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Werke

Werke

Titel: Werke
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Amtsanzug wäre beinahe mehr als reputierlich zu nennen gewesen, hätten sich in den schwarzen Strümpfen nicht zu viel weiße Zwirnsfäden vorgefunden.
    Hinter der kleinen Person schritten zwei wohl bewaffnete Männer von der Stadtmiliz, und man bemerkte, daß die Türen des Hauses stark besetzt wurden und auch auf der Straße starke Wachen patrouillierten. Die Bürger gerieten in Unruhe und Besorgnis über das, was die gute Stadt bedrohen könne, und bestürmten den Ratsschreiber Elias Werkelmatz – dies war der kleine Mann, der die Wache führte, mit Fragen. – Werkelmatz schritt aber, ohne jemanden eines Blicks, eines Wortes zu würdigen, mit seinen Soldaten wieder zur Türe heraus, wo er gekommen.
    Der Vorfall mit der Besetzung des Hauses, sowie das Herannahen der Mittagszeit hatte die Menschen verjagt, so daß nur noch eine kleine Gesellschaft zurückgeblieben, unter der sich – mit Ausnahme des Doktor Salmasius – diejenigen Personen befanden, welche der geneigte Leser aus dem ersten Kapitel bereits kennt.
    »Stellt«, sprach Erxner, »ein hochweiser Rat denn gerade in dem Augenblick verdächtigen Personen nach, als Dürers Fest beginnen soll?«
    »Ist vonnöten, ist vonnöten,« sprang der Wirt geschäftig bei. Herr Thomas rieb sich die Hände, drehte sich hin und her und tat überhaupt so wie ein Mensch, dem irgend etwas die Seele abdrücken will.
    »Ha ha ha,« lachte Weppering, »seht, wie unser Herr Thomas uns gar zu gern mit seinem Kram bedienen möchte; aber wir geben es durchaus nicht zu, wenn er uns nicht eine Flasche edlen Weins opfert.«
    »Vermaledeiter Saufaus,« murmelte Herr Thomas zwischen den Zähnen; dann aber lauter und gemütlicher: »Soll geschehen, edler Drechsler, soll geschehen.« Bald stand der Wein auf dem Tische. Nun wischte sich Herr Thomas mit der Kellerschürze den Schweiß von der Stirn, blies die Backen auf, indem er den andern zuwinkte, ein Gleiches zu tun und soviel möglich die Köpfe zusammenzustecken.
    »Der kleine stumme Ratsschreiber«, begann der Wirt, »ist ein närrischer Kumpan; warum sagte er nicht offen, daß der dem Galgen entlaufene Irmshöfer ein paar Tage verkappt am Orte sich aufgehalten, und daß der hochweise Rat ihn zu verhaften strebt, ohne ihn jedoch finden zu können?«
    »Wie, der abscheuliche Bösewicht wieder hier? Sollte«, fuhr Erxner fort, »der Bösewicht die Frechheit haben, gerade am Fest unseres großen Dürer dem Galgen entgegenzutreten? Ich glaube es kaum.«
    »Ich weiß«, nahm Bergstainer das Wort, »überhaupt gar nicht, warum man mit dem verruchten Kerl, dem Irmshöfer, so viel Federlesens macht. Warum schmeißt man ihn nicht gleich ins Feuer, wie es im Jahre 1472 mit dem Hans Schittersamen geschah, der die Nürnberger durch seine arglistigen Streiche auf abscheuliche Art molestierte. Nun, jetzt wird er wohl dem Galgen nicht länger entgehen, sie hängen ihn gewiß.«
    »Sobald sie ihn haben,« fiel der Wirt ihm ins Wort, indem seine Miene einen solchen hohen Grad von Schlauigkeit erreichte, daß des erfahrensten Fuchses Antlitz nur ein schwaches Abbild davon gewesen sein würde. »Freunde,« fuhr er dann feierlich fort, »dieser Irmshöfer ist eine Art von Satan. Wißt ihr nicht, daß er auch Solfaterra heißt? – Wißt ihr nicht, daß ein Solfaterra Sakristan zu St. Sebald war, als Kaiser Karl der Vierte seinen Sohn Wenzel, der wie ein Heidenkind fünfundeinhalb Wochen, alles Christentums bar, brach gelegen, unter einem güldenen Thronhimmel taufen ließ? Daß –«
    In dem Augenblick ertönten die Glocken von St. Sebald, ein Zeichen, daß sich die hohen Herren und Fürsten nach dem Kaisersaal begaben. Alles brach auf, und Herr Thomas rief, ganz erbost, sich in seiner Weisheit unterbrochen zu sehen: »Da läuft es hin, das unverständige Volk, und will nicht erfahren, daß das kleine kaiserliche Balg den fürstlichen Einfall hatte, das schöne silberne Taufbecken zu einem ganz andern Hausbedürfnis anzuwenden, als wozu es bestimmt; und daß es darauf anging und verbrannte wie ein schlechter Haderlump. Daß aber der Sakristan Solfaterra ein rotes Pulver –.« Des Wirts Stimme verhallte im Tumult der Abgehenden.
    In demselben Augenblicke lag der, dessen Lob, dessen Ruhm von allen Lippen ertönte, einsam hingestreckt auf ein kleines Ruhebett, in dem kleinen entlegenen Zimmer des Rathauses, wo er verschiedene kleinere Kabinettstücke von seiner Arbeit aufhängen lassen, und überließ sich ernster, tiefer Betrachtung. Herr Mathias trat
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