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Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)

Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)

Titel: Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)
Autoren: Nik S. Martin
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„Anders? Das krieg ich hin. Hab ich freie Hand?“, fragte sie zweifelnd.
    „Mach nur. Irgendwas, nur anders – neu eben.“
    Sie lächelte, als hätte ich sie beschenkt. Das Stahlen auf ihrem Gesicht war ehrlich und ich amüsierte mich über ihre offene Freude.
    „Wie heißt du?“, erkundigte sie sich.
    „Äh, Niklas.“
    „Okay, ich bin Sammy. Jetzt mach die Augen zu und erst wieder auf, wenn ich es sage. Schaffst du das?“
    „Klar!“
    Ich kam ihrem Wunsch nach und schloss die Augen. Spürte das Porzellan des Kopfwaschbeckens, hörte das Rauschen des Wassers. Die Wäsche genoss ich, Sammy hatte eine tolle Technik, den Kopf zu massieren. Damit verflogen die restlichen Kopfschmerzen, die mir der Alkohol eingebracht hatte.
    Ich hörte, dass Sammy mit einem Kollegen sprach. Die Tonlage und Aussprache des jungen Mannes deuteten darauf hin, dass er zu der gleichen Sorte Mann gehörte, wie ich. Ich hätte gerne ein Auge aufgemacht, um einen Blick auf ihn zu erhaschen, denn er hatte ein herrliches Lachen. Da wurde mir gleich warm ums Herz. Doch ich blieb dabei, meine Augen zu, bis Sammy ihr okay geben würde.
    Ich weiß nicht, wie lange sie gebraucht hat. Auch nicht, was sie so alles angestellt hat. Das Schneiden, klar – eindeutig. Raschelndes Papier und stinkiges Zeug sprach für Farbe. Erst wollte ich widersprechen, ich mochte meine schwarzen Haare, doch ich ließ sie einfach machen. Schließlich hatte ich neu gewollt – jetzt den Schwanz einzuziehen wäre sehr peinlich gewesen.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm sie mir den Umhang ab.
    „Augen auf, Niklas.“
    Ich atmete tief durch, traute mich nicht so recht. Doch die Neugier war stärker und ich schlug die Augen auf. Staunend blinzelte ich mein Spiegelbild an. Das war ich? Oh, Mann!
    „Äh, ich wollte ne neue Frisur, keinen neuen Kopf!“, scherzte ich. Sammy, im Spiegelbild neben mir, grinste bis zu den Ohren.
    Sie hatte ganze Arbeit geleistet. Meine Haare an den Seiten viel kürzer, obendrauf ebenfalls gekürzt, als wilder Igel zurechtgezupft und mit Gel in Form gebracht. Das Highlight waren meine nun Feuerroten Spitzen, die durch das Geld glänzend in Szene gesetzt waren.
    „Ich finde das sieht super geil aus!“, mischte sich ihr Kollege ein, den ich nun zum ersten Mal sah. Zu meiner Rechten sah ich ihn im Spiegel, kaum dass er den Satz zu Ende gesprochen hatte. Ein schlanker Kerl, höchstens zwanzig. Die Unterarme verziert mit bunten Tattoos, vor allem Sterne. Schwarze, kurze Haare an den Seiten, obendrauf länger und perfekt nach oben gestylt. Markante und auffällige Ohrringe zierten beide Ohren. Doch am meisten fiel sein Gesicht auf. Blasse Haut. Die Augen faszinierend. Unterlied schwarz nachgezeichnet, das obere mit blass lilafarbenem Lidschatten dezent betont. Lange Wimpern, die sich jede Frau nur wünschen konnte. Der Mund, der übrigens frech lächelte, glänzend durch rosigen Lipgloss.
    „Und, was sagst‘e?“ Sammy klopfte mir auf die Schulter.
    „Der Hammer!“, gab ich zu.
    „Was, die Frisur oder ich?“, warf der Schnuckelige zu meiner Rechten ein.
    Ich spitzte die Lippen und warf beiden durch den Spiegel einen imaginären Kuss zu.
    „Beides“, sagte ich dann und stand auf.
    Während Sammy kicherte, ließ ihr Kollege erneut das schöne Lachen erklingen. Ich zahlte und war erstaunt, dass die Rechnung gar nicht so hoch war, wie ich bei dem Ergebnis erwartet hatte. Als ich mich umdrehte, um den Salon zu verlassen, rannte ich fast den jungen Mann um.
    „Ich bin Silas, vielleicht kommst du ja mal wieder vorbei“, sagte er und zwinkerte mir zu.
    „Ja, vielleicht komme ich mal rein“, erwiderte ich, mir der Doppeldeutigkeit bewusst. Er kicherte und trat zur Seite.
     
    Zurück auf der Straße bummelte ich weiter. Unzählige Blicke landeten nun auf mir und ich grinste mir innerlich einen ab. Was so ein bisschen Frisur doch ändern kann – ich fühlte mich wie ein anderer Mensch. Ich weiß nicht, ob es Fügung oder Schicksal war, doch mir fiel durch eine Lichtspiegelung ein kleines Schaufenster auf. Ein Fotostudio. Im Schaufenster hing ein DIN-A4 Blatt. Lehrling gesucht!
    Das ist es! , dachte ich mir. Mein Interesse war geweckt, neugierig ging ich rein. Eine ausgewählte und ansprechende Einrichtung begrüßte mich. Unzählige Fotografien und Porträts gestalteten die Wände – eines schöner als das andere.
    „Hallo, kann ich dir helfen?“
    Ich drehte mich um und entdeckte eine freundlich lächelnde Frau.
    „Ja, ich habe das
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