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Wie angelt man sich einen Daemon

Titel: Wie angelt man sich einen Daemon
Autoren: Julie Kenner
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Schleichen.
    Ich ging absichtlich nicht schneller, um meinem Verfolger nicht zu zeigen, dass ich ihn bemerkt hatte. Vorsichtig holte ich das Stilett, das in meinem linken Jackenärmel verborgen war, heraus.
    Es herrschte plötzlich Stille.
    Aber keine gute Art von Stille. Ich wirbelte mit dem Stilett in der Hand herum, um mich auf meinen Verfolger zu stürzen. Er stand drohend hinter mir, mindestens einen Kopf größer als ich. Sein Gesicht konnte ich unter der Kapuze seines grauen Sweatshirts nicht erkennen. Mein Zögern hatte ihm jedoch genug Gelegenheit gegeben, sich auf meinen Angriff vorzubereiten.
    Geschickt erwiderte er mit seinem Stock meine Attacke, so dass ich innerhalb weniger Sekunden ins Wanken kam. Er verpasste mir einen Kinnhaken, und ich fiel von der Promenade in den Sand hinunter.
    »David!«, knurrte ich empört.
    Anstatt mich in Ruhe zu lassen, setzte er sich auf mich und drückte mir mit seinen kräftigen Händen die Handgelenke in den Sand. Sein Gesicht war nur weniger Zentimeter von dem meinen entfernt.
    Ich begann rascher zu atmen. Ob das wegen meiner Angst, der Anstrengung oder aus einem anderen Grund geschah, wusste ich nicht so recht. »David!«
    »Du bist nicht in Form«, erwiderte er, während er sein Gesicht noch immer nahe über dem meinen hielt. »Und das bedeutet, dass du gefährlich bist.«
    »Nur für mich selbst«, brummte ich. »Jetzt steh endlich auf.«
    Er grinste mich schräg an. »Du hattest Glück, dass ich es war.«
    »Ich liege auf meinem Hinterteil, weil du es warst. Du hattest Glück. Wenn ich nicht rechtzeitig dein Gesicht gesehen hätte, steckte möglicherweise jetzt mein Stilett in deinem Auge.«
    »Nie im Leben«, entgegnete er. »Du bist doch viel zu gut, um einen solchen Fehler zu begehen.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Ich dachte, du meinst, ich wäre nicht in Form.«
    Er lachte und versuchte seinen Stock zu erreichen, wodurch er seine Hüften etwas zur Seite bewegte. Der Druck, der so entstand, brachte mich ziemlich durcheinander. Eine Sekunde später stand er wieder. Ich lag noch immer auf dem Boden vor ihm und versuchte, mich nicht ganz würdelos zu fühlen.
    Er streckte eine Hand aus, um mir aufzuhelfen. Ich nahm sein Angebot widerstrebend an. »Was zum Teufel machst du hier?«
    »Nach dir suchen«, entgegnete er.
    »Hier?«
    »Ich habe den Artikel über diesen Tomlinson in der Zeitung gesehen. Also nahm ich an, dass du hierherkommen würdest.«
    »Am Montag fängt die Schule wieder an«, sagte ich und sah zu ihm hoch, während ich mir den Sand von der Jeans klopfte. »Da ist es doch sehr viel wahrscheinlicher, mich unter den Fahrgemeinschaftsmüttern zu finden.«
    »Die Schule wäre nicht gerade der geeignete Ort für das, was ich dir sagen wollte.«
    »Wirklich? Was hast du denn auf dem Herzen?«
    Er trat einen Schritt näher und senkte die Stimme. »Dass du mir aus dem Weg gegangen bist.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, erwiderte ich. Doch vermutlich verriet ihm die Tatsache, dass ich ihm nicht in die Augen sehen konnte und stattdessen wegging, etwas ganz anderes.
    Er eilte hastig hinter mir her, und auf einmal schienen weder sein Stock noch sein Humpeln ein großes Hindernis darzustellen. »Kate! Warte!«
    Ich drehte mich zu ihm um. »David. Ich bin müde. Du hast mich mitten in der Nacht einfach angegriffen. Vielleicht verstehst du, dass ich mich jetzt nicht gerade in Plauderlaune befinde.«
    »Gut, verstehe ich«, sagte er. »Aber du hast mir noch immer keine Antwort gegeben.«
    »Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich dir sehr wohl eine Antwort gegeben habe«, entgegnete ich scharf. »Aber wenn dich das glücklich macht, kann ich auch genauer werden. Ich gehe dir nicht aus dem Weg. Jedenfalls nicht bewusst.«
    »Gehst du mir dann unbewusst aus dem Weg?«
    »Verdammt, David.« Er hatte mich zum Lachen gebracht, und das behagte mir eigentlich gar nicht. »Ich will damit nur sagen, dass ich allein auf Patrouille gegangen bin, bevor ich dich kennenlernte. Und jetzt mache ich das eben wieder. Es ist nichts Schlimmes dabei, sondern nur logistisch einfach besser zu bewerkstelligen.«
    »Du bist nur allein auf Patrouille gegangen, weil es damals keinen anderen Jäger in der Stadt gab. Aber es ist doch besser, wenn jemand hier und da ein Auge auf dich wirft.« Er trat einen Schritt näher. Ich wich zurück, bis ich auf dem äußersten Rand der hölzernen Promenade balancierte. Noch ein Schritt, und ich würde wieder auf meinem Hinterteil im
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