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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman
Autoren: Katri Dietz
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Windeln, Schnuller-Such-Spaß nachts um drei und kaputte Fläschchenwärmer nicht so richtig teilen können.
    Meine Tiraden tragen allerdings auch nicht gerade dazu bei, die Beziehung zwischen Elsbeth und mir zu festigen. Sie lacht einmal ein trockenes Lachen, sagt: » Na ja, so ist das eben« und » Na, dann mach’s gut– und geh doch mal zum Yoga!« und legt auf. Ich fühle mich total bescheuert, werde aus Scham vor mir selbst knallrot und beschließe, da Maja anscheinend tief und fest schläft, die Gunst der Stunde zu nutzen und zu duschen. Als ich mich gerade ausgezogen habe, klingelt es an der Tür. Ich werfe mir Jonas’ alten grau karierten Bademantel über und hoffe, dass es nicht der hübsche Paketbote ist. » Paketpost für Sie!«, schallt es gut gelaunt durch die Gegensprechanlage. Oh, nein, natürlich, er ist es. Ich versuche zu retten, was zu retten ist, schlinge mir ein Handtuch um die Haare, um wenigstens frisch geduscht auszusehen, werfe mir kaltes Wasser ins Gesicht, krame mit zitternden Fingern die Wimperntusche aus dem Schminktäschchen und tupfe mir letztendlich noch Rouge auf die Wangen. Das muss reichen. Ist ja immerhin nur der Postbote– wenn auch ein recht ansehnlicher.
    Während ich noch an mir herumzupfe, klopft es schon recht eindrucksvoll an der Tür. Und noch länger muss ich den jungen Mann ja auch nicht warten lassen.
    » Hallo«, sage ich so munter wie möglich, als ich die Tür aufreiße.
    » Hallo«, sagt er und strahlt mich an.
    Hach, dieses Strahlen! Damit macht er bestimmt jeden Tag tausend Hausfrauen glücklich– mich eingeschlossen. Worüber ich mich aber noch mehr freue als über sein nettes Lächeln, ist das Päckchen, das er mir in die Hand drückt: Baby-Walz steht da drauf, was sonst!
    Herrlich, ein Paket! Auch wenn ich es mir natürlich selber bestellt habe, ist es doch jedes Mal ein bisschen wie Geburtstag, wenn man es dann überreicht bekommt.
    Der nette junge Mann lächelt wieder sein gekonntes Lächeln, das an Brad Pitt erinnert, und sagt: » Hier unterschreiben, bitte.« Ich tue dies, und er hüpft pfeifend die Treppe hinunter. Seufzend lehne ich mich an den Türrahmen und lausche seinem Pfeifen, bis ich vier Stockwerke weiter unten die Haustür klappern höre.
    Ach, mein Tag ist doch gar nicht so schlecht, denke ich, als ich das Paket an mich drücke und die Tür leise hinter mir schließe.

4

    Jonas blieb die ganze Nacht bei mir. Wir lagen einfach Arm in Arm auf meinem Bett, knutschten ab und zu, und redeten. Meine besoffene Müdigkeit war auf einmal wie weggeblasen. Und je länger wir quatschten, desto unheimlicher wurde er mir. Ein Zufall reihte sich an den anderen.
    Wie herauskam, spielten wir beide Klavier, hatten gleich lange Unterricht gehabt (nämlich dreizehn Jahre), hatten dieselben Stücke gespielt. Wir hatten ganz ähnliche Beziehungsgeschichten hinter uns, beide waren wir fünf Jahre– in der gleichen Zeit!– mit unseren letzten Partnern zusammen gewesen. Wir hatten beide Verwandte in einem kleinen Dorf bei Celle, die auch noch in derselben Straße wohnten, hatten hier vielleicht als Kinder schon bei Besuchen zusammen gespielt. Und wir waren beide per Zangengeburt auf die Welt gekommen und hatten einen komisch verformten Conehead-Kopf gehabt, weshalb es von uns beiden keine Babyfotos gab und alle über uns gelacht haben. Unsere ganze Kindheit schien ähnlich verlaufen zu sein, unsere Ideale schienen gleich, wir fanden dieselben Sachen lustig und hörten ganz ähnliche Musik.
    Und das alles ergab sich in nur vier Stunden! Es war wirklich gruselig. Was würde passieren, wenn wir uns länger kennen würden? Wahrscheinlich würde herauskommen, dass er eigentlich mein Bruder war, und meine Eltern ihn drei Jahre vor meiner Geburt zur Adoption freigegeben hatten.
    Ich fragte mich immer wieder, ob wir uns da irgendwas konstruierten, weil wir es beide so wollten, oder ob es wirklich außergewöhnlich viele Gemeinsamkeiten waren.
    Klar kenn ich auch solche Gespräche: » Ich hab ’ne Katze.« » Ach nee, ich auch! Das ist ja toll! Wir mögen beide Katzen!« » Meine ist schwarz-weiß.« » Ach, guck an– meine auch! Was für eine Gemeinsamkeit– wir sind füreinander bestimmt!«
    Da ich nicht an Zufälle glaube, sondern an Schicksal und daran, dass alles, was passiert, einen Sinn ergibt, war ich schwer beeindruckt. Erschöpft von der Tragweite meiner Gedanken, vom Alkohol, vom Tanzen und vom Knutschen kuschelte ich mich an Jonas’ Schulter und schlief
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