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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle
Autoren: John B. Keane
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Schwein gehabt, dass er überhaupt am Leben ist«, sagte er schließlich.
    »Hat er es nach Dublin geschafft?«
    »Nicht ohne fremde Hilfe. Er hatte zu viel Blut verloren, wurde im Auto ohnmächtig und raste gegen einen Telefonmast.«
    »Oh, mein Gott!«, schrie Maggie los. »Und was passierte dann?«
    »Man schaffte ihn mit einem Krankentransport nach Dublin. Nur war das Eis durch den Aufprall ausgekippt. Das Ohr muss dabei irgendwo im Straßengraben gelandet sein, jedenfalls konnte man es nirgends finden. Man vermutet, eine Elster hat es sich geschnappt und ist damit auf und davon, vielleicht auch eine Krähe oder so was Ähnliches.«
    Seine Mutter bekreuzigte sich, und er wendete sich wieder seiner Mahlzeit zu. Dass er ihre Neugierde geweckt hatte, war nur allzu deutlich. Über den Teller gebeugt, stellte er sich seelisch auf ihre nächste Frage ein. Und da kam sie auch schon.
    »Ist er verheiratet?«
    »Ja.«
    »Hat er Kinder?«
    »Acht. Vier Jungen und vier Mädchen.«
    »Gott möge sie schützen«, hauchte Maggie Conlon und bekreuzigte sich ein zweites Mal.
    Jim kehrte früher als sonst zur Arbeit zurück. Er brauchte Zeit, um sich einen Plan zurechtzulegen. Wie lange würde er ein solches Täuschungsmanöver durchhalten können? Fürs Erste würde er ein paar harmlose amtliche Bekanntmachungen erfinden, Kurzmitteilungen über das verloren gegangene Ohr und wie Fred Rimble damit zurechtkam. Am Wochenende verbrachte Jim Conlon seine Freizeit zumeist in einer nahegelegenen Gastwirtschaft. Er trank gern ein paar Schluck, und außerdem verschaffte ihm der Aufenthalt dort eine Gnadenfrist, er blieb wenigstens eine Weile von den krankhaften Ergüssen seiner Mutter verschont. Und hier kam ihm beim Grübeln auch der Gedanke, Fred mit einem künstlichen Ohr zu versehen.
    »Du machst in letzter Zeit so einen Traurigen, Jim«, unterbrach ihn Matt Weir, der Wirt, in seinen Überlegungen.
    »Einem Freund von mir geht es ziemlich schlecht«, erklärte er, Verständnis heischend.
    »Das tut mir leid, mein Junge.« Matt Weir klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter und schob wieder ab, um anderen sich einsam wähnenden Gästen Trost zu spenden.
    Eine Woche nach dem tragischen Vorkommnis lag Maggie wieder danieder. Diesmal gab sie einer Knöchelverletzung aus zurückliegenden Jahren die Schuld, die sich durch plötzlichen Wetterwechsel schmerzhaft bemerkbar machte. Und wieder musste Jim für beide sorgen. Maggie brachte ganze drei Tage im Bett zu und hätte sicher auch drei Wochen lang fest gelegen, wenn Jim nicht auf seinen Freund Fred Rimble zurückgegriffen hätte. Als er am dritten Tag zur Mittagszeit nach Hause kam, lag sie immer noch da, tief unter dem Bettzeug vergraben, den Kopf wieder ins rote Flanelltuch gewickelt, das Gesicht schmerzverzerrt. Das ganze Zimmer roch nach frisch aufgetragenen Einreibemitteln, und das altbekannte Stöhnen unterstrich in regelmäßigen Abständen ihr unsägliches Leiden.
    »Ich glaube, ich sterbe«, flüsterte Maggie.
    Schweigend saß Jim auf dem Bett und überlegte mit Vorbedacht, welche Wortwahl im Sinne seines eigenen Wohlergehens die klügste wäre.
    »Gott allein weiß, was ich durchmache«, jammerte sie.
    »Fred Rimbles Frau hat ihn verlassen.«
    Es klang wie eine sachliche Feststellung. Maggie brauchte eine Weile, ehe sie sich von ihrem bemitleidenswerten Zustand losreißen konnte und die unerwartete Nachricht in ihr Bewusstsein drang.
    »Steckt ein anderer Mann dahinter?«, fragte sie endlich.
    »Ich fürchte, ja.«
    »Bestimmt einer der Nachbarn.«
    »Richtig getippt. Und obendrein sein bester Freund.«
    Jim war klug genug, das Zimmer zu verlassen. Maggies nächste Frage hätte ihn leicht überfordern können. Am nächsten Morgen war sie bereits früh auf den Beinen. Als er die Treppe hinunterkam, hatte sie schon ein leckeres Frühstück bereitet. Während er es sich schmecken ließ, erging sie sich über das gemeine Verhalten von Nachbarn und verfluchte den Schurken, der Fred Rimble die Frau genommen hatte.
    Es dauerte einige Wochen, bis sie wieder krank wurde. Diesmal war es nichts weiter als ein steifes Genick. Nur mit dem Unterschied, dass die damit einhergehenden Beschwerden abartiger Natur waren. Sie konnten wochenlang andauern und bösartige Schmerzen zur Folge haben. Jim gelang es, sie wieder aufzurütteln, indem er zu seinem bewährten Hilfsmittel griff und ihr von Fred Rimble und einem erneuten Autounfall erzählte, den er mit gebrochenen Beinen überlebt hatte. Bis zum
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