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Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)

Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)

Titel: Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)
Autoren: Nik S. Martin
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sie glücklich zu machen – was sie meist waren, wenn sie die Bilder sahen, die ich geschossen hatte.
     
    Ich wartete auf Silas, denn der heutige Kunde würde in zwanzig Minuten auftauchen. Mein Studio lag dezent in einem Hinterhof gelegen. Auf der ersten Etage eines wunderbar restaurierten Altbaus. Hohe Decken mit Stuckverzierungen, viel in Weiß gehalten und mit hohen Fenstern. Für manche Bilder das perfekte Motiv. Reinsehen konnte niemand, die restlichen Wände im Hof waren alle fensterlos.
    Das Scheppern eines heruntergefallenen Schlüssels kündigte Silas an.
    „Du bist spät!“, rief ich ihm zu.
    „Ja Sweetheart, ich weiß“, trällerte er. „Hab noch Kaffee geholt.“
    „Gute Idee.“
    Bepackt, als wolle er in den Urlaub starten, kam er in den großen Raum. Ein Trolley, darauf ein Kosmetikkoffer, in der einen Hand. Eine Stofftasche und die Transportschale mit den zwei Kaffeebechern in der anderen.
    „Was sagt die Zeit?“, fragte er und stellte sein Zeug ab.
    „Viertel Stunde. Pack aus – danke für den Kaffee.“
    „Ja, ja. Nicht so drängeln, ja? Wer ist es heute, Männlein oder Weiblein?“, fragte er und grinste verschmitzt.
    „Ein Mann, Jonas Ehlers“, erwiderte ich mit einem Blick auf den Kalender.
    „Oho, wie alt?“
    „Quatschkopf – woher soll ich das wissen, wir haben bloß telefoniert.“ Silas sah jeden Kerl den er anmalte schon als potenzielles Abenteuer. Dummerweise waren die meisten Kerle, die von sich diese Bilder machen ließen, hetero.
    „Wir werden sehen …“, trällerte er.
    Ich schlug ihm mit der Hand auf seinen knackigen Hintern und prüfte noch einmal meine Kameras. Die Minuten verstrichen, ich nippte an meinem Kaffee, während ich meine Ausrüstung doppelt und dreifach kontrollierte. Silas baute pfeifend sein umfangreiches Make-up Repertoire auf; ich schmunzelte. Bis heute hatte er selbst sich nicht geändert, bis auf ein paar neue Tattoos. Er selbst benutzte täglich seine Schminktopf-Sammlung. Es machte ihn nicht nur für mich zu einem besonderen Menschen. Die meisten, die ihn sahen, waren fasziniert. Im Grunde war er ein Kunstwerk für sich – doch noch nie hatte ich ein Bild von ihm gemacht. Ich nahm mir vor, das zu ändern … es klingelte. Der Kunde war da.
    Ich öffnete und war positiv überrascht. Jonas Ehlers war dem Aussehen nach Anfang zwanzig, sportlich und sah sehr verschüchtert aus.
    „Hallo, komm rein“, sage ich freundlich. Ich duze alle meine Kunden.
    Der junge Mann nickt und folgt mir. Als er Silas sieht, stockt er. Das kurze Zögern, der rasch abgewendete Blick, das gerötete Gesicht – das sagte mir fast alles, was ich über Jonas Ehlers wissen wollte.
    „Also, falle ich doch gleich mal mit der Tür ins Haus. Wie hast du dir deine Bilder vorgestellt?“
    „Ähm … ich wollte Verschiedenes probieren – vor allem natürlich das, wofür du bekannt bist.“ Er wurde noch mehr rot im Gesicht.
    Du liebes Bisschen!, dachte ich. Der Kerl war ja furchtbar schüchtern! Bei Frauen half da meist ein Gläschen Sekt, aber er sah nicht so aus, als wenn ich ihm damit einen Gefallen täte. Also musste ein anderer Weg her.
    „Pass auf, ich zeig dir ein paar Beispielbilder, dann kannst du entscheiden. Klassischer Akt hat Stil, zeigt die Nacktheit, aber entblößt nicht“, erklärte ich und hielt ihm eine Auswahl an Bildern hin. Alle zeigten nackte Körper, aber keine Geschlechtsteile. Selbst die Frauen hatten Positionen, bei denen die Brüste nicht vollends zu sehen waren.
    „Und dann gibt es noch diese, stilvoll aber hocherotisch“, sagte ich, während ich drei weitere Bilder präsentierte. Alle drei zeigten einen Mann in verschiedenen Posen. Als diese Bilder entstanden sind, war er tatsächlich hochgradig erregt … und auf allen ist sein Gesicht abgewandt, so einfach ist er nicht zu erkennen.
    Jonas studierte die Bilder, sah dann erst zu mir, dann zu Silas.
    „Keine Sorge, wir machen nichts, was du nicht willst“, beschwichtigte ich ihn.
    „Okay“, befand er zögerlich. „Dann … beide Varianten. Wenn ich schon mal da bin.“
    Ich hatte es gewusst. Das tat ich meistens. Die Körpersprache und die Mimik verrieten es schon beim Betrachten der Beispielbilder.
    „Gut, ich habe vier Stunden eingeplant, wir haben also alle Zeit der Welt. Du kannst deine Sachen im Nebenzimmer ausziehen, wenn du möchtest, kannst du auch noch duschen. Silas kümmert sich um das Make-up … und keine Sorge, das bisschen Farbe lässt dich nicht aussehen wie eine
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