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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss
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bedachte seine einzige noch lebende Verwandte mit einer abfälligen Grimasse. In ihm
    war nur noch Verachtung für sie. »Wahrscheinlich hast du auf die Nachricht von Shemaines Tod
    gewartet. Dann hättest du es so einzurichten gewußt, daß mir diese Information zugespielt würde.«
    Das verzerrte Lächeln erreichte nicht seine Augen. »Ich zweifle keinen Augenblick daran, daß du dir
    aus jedem englischen Gefängnis, in das ich dich schicken könnte, einen Weg in die Freiheit erkaufen
    würdest. Daher habe ich eine passendere Bestrafung für dich ersonnen, Großmutter. Vom heutigen
    Tag an wirst du mich nie wiedersehen. Falls ich überhaupt noch einmal nach England zurückkehre,
    dann nur, um meinen Besitz aufzulösen. Den Rest meines Lebens werde ich als gewöhnlicher Siedler
    verbringen, und du wirst nie, niemals in dem Haus willkommen geheißen werden, das ich für mich und meine Familie bauen werde, falls ich das Glück haben sollte, überhaupt zu heiraten. Und die Nachkommen, die ich eventuell bekommen werde, Großmutter, wirst du niemals sehen,
    niemals hören und niemals auf sie stolz sein können - oder auf deren Kinder, falls du so lange lebst.
    Und du wirst niemals in der Lage sein, dich in ihr Leben einzumischen, wie du es bei mir getan hast.
    Dies ist ein Abschied für immer, Großmutter. Mögest du ein langes, einsames und elendes Leben
    haben.«
    Damit drehte Maurice sich auf dem Absatz um, durchmaß mit langen Schritten das Zimmer, trat auf
    den Korridor und donnerte die Tür mit solcher Heftigkeit hinter sich zu, daß Edith die Ohren dröhnten.
    Nachdem er fort war, saß Edith du Mercer reglos da, starrte vor sich hin und sah doch nichts. Sie
    fühlte sich taub. Vielleicht war sie bereits tot? Alles, wofür sie gekämpft hatte, wonach sie sich
    gesehnt hatte, worauf sie gehofft hatte, war mit dem Zuschlagen dieser Tür gestorben. Als es einige
    Sekunden später erneut klopfte, war sie nicht einmal fähig, »Herein« zu rufen. Doch für Morrisa war
    das kein Hinderungsgrund. Sie wollte wissen, was geschehen war.
    »Potts und Roxanne sind tot«, informierte Edith sie tonlos. »Du solltest besser so bald wie möglich
    verschwinden. In meiner Tasche neben dem Bett ist ein Beutel mit Münzen. Nimm ihn dir. Es müßte
    genügen, um dir eine Fahrt nach New York zu ermöglichen... oder irgendwo anders hin.«
    »Aber was ist mit Freida?« fragte Morrisa ängstlich. »Wenn ich weggehe, ohne vorher meine Papiere
    zurückzukaufen, wird sie jemanden hinter mir herschicken... Vielleicht wird sie mich sogar töten.«
    Edith griff nach dem Beutel, den Maurice ihr gerade auf den Tisch geworfen hatte, und reichte ihn
    Morrisa. »Vielleicht ist das genug, um deine Papiere zu kaufen. Aber wie dem auch sei, du solltest
    weggehen. Ich denke, daß dieser Mr. Thornton irgendwann heute morgen herkommen wird, vielleicht,
    um die Leichen zu bringen, vielleicht, um nach dir zu suchen. Ich selbst werde die nächste Kutsche
    nach Norden nehmen und dann ein Schiff zurück nach England.«
    Nachdenklich wog Morrisa den kleinen Beutel in der Hand; sie wußte genau, was er enthielt. Es war
    mehr als genug, um ihre Pa—
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    piere damit zu kaufen. Aber wieviel würde in der anderen Börse sein? Sie konnte nur hoffen, daß sie
    sich damit eine Weile über Wasser halten konnte. Denn was sollte sie tun, wenn das Geld erst
    aufgebraucht war? Wieder zu ihrem Gewerbe zurückkehren? Es war gefährlich, Freida zu verlassen,
    ohne ihr ihr Geld zurückzuzahlen. Doch sie hatte eigentlich keine andere Wahl, wenn sie noch etwas
    Geld für sich übrigbehalten wollte, nachdem sie ihr Ziel erreicht hatte - wo immer das liegen mochte.
    Gage Thornton würde in Bälde hier auftauchen und zweifellos nach ihr suchen. Sie konnte nicht
    länger warten. Sie mußte gehen. Sofort!
    Hugh Corbin humpelte, kurz nachdem er Gages Kutsche in der Gasse vor seinem Haus gehört hatte,
    auf die Veranda hinaus. Er wußte, daß Roxanne in der vergangenen Nacht nicht nach Hause
    gekommen war, und als er die Holzkisten auf dem Wagen erblickte, bestätigte sich seine böse
    Ahnung, daß ihr etwas Furchtbares zugestoßen sein mußte.
    Gage nahm den Hut ab, als er auf den alten Mann zuging. Hugh sah ihn wortlos an, bis Gage
    schließlich vor ihm stand. Es war das erste Mal seit einer Ewigkeit, daß Hugh ihn ohne eine
    Beleidigung empfing. »Mr. Corbin, es tut mir sehr leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber Roxanne ist
    tot.« Dann drehte er sich leicht zur Seite und
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