp Cookery , New York 1964
    Zutaten für 4 Portionen: 500 g Erdbeeren, 2 TL Kristallzucker oder Vanillezucker, 2 TL Granatapfelsaft, 500 ml Schlagsahne, 4 große gekaufte Baisers/Meringues. Zubereitung: Die
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